Spac-IPO

Israels Roboterauto­spezialist Valens geht an die Börse

Der israelische Halbleiterdesigner Valens geht im Herbst per Fusion mit einem Spac (Special Purpose Acquisition Company) an die New Yorker Börse. Die Firma liefert bereits Chips für die Mercedes-S-Klasse.

Israels Roboterauto­spezialist Valens geht an die Börse

cru Frankfurt

Der vereinbarte Zusammenschluss des israelischen Roboterauto-Chipdesigners Valens mit PTK Acquisition – so lautet der Name der Spac-Gesellschaft aus den USA – soll in den kommenden Wochen vollständig unter Dach und Fach kommen. Die Wurzeln von Valens, deren Chips in der Mercedes-S-Klasse zu Einsatz kommen, liegen in der Audio- und Video-Branche, in der die verlustfreie Datenübertragung über lange Distanzen bei Kameras und Displays schon länger zum Alltag gehört.

Die Aktionäre und die US-Börsenaufsicht SEC müssen für die Spac-Fusion in den kommenden Wochen noch grünes Licht geben. Dann sollen auch erste Analystenbewertungen vorliegen. Der Börsengang selbst ist dann für den Oktober avisiert.

Die Transaktion soll einen Erlös von 240 Mill. Dollar einbringen, davon 115 Mill. Dollar aus Barmitteln auf dem Treuhandkonto von PTK und 125 Mill. Dollar aus einer „Pipe“-Transaktion – also einer er­gänzenden Kapitalerhöhung mit neuen Investoren –, die bereits vollständig platziert ist. Der Pro-forma-Eigenkapitalwert soll nach der Fusion etwa 1,16 Mrd. Dollar betragen. Zu den Gründern („Sponsors“) des Spac PTK zählt Peter Kuo, der das Tech-Investmenthaus Canyon Bridge mitgegründet hat.

„Das frische Eigenkapital erlaubt es uns, weiter zu wachsen und den Breakeven auf 2024 zu verschieben“, sagte Valens-CEO Gideon Ben-Zvi im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Valens hat einigen Erfolg bei der Durchsetzung von Industriestandards. Wir haben es im Audio-Video-Bereich geschafft – und wollen es im Automotive-Sektor wiederholen.“ Ben-Zvi ist seit April 2020 CEO von Valens und gleichzeitig Partner bei Aviv Venture Capital, einem der Investoren von Valens. Er kam zusammen mit Valens-Aufsichtsratschef Peter Mertens, dem Ex-Audi-Technikchef, in die Firma. Der langjährige Unternehmensmanager, der Mathematik und Computerwissenschaften studierte, hat selbst vier Firmen gegründet, zählt aber nicht zu den Gründern von Valens.

Derzeit gehört Valens, deren Hauptsitz in Israel bleibt, den Gründern sowie 14 Investoren aus verschiedenen Finanzierungsrunden, darunter Goldman Sachs, Oppenheimer, Samsung und Aptiv. Der Hauptsitz liegt in Hod Hasharon bei Tel Aviv, dort arbeiten auch die meisten der 300 Beschäftigten. Das Unternehmen, das derzeit nur 67 Mill. Dollar Umsatz und einen nicht genau bezifferten Verlust macht, unterhält zudem Niederlassungen in Asien, Europa und den USA.

Neben einigen bekannten Zulieferern wie Continental oder Bosch zählt Daimler zu den wichtigsten Automotive-Kunden. Schon 2010 hatte Valens eine digitale Übertragungstechnologie für Audio- und Videosignale definiert (HDBaseT-Standard). Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen nun zusammen mit namhaften Partnern den nach eigenen Angaben bislang einzigen Standard für Ultra-High-Speed-Konnektivität mit großer Reichweite speziell für Automotive-Anwendungen entwickelt – im Fachjargon als „MIPI A-PHY“ bezeichnet. Die MIPI Alliance (Mobile Industry Processor Interface) ist ein Unternehmensverband zur Standardisierung von Hard- und Software-Schnittstellenspezifikationen, mit Wurzeln in der Consumer- und Computerindustrie. Bekannt sind beispielsweise die CSI- und DSI-Schnittstellen zur Kamera- und Display-Integration.

Mit „A-PHY“ wurde 2020 erstmals ein Standard etabliert, der speziell auf die Bedürfnisse der Automobilindustrie zugeschnitten ist. Valens sieht sich bei dieser Entwicklung als federführend und ist selbst Mitglied der MIPI Alliance. MIPI A-PHY kann vollständig als Hardware-Lösung integriert werden. Ein Software-Stack ist nicht notwendig.

Zu den Mitgliedern von MIPI zählen Autohersteller wie BMW und Tesla sowie Zulieferer wie Bosch und Continental und Tech- und Halbleiterfirmen wie Intel und Infineon. MIPI A-PHY werde bereits von mehr als zehn Autoherstellern evaluiert und integriert und stehe somit kurz vor dem Durchbruch. Auch der israelische Hersteller intelligenter Kameras für Roboterautos Mobileye hat angekündigt, für seine Selbstfahr-Plattform EPM 5 auf MIPI A-PHY zurückgreifen zu wollen.

Valens will mit diesem Standard nun im Automotive-Business wachsen und hat dafür Ex-Audi-Technikvorstand Peter Mertens als Aufsichtsratsvorsitzenden an Bord geholt. Die Erwartungen sind hoch. Aus einer Präsentation für Investoren geht hervor, dass schon 2025 der Umsatz aus dem Automotive-Geschäft die Audio-Video-Sparte überholen soll.

Dabei profitiert Valens von der Digitalisierung der gesamten Automobilbranche. „Die bevorstehende Notierung von Valens an der New Yorker Börse wird Vorstandschef Ben-Zvi und seinem Team finanzielle Möglichkeiten eröffnen, um den Produktentwicklungsprozess zu be­schleu­nigen und ein stärkerer Partner für die weltweiten Automobilkunden zu sein“, erwartet Mertens.