Im GesprächStephan Winkelmann, CEO von Lamborghini

„Bei Hochleistungsmotoren sind wir Benchmark“

Mit der Erweiterung der Modellpalette und der eingeleiteten Elektrifizierung erlebt die Audi-Tochter Lamborghini nach Ansicht von CEO Stephan Winkelmann einen "Neustart". Dennoch ist er optimistisch und erwartet auch 2024 "ein sehr gutes Jahr".

„Bei Hochleistungsmotoren sind wir Benchmark“

Im Gespräch: Stephan Winkelmann

„Bei Hochleistungsmotoren sind wir Benchmark“

Der Chef des Sportwagenbauers Lamborghini plädiert für mehr Technologieoffenheit und erwartet ein „sehr gutes Jahr auch im Hinblick auf die Rendite“

Für Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann erlebt die Audi-Tochter derzeit einen „Neustart“. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung begründet Winkelmann diese Einschätzung mit der Erweiterung des Angebots um eine vierte Modellreihe und der Elektrifizierung. Dennoch werde 2024 „ein sehr gutes Jahr“.

Von Gerhard Bläske, Sant’Agata Bolognese

Den Erfolg Lamborghinis in einem schwierigen geopolitischen Umfeld führt CEO Stephan Winkelmann auf mehrere Gründe zurück. Es gebe weltweit immer mehr sehr reiche Leute, die sich ein solches Fahrzeug leisten könnten und wollten. Und dann gehe der Trend immer stärker Richtung Luxus. Lamborghinis Erfolgsrezept sei es nicht, Mobilität zu verkaufen. „Wir erfüllen Träume! Es geht um Design und Performance, aber es geht um mehr als Leistungsdaten. Das sind Emotionen.“ Nach Ansicht Winkelmanns bedeutet die aktuelle Entwicklung in mehrfacher Hinsicht eine Zeitenwende für Lamborghini. Da sei zum Beispiel „die Erweiterung unserer Modellpalette und damit andere Kunden. Und dann müssen wir unseren Kunden die Elektrifizierung nahebringen.“

Die Audi-Tochter steht bisher für sehr leistungsstarke Motoren. Nun investiert Lamborghini mindestens 1,9 Mrd. Euro für die neue Wachstumsphase. Es werden 500 neue Mitarbeiter eingestellt. In einer völlig erneuerten Produktionshalle, die weitgehend digitalisiert ist, wird gerade die Produktion des Revuelto hochgefahren. Das erste Lamborghini-Hybridmodell wurde 2023 vorgestellt. „Es war eine Revolution. Für uns als Hersteller von Supersportwagen ist die Hybridisierung der richtige Weg. Sie zeigt, dass man gleichzeitig die Emissionen reduzieren und die Performance steigern kann. Die Kunden haben das akzeptiert.“ 2024 wird auch die Plug-in-Version des SUV Urus präsentiert, der 60% zum Absatz beiträgt. „2025 werden die Hybridversionen aller drei Modellreihen auf dem Markt sein.“

Mehrere hunderttausend Euro

Bei den „alltagstauglichen Modellen“ wie dem Urus und der vierten Modellreihe, dem viertürigen GT-Sportwagen Lanzador, soll die Zukunft vollelektrisch sein. Dieses Modell soll „vor Ende dieses Jahrzehnts“ kommen. Es werde „preislich zwischen dem Urus (265.000 Euro) und dem neuen Huracan (über 300.000 Euro) angesiedelt sein“. Damit wird der Lanzador deutlich unter dem für 2025 angekündigten ersten Ferrari-Vollelektriker liegen, der ab 500.000 Euro zu haben sein soll.

„In unseren Supersportwagen Revuelto und dem Huracan-Nachfolger wollen wir so lange wie möglich Hybridantriebe einsetzen – wenn es geht über 2035 hinaus“, macht Winkelmann eine klare Ansage. 2035 soll nach dem Willen der EU eigentlich Schluss mit Verbrennermotoren sein.

