Lieferengpässe treiben Margen der Autobauer in Rekordhöhe
scd Frankfurt
Die Automobilhersteller haben 2021 weltweit mit Halbleitermangel und Lieferengpässen zu kämpfen gehabt und daher mit 63.450 nur 1,2% mehr Fahrzeuge abgesetzt als 2020. Die knappe Verfügbarkeit der Fahrzeuge und der Fokus auf teurere und profitablere Modelle hat vielen Autobauern dennoch Rekordmargen eingebracht. Der Umsatz der Branche kletterte insgesamt um 11,6% auf 1,58 Mrd. Euro, der operative Gewinn (Ebit) wurde mehr als verdoppelt auf 134,24 Mrd. Euro, wie aus einer Analyse von EY hervorgeht. Die deutschen Hersteller kamen mit einem Umsatzanteil von gut 31% auf einen Ergebnisanteil von 36%. Japanische Hersteller folgen bei Umsatz und Ergebnis auf Rang 2, die US-Hersteller auf dem dritten Rang.
Allerdings wiesen die amerikanischen Branchenvertreter den höchsten Gewinnsprung aus. Das lag primär an Ford. Die Nummer 2 im US-Markt erzielte umgerechnet fast 9 Mrd. Euro Gewinn nach 3,4 Mrd. Euro Verlust im Vorjahr. Zudem zeigte Tesla den kräftigsten Gewinnsprung aller im Vorjahr bereits profitablen Hersteller. Auch bei der Marge hatte der Elektroautobauer die Nase mit 12,1% erstmals knapp vorn. Knapp dahinter folgen BMW und Mercedes-Benz mit jeweils 12,0%.
„Die Top-Autokonzerne haben die Halbleiterkrise im vergangenen Jahr insgesamt bemerkenswert gut gemanagt – der Absatz war zwar bei vielen Unternehmen rückläufig, die Gewinnsituation hat sich hingegen teils hervorragend entwickelt“, sagt Constantin M. Gall, der als Managing Partner von EY den Bereich Mobility für die Region Europe West leitet. „Die Strategie, die knappen Chips vorrangig prioritär in hochpreisige und margenstarke Fahrzeuge einzubauen und gleichzeitig weitgehend auf Rabatte zu verzichten, ist voll aufgegangen: Die Margen lagen 2021 auf Rekordniveau. Gerade die Premiumhersteller konnten davon profitieren.“
Keine Erholung 2022
Die Chipkrise habe derweil insbesondere die deutschen Konzerne getroffen, deren Absatz um 4% sank, während die japanischen Unternehmen ein Absatzplus von 5% und die koreanischen Hersteller sogar ein Plus von 7% schafften. Die US-Konzerne verzeichneten einen Absatzrückgang um 1%. Beim Pkw-Absatz, der noch immer weit unter dem Vorkrisenniveau liegt, werde 2022 laut EY-Partner Peter Fuß voraussichtlich keine Erholung bringen. „Zum einen hemmt der Mangel an Halbleitern und anderen Vorprodukten und Rohstoffen die Produktion. Zum anderen stellt auch der Krieg in der Ukraine eine enorme Belastung für die Branche dar.“ Produktionsausfälle wegen fehlender Zulieferteile, Engpässen und stark steigenden Preisen für Rohstoffe wie Nickel, Palladium und Aluminium sowie Edelgase gefährdeten die Produktionsziele. „Die Branche bleibt im Alarmmodus und fährt auf Sicht – und die Neuwagenpreise werden eher steigen als fallen“, glaubt Fuß.
Kein „Just-in-Time“ mehr
Dazu dürfte auch beitragen, dass mit Corona-Krise und dem Krieg in der Ukraine nicht nur enormes menschliches Leid einhergeht, sondern zudem auch die bisherige internationale Arbeitsteilung auch in der Autoindustrie grundsätzlich in Frage gestellt werde, wie Gall ausführt. Inzwischen gehe Versorgungssicherheit aber vor Kostenoptimierung. „Wir sehen heute, dass die Lieferketten längst nicht so widerstandsfähig sind wie gedacht“, sagt Gall. „Die bisher allgemein gültige Logik, dass Zulieferprodukte von dort bezogen werden, wo sie am günstigsten hergestellt werden, mit einer Just-in-Time-Lieferung zur Endfertigung in deutschen Fabriken, funktioniert nicht mehr.“
Hinzu komme, dass das Konzept der Kreislaufwirtschaft auf dem Vormarsch sei – was ebenfalls vielfach räumliche Nähe voraussetzt, wie Fuß erklärt. „Vor diesem Hintergrund werden wir in der Autoindustrie verstärkt regionale Investitionen sehen – nah an den wichtigen Absatzmärkten.“