Lincoln International erwartet mehr Private-Equity-Deals
Im Podcast: Michael Drill
Lincoln International erwartet mehr Private-Equity-Deals
M&A-Berater setzt auf krisenmüde Unternehmer, maximalen Anlagedruck und beobachtet bei Private Equity ein Umdenken
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Der M&A-Berater Lincoln International geht davon aus, dass Private-Equity-
Investoren im kommenden Jahr an
den M&A-Markt zurückkehren werden.
Man erwarte 2025 zwar keinen sehr euphorischen Markt. „Aber wir gehen ganz klar von einer steigenden M&A-Tätigkeit aus“, sagt Deutschlandchef Michael
Drill bei „Betting Billions“, dem
Private-Markets-Podcast der Börsen-
Zeitung.
Ein Grund für Drills Optimismus ist der im Markt eingekehrte Realismus. 2023 und auch Anfang dieses Jahres seien viele Deals gescheitert, weil Verkäufer ganz andere Kaufpreisvorstellungen als Käufer gehabt hätten. Doch die Diskrepanz bei Bewertungsvorstellungen gleiche sich an. „Ich glaube, beide Seiten bewegen sich und sind realistischer geworden“, sagt Drill.
Private Equity unter Verkaufsdruck
Hinzu kommt der hohe Anlagedruck, unter dem die Private-Equity-Branche steht. Das bei Investoren eingesammelte Kapital muss investiert werden. Das könnte im kommenden Jahr leichter fallen, denn Drill geht davon aus, dass sich künftig die Qualität der zum Kauf angebotenen Unternehmen verbessern wird. Drill setzt darauf, dass viele Eigentümer deutscher Unternehmen nach dem Corona-Schock und dem Kriegsausbruch in der Ukraine kalte Füße bekommen, ihr gesamtes Familienvermögen in nur eine Firma zu investieren, und sich daher offen für einen Verkauf zeigen.
Die Loyalität von Familiengesellschaftern zu ihren Unternehmen lässt nach.
Michael Drill, Lincoln International
Die seit vielen Jahren beschworene, jedoch nie wirklich eingetretene Nachfolgewelle im deutschen Mittelstand könnte Drill zufolge mit Verzögerung nun doch noch eintreffen. „Die Loyalität von Familiengesellschaftern zu ihren Unternehmen lässt nach“, sagt der M&A-Berater. Das sei eine Chance für Private Equity, denn es gebe in Deutschland nach wie vor viele große Familiengesellschaften, die Umsätze im Milliardenbereich erzielen würden und bei denen Private Equity im Gegensatz zu früher nicht mehr auf der absoluten Tabu-Liste stünde.
Finanzinvestoren waren mit sich selbst beschäftigt
Drill geht außerdem davon aus, dass Private-Equity-Gesellschaften selbst wieder mehr Unternehmen an den Markt bringen werden: „Wir haben bei vielen Private Equities Portfoliounternehmen, die schon fünf, sechs oder sieben Jahre gehalten werden. Für die brauchen wir auch eine Lösung.“ Die Geldgeber von Private Equity fordern Rückflüsse und erhöhen bei den Fondsmanagern dadurch den Verkaufsdruck. Zuletzt gab es in Deutschland allerdings kaum Unternehmen, die von einem Finanzinvestor an den nächsten weitergereicht wurden.
In Deutschland waren Private-Equity-Investoren in den vergangenen Jahren aber auch stark mit sich selbst beschäftigt. „Im Vergleich zu Großbritannien oder zu Frankreich haben sich hierzulande die Portfoliounternehmen viel schlechter entwickelt“, sagt Drill, angesprochen auf schwächelnde Industrieunternehmen. Man sehe durch die Bank weg Umsatzrückgänge und Margen-Verschlechterungen.
Private Equity zieht die Daumenschrauben an
Laut Drill erfolgt bei Private Equity ein Umdenken: „Ich glaube, heutzutage wird im gesamten Private-Equity-Geschäft der Fokus wieder verstärkt auf die Gewinne gelegt und weniger auf das Umsatzwachstum.“ Das sehe man auch in den Businessplänen, die mit Kunden und Private-Equity-Managern aktuell entwickelt würden. Insbesondere, wenn ein Portfoliounternehmen an einen ausländischen Strategen verkauft werden soll, falle es schwer, das Unternehmen mit einer Ebitda-Marge von 15% zu vermarkten.
Besonders schwer haben es Unternehmen mit einer hohen Abhängigkeit vom deutschen Markt. Drill zufolge wird Umsatzwachstum für deutsche Unternehmen mit einem Hauptaugenmerk auf Deutschland als Absatzmarkt schwer zu realisieren sein. Da die Wirtschaft hierzulande nur leicht wachsen werde und die Wachstumsperspektiven in anderen Volkswirtschaften deutlich besser seien, müssten Unternehmen hierzulande daher vor allem an der Profitabilität arbeiten.
Unternehmen suchen Heil im Ausland
Es gebe aber auch viele deutsche Unternehmen, die ihr Glück primär in ausländischen Absatzmärkten gefunden hätten. „Wir verkaufen viele mittelständische Unternehmen mit Umsätzen zwischen 200 und 500 Mill. Euro, die in Deutschland nur noch einen Umsatzanteil von 20% haben“, sagt Drill. Weitere 20% entfielen auf Resteuropa, und die restlichen 60% teilten sich zwischen Nord- und Südamerika sowie Asien auf.
„Es gibt schon noch Chancen für Private Equity, deutsche Unternehmen zu finden, die aber nicht von der deutschen Volkswirtschaft abhängig sind“, sagt Drill. Im Umkehrschluss bedeutet das: Für Private Equity sind vor allem jene deutschen Unternehmen interessant, die möglichst wenig mit Deutschland zu tun haben.