Zeitrahmen nötig

Winkelmann wünscht sich eine „Harmonisierung auf weltweiter Ebene für das Thema Feinstaub und die CO₂-Reduzierung“. Es geht ihm um mehr Technologieoffenheit: „Man sollte etwa die Tür offen lassen für den Einsatz synthetischer Kraftstoffe.“ Darüber hinaus hält er es für dringend notwendig, dass „es einen klaren Plan der Regierungen gibt. Die Frage ist, woher der Strom für die Elektroautos kommt. Und es braucht einen Zeitrahmen, zu dessen Einhaltung sich alle Beteiligten verpflichten müssen im Hinblick auf den Aufbau der Ladeinfrastruktur. Die Hersteller müssen sich mit Themen wie dem Preis der Fahrzeuge, der Ladegeschwindigkeit und der Reichweite beschäftigen.“

Aushängeschild der italienischen Autoindustrie

Lamborghini gehört neben Ferrari zu den wenigen verbliebenen Aushängeschildern der italienischen Autoindustrie. Beim Absatz hat die Audi-Tochter 2023 mit 10.112 Verkäufen fast zu Ferrari (13.663) aufgeschlossen. Allerdings hat Lamborghini derzeit nur drei, Ferrari aber sechs Modellreihen. Bei der Nettomarge sind die beiden Rivalen mit etwa 27% praktisch gleichauf. Lamborghini ist laut Winkelmann „wieder auf Rekordkurs. Bei Auslieferungen, Umsatz und Ertrag. Wir haben einen Auftragsbestand von 1,5 Jahren, und 2024 wird ein sehr gutes Jahr – auch im Hinblick auf die Rendite.“

Noch Luft nach oben

Der CEO sieht noch Luft nach oben. Ziel des neuen Arbeitszeitmodells, das den Mitarbeitern bis zu 22 zusätzliche Urlaubstage gewährt, sei es, „zumindest die gleiche Produktivität sicherzustellen. Die neuen Regelungen, die für uns mehr Flexibilität bedeuten, werden Ende 2024 umgesetzt“ und führten zu einer „effizienten Verwendung unserer Investitionen. Wir können besser planen und weiter kontrolliert wachsen. Das heißt für uns immer, dass wir nicht das Maximum herausholen. Es geht aber nicht darum, die Arbeitszeit zu verkürzen. Die Arbeitszeit wird vor allem anders verteilt, flexibler gestaltet.“

Anders als Ferrari profitiert Lamborghini von einem Konzernverbund. „Wir haben Skaleneffekte im Einkauf, wir profitieren von den Möglichkeiten der Plattform- und der Software-Strategie des Konzerns. Dadurch können wir auch im Konzern einkaufen. Das ist für uns ein Riesenvorteil.“ Umgekehrt profitiere Volkswagen „von unserer Expertise im Leichtbau, und bei Hochleistungsmotoren sind wir Benchmark.“ Der Konzern habe auch etwas vom Kundenpotenzial Lamborghinis: „Manche unserer Kunden statten ihre Dienstwagenflotte mit anderen Konzernprodukten aus. Zudem runden wir das Konzernangebot nach oben ab.“

Ziel ist, „mehr Ertrag pro Auto zu erwirtschaften“

„Unser Ziel bleibt, aus jedem einzelnen Fahrzeug durch Optionen, Sonderausstattung und immer mehr Individualisierung mehr Ertrag pro Auto zu erwirtschaften.“ Mit der Erneuerung und Erweiterung der Modellpalette gebe es diesbezüglich neue Potenziale. Winkelmann rechnet vor, wie das beim Countach-Sondermodell ausgesehen hat: Mit den 112 Modellen zum Stückpreis von 2,2 Mill. Euro wurden 250 Mill. Euro erlöst – 10% des Umsatzes von 2,6 Mrd. Euro. „Noch höher ist der Ertragsanteil. Das kann man nicht zu oft machen, denn das würde zu einer Verwässerung führen.“ Klar ist für Winkelmann: „Von Lamborghini wird es kein Auto unter dem Urus-Preis von 265.000 Euro geben.“