Lebensmittelkonzern

Nestlé hebt Preise kräftig an

Nestlé ist im ersten Halbjahr aus eigener Kraft stärker gewachsen, als im Markt erwartet worden war. Grund dafür waren kräftige Preiserhöhungen. Der weltgrößte Lebensmittelkonzern hob nun die Jahresprognose für das organische Wachstum an. Dagegen wurde die bislang gültige Zielspanne für die Gewinnmarge auf das untere Ende eingegrenzt.

Nestlé hebt Preise kräftig an

md Frankfurt

Nestlé hat den Umsatz im ersten Halbjahr vor allem durch Preiserhöhungen stark gesteigert. Dennoch nahm auch die Verkaufsmenge leicht zu. Der weltgrößte Lebensmittelkonzern wuchs den Angaben zufolge zwischen Januar und Ende Juni aus eigener Kraft um 8,1%. Der Wert setzt sich aus Preiserhöhungen (6,5%), die das Schweizer Unternehmen mit der Weitergabe gestiegener Kosten begründete, und der gesteigerten Menge verkaufter Produkte (1,7%) zusammen. Allein im zweiten Quartal wurden die Preise um 7,7% erhöht (siehe Grafik). Nestlé wolle mit den Erhöhungen die „beispiellose“ Verteuerung der Rohstoff-, Verpackungs-, Fracht- und Energiekosten abfedern. Die Gruppe sei aber bereit, einen Teil der Inflation selbst zu schultern und einen vorübergehenden Margenrückgang in Kauf zu nehmen, sagte CEO Mark Schneider. „Wir arbeiten sehr, sehr hart an Effizienzsteigerungen, um die Auswirkungen auf unsere Verbraucher abzumildern.“

Organisch hat Nestlé damit genau gleich stark zugelegt wie der Wettbewerber Unilever (vgl. BZ vom 27. Juli). Auch Nestlé übertraf mit der Umsatzentwicklung die Schätzungen der Analysten. Insgesamt kletterten die Erlöse im ersten Halbjahr um 9,2 (i.V. 8,1)% auf 45,58 Mrd. sfr (umgerechnet 46,88 Mrd. Euro).

Das Management hob die Prognose für das organische Umsatzwachstum im Gesamtjahr von „rund 5%“ auf 7 bis 8% an. Zuvor hatten bereits andere Konsumgüterkonzerne wie Unilever, Danone und Reckitt Benckiser ihre Erlösprognosen für 2022 nach oben geschraubt, nachdem sie dank kräftiger Preiserhöhungen die Umsatzerwartungen für das zweite Quartal übertroffen hatten.

Die Markenhersteller im Konsumgütersektor müssen fürchten, dass die Verbraucher bei weiter steigenden Preisen zu günstigeren Produkten, etwa Handelsmarken, wechseln. „Dies ist natürlich die Schlüsselfrage, die jeder sehr genau beobachtet“, sagte Schneider. Bislang gebe es nur sehr wenige Anzeichen dafür, dass sich die Konsumenten günstigeren Produkten zuwenden. „Das heißt aber nicht, dass es nicht doch passieren könnte“, so Schneider weiter, „und das ist etwas, das wir in der zweiten Jahreshälfte im Auge behalten müssen.“

Ebenfalls höher als erwartet fiel der zugrunde liegende operative Ge­winn aus: Er nahm im Vergleich zur Vorjahreszeit um 6% auf 7,68 Mrd. sfr zu. Da der Zuwachs aber mit dem Umsatzwachstum nicht ganz Schritt halten konnte, nahm die entsprechende Marge um 0,5 Prozentpunkte auf 16,9% ab. „Wir konnten die Auswirkungen der beispiellosen Inflation und der Lieferkettenprobleme auf unsere Margen mit disziplinierter Kostenkontrolle und operativer Effizienz in Grenzen halten“, erläuterte Schneider.

Allerdings wurde die bislang gültige Zielspanne für die operative Gewinnmarge auf das untere Ende eingegrenzt. War bislang eine Bandbreite von 17,0 bis 17,5% kommuniziert worden, lautet die Schätzung nun 17%.

Wie die meisten Konsumgüterproduzenten versucht Nestlé, die höheren Einkaufskosten an den Handel und die Verbraucher weiterzugeben. Angesichts der vertraglich festgelegten Konditionen mit dem Handel kommt es dabei aber mitunter zu Verzögerungen in der Umsetzung. Schneider zufolge sind die Preiserhöhungen bei Nestlé etwas moderater als bei Herstellern von Haushalts- und Körperpflegeprodukten. „Das hat viel mit der Tatsache zu tun, dass wir uns ausschließlich auf die Lebensmittelindustrie konzentrieren“, sagte er. „Und das bringt eine gewisse Verantwortung mit sich, insbesondere wenn man in Schwellenländern tätig ist.“ Der Anteil dieser Länder am Konzernumsatz liege bei 43%; der Erlösanteil der Industrieländer liege bei 57%.

Der Reingewinn sank in den ersten sechs Monaten den Angaben zufolge um 11,7% auf 5,25 Mrd. sfr (5,4 Mrd. Euro) und verfehlte damit die Konsenserwartung. Nestlé verwies auf Abschreibungen, etwa auf das Russland-Geschäft, sowie auf Restrukturierungskosten.

An der Schweizer Börse gab der Kurs der Nestlé-Aktie um 0,4% auf 117 sfr nach. Die Kapitalisierung beträgt umgerechnet 324 Mrd. Euro.

Nestlé
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr   
in Mill. sfr20222021
Umsatz4558041755
Operatives Ergebnis76837251
        in % vom Umsatz16,917,4
Betriebsergebnis (Ebit)66846987
Reingewinn52475945
        in % vom Umsatz11,514,2
Operativer Cashflow39354669
Freier Cashflow14722823
Nettoverschuldung4846038494
100 sfr = 102,85 Euro Börsen-Zeitung
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.