Kartellregulierung drohen nach US-Wahl erhebliche Einschnitte
US-Wahl stellt Weichen für Zukunft der Kartellregulierung
Debatte um personellen Umbruch bei Wettbewerbsbehörde FTC – Hartes Vorgehen gegen Merger steht infrage
xaw New York
Der aufgeheizte US-Wahlkampf entscheidet auch über einen zentralen Wirtschaftsaspekt, der in den Köpfen vieler Amerikaner derzeit wohl nur eine untergeordnete Rolle spielt: Die Zukunft der Kartellregulierung. Denn der harte Kurs, durch den die Wettbewerbsbehörde FTC die Marktmacht von Großkonzernen zu begrenzen sucht und hohe Hürden für Übernahmen aufbaut, ist stark an die Person ihrer Vorsitzenden Lina Khan geknüpft – und dass diese bei einem Wahlsieg des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump auf ihrem Posten bleibt, ist laut Beobachtern in Washington nur schwierig vorstellbar.
Öffentlichkeitswirksam gescheitert
Die heute 35-Jährige machte bereits kurz nach ihrem Amtsantritt 2021 Regeländerungen aus der vorherigen Administration rückgängig, durch die Schwellen für viele Merger im Prüfprozess der FTC gesunken waren, und ging mit harten Vollstreckungsmaßnahmen vor allem gegen Big Tech vor. Versuche, die Übernahme des Spieleentwicklers Activision Blizzard durch Microsoft oder des Virtual-Reality-Spezialisten Within durch Meta Platforms zu blockieren, scheiterten allerdings öffentlichkeitswirksam.
In anderen Branchen wie der Luftfahrt oder dem Healthcare-Sektor hat die FTC in Zusammenspiel mit dem US-Justizministerium aber Merger verhindert, die nach Khans Ansicht verbraucherfeindliche Folgen gehabt hätten. Und gegen Amazon beginnt wohl im Oktober 2026 ein Verfahren wegen einer angeblich unrechtmäßigen Monopolstellung im E-Commerce, nachdem ein Bundesgericht zuletzt ein Gesuch des Konzerns abgelehnt hat, die FTC-Klage abzuweisen.
Kritik im Kongress
Khans harter Kurs hat ihr zwar Unterstützer selbst unter Tech-skeptischen Republikanern eingebracht, allerdings auch viel Kritik im US-Kongress. Ihre Gegner betonen, die FTC presche unter hohem Ressourceneinsatz zu schnell vor, ihre Niederlagen in großen Prozessen hätten die Autorität der Aufsicht geschwächt. Bei einem Wahlsieg Trumps, so erwarten es Beobachter um Bill Baer, den Ex-Chef der Kartellrechtsdivision im US-Justizministerium, dürften die Schwellen für Merger drastisch sinken. Bei einer Wahlkampfveranstaltung im Mai soll der Republikaner bereits ein lockereres Vorgehen gegenüber Ölkonzernen angedeutet haben.
Selbst bei einem Wahlsieg der demokratischen Kandidatin Kamala Harris gilt ein Verbleib Khans an der FTC-Spitze nicht als ausgemacht. Denn die Vizepräsidentin pflegt ihre Verbindungen zu großen US-Wirtschaftskanzleien – und den Kunden von deren Merger-Abteilungen sind Khans Positionen ein Dorn im Auge. Reid Hoffman, Mitgründer des Berufsnetzwerks Linkedin und großer Parteispender der Demokraten, kritisiert das Vorgehen der FTC-Chefin überdies als innovationsfeindlich und machte sich im Sommer für eine Ablösung an der Behördenspitze stark.
Zerschlagung von Google angepeilt
Auch die Zukunft von Khans Pendant im US-Justizministerium, Jonathan Kanter, steht in Zweifel. Der Chef der Kartellrechtsdivision hat sich als Widersacher der Google-Mutter Alphabet positioniert. In einem Prozess bezüglich der Marktmacht von Google im Suchmaschinensegment urteilte ein Bundesrichter Anfang August, dass der Konzern seine dominante Stellung durch unrechtmäßige Praktiken verteidigt habe. Die Konsequenzen, die Kanter in Anfang Oktober bei Gericht eingereichten Anträgen fordert, könnten bis zu einer Zerschlagung von Google reichen.
Nach Erwartung von Wirtschaftskanzleien dürften sich viele der Kartellprozesse um Big Tech allerdings noch über Jahre hinziehen. Wie weit die Regulierungsbehörden dabei gehen, hänge indes stark von ihrem Spitzenpersonal ab – und damit vom Wahlausgang im November.