Hauptversammlung

Knorr-Bremse klärt erste Spitzen­personalie

Der frühere Infineon-Chef Reinhard Ploss ist neuer Vorsitzender des Aufsichtsrats. Einen neuen CEO will das Unternehmen in Kürze bekannt geben.

Knorr-Bremse klärt erste Spitzen­personalie

jh München

Für Knorr-Bremse ist 2022 ein Jahr des Wechsels an der Spitze von Vorstand und Aufsichtsrat. Die eine Personalie ist seit Dienstag geklärt, die andere steht noch aus. Neuer Chef des Kontrollgremiums ist Reinhard Ploss, der bis März dieses Jahres Vorstandsvorsitzender von Infineon war. Die Hauptversammlung wählte ihn am Dienstag mit einer Zustimmung von knapp 99% in den Aufsichtsrat. Anschließend wurde er als Nachfolger von Klaus Mangold zu dessen Vorsitzendem bestimmt.

Die Entscheidung für einen Vorstandsvorsitzenden ist dagegen noch nicht gefallen. Mangold deutete an, Ploss werde in Kürze den neuen CEO vorstellen. Gründlichkeit geht offenbar vor Schnelligkeit, um dieses Mal die richtige Führungskraft auszuwählen. Der frühere Siemens-Manager Jan Mrosik war, wie berichtet, im März dieses Jahres mit sofortiger Wirkung aus dem Vorstand ausgeschieden (vgl. BZ vom 12. März). Er war innerhalb von nur drei Jahren der dritte Konzernchef, der das Münchner Unternehmen verließ. Auf die Frage eines Aktionärs antwortete Mangold, Mrosik habe eine Abfindung von 4,3 Mill. Euro erhalten. 2021 war der Vorstandschef für seine Arbeit mit knapp 4,1 Mill. Euro vergütet worden. Indes stimmten gut 30% der Anteilseigner gegen den Vergütungsbericht.

Ein Aktionär wollte wissen, welche Lehren der Aufsichtsrat aus dem Fall Mrosik zieht. Mangold berichtete, im Präsidium sei intensiv diskutiert und ein Anforderungsprofil für einen CEO erstellt worden. „Dem Einfühlungsvermögen in die Spezifikationen beider Divisionen“ werde große Bedeutung beigemessen, fügte Mangold hinzu. Der Vorstandsvorsitzende müsse Verständnis für die Ergebnisverantwortung der beiden Divisionschefs haben. Daraus lässt sich schließen, dass sich Mrosik mit der Struktur schwertat. Der sechs Jahre lang für die Division Nutzfahrzeuge zuständige Vorstand Peter Laier war am Ende des vergangenen Jahres gegangen. Sein Nachfolger heißt Bernd Spies. Jürgen Wilder, der für die Division Schienenfahrzeuge verantwortlich ist, ist seit 2018 im Vorstand.

„Sehr zeitaufwendig“

Für die Suche nach einem neuen Vorstandschef ist „eine Shortlist“ erstellt worden, die jetzt abgearbeitet wird, wie Mangold berichtete. Sein Nachfolger Ploss und er hätten alle entscheidenden Gespräche gemeinsam geführt. Der Prozess sei „sehr zeitaufwendig, außerordentlich abwägend und tiefgehend“. Allerdings war 2020 Ähnliches vor der Entscheidung für Mrosik zu hören gewesen, auch von Heinz Hermann Thiele, dem Hauptaktionär.

Thiele ist im Februar 2021 gestorben. Mangold begründete mit der deshalb schwierigen Situation des Unternehmens, dass er ein Jahr länger als geplant Aufsichtsratschef geblieben ist. Der frühere Daimler-Manager wird in knapp zwei Wochen 79 Jahre alt. Ploss gab vor seiner Wahl am Dienstag den Aktionären ein Versprechen: „Wir werden alles tun, um Knorr-Bremse im Sinne von Herrn Thiele in die Zukunft zu begleiten.“

Neu im Aufsichtsrat des Unternehmens ist auch Sigrid Nikutta, die im Vorstand der Deutschen Bahn für den Güterverkehr verantwortlich ist. Sie wurde mit knapp 99% der Stimmen gewählt und ist Nachfolgerin des früheren Airbus-Chefs Thomas Enders. Auf der Hauptversammlung waren 91,6% des Grundkapitals vertreten. Ein Grund für die hohe Präsenz ist der Anteil von 59% der Familie Thiele.

Fragen der Aktionäre zum Geschäft beantwortete Finanzvorstand Frank Weber, der seit Mrosiks Abgang auch als Vorstandssprecher agiert. Ein Themenschwerpunkt war die Knappheit von Material und der starke Anstieg der Kosten. Im Schienenfahrzeuggeschäft habe sich die Belieferung von Kunden bisher nicht signifikant verzögert, berichtete Weber. Die Beschaffungssituation sei aber außerordentlich schwierig. Falls es hilfreich sei, würden größere Vorräte angelegt.

„Keine Verbesserung“

Im Nutzfahrzeugsegment gebe es dagegen weiterhin Lieferschwierigkeiten. Der Mangel an Halbleitern sei nach wie vor die größte Herausforderung. „In diesem Jahr wird es keine signifikante Verbesserung geben“, fügte Weber hinzu. Mit kurzfristigen Verschiebungen und Stornierungen von Aufträgen sei zu rechnen.

Von dem Anstieg der Kosten für Beschaffung und Logistik gab Knorr-Bremse im vergangenen Jahr nach Webers Worten 30% an die Kunden weiter. Das sei zum Teil mit Preisgleitklauseln geschehen. In diesem Jahr werde ein höherer Anteil angestrebt.

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