Touristik

Refinanzierung auf der Tui-Agenda

Der Reisekonzern Tui überlegt, wie frisches Geld in die Kassen kommen könnte. Zu den Möglichkeiten, die erwogen werden, zählt eine Kapitalerhöhung von bis zu 1 Mrd. Euro, sagen mit der Überlegung vertraute Personen laut Nachrichtenagentur...

Refinanzierung auf der Tui-Agenda

lis/Bloomberg Frankfurt

Der Reisekonzern Tui überlegt, wie frisches Geld in die Kassen kommen könnte. Zu den Möglichkeiten, die erwogen werden, zählt eine Kapitalerhöhung von bis zu 1 Mrd. Euro, sagen mit der Überlegung vertraute Personen laut Nachrichtenagentur Bloomberg. Damit könnte ein Teil der umfangreichen Staatshilfe zurückgezahlt werden, die das Unternehmen in An­spruch nehmen musste. Tui-Aktien fielen in London um bis zu 3,9%.

Tui arbeitet mit Beratern an möglichen Optionen inklusive einer potenziellen Kapitalerhöhung, sagten die Personen, die nicht genannt werden wollten. Die entsprechenden Entscheidungen werden wohl frühestens in einigen Wochen fallen, und auch der Umfang der Maßnahmen könnte sich noch ändern, so die Personen.

Ein Sprecher der Tui sagte, das Unternehmen sehe in seinen europäischen Märkten – mit Ausnahme von Großbritannien – seit mehreren Wochen starke Buchungseingänge und gehe weiter davon aus, im vierten Quartal des Fiskaljahres wieder einen positiven Cash-flow aufzuweisen. Tui sehe sich zur Refinanzierung weiterhin alle möglichen Szenarien an. Aktuell gebe es keine Entscheidungen und es seien keine Banken mandatiert.

Tui musste im Laufe der Coronavirus-Pandemie, die das Reisegeschäft nahezu zum Erliegen gebracht hatte, auf Milliarden an Hilfen zurückgreifen. Der Reisekonzern musste mit rund 4,3 Mrd. Euro Kredit und stillen Einlagen des Staates vor einer Insolvenz bewahrt werden. Tui sammelte über eine Kapitalerhöhung im Januar zudem 568 Mill. Euro brutto ein. Der Konzern konnte außerdem 400 Mill. Euro über eine Wandelanleihe aufnehmen. Die Kreuzfahrttochter Tui Cruises begab erstmals einen Bond im Volumen von 300 Mill. Euro.

„Extreme“ Nachholeffekte

Mit der nun wieder zunehmenden Reiseaktivität machen sich Unternehmen aus der Branche daran, ihre Bilanzen wieder in Ordnung zu bringen. Auch die Lufthansa, für die ein staatliches Hilfspaket über 9 Mrd. Euro geschnürt worden war, bereitet Maßnahmen vor, um frisches Geld einzusammeln. Die Fluggesellschaft hat vier Banken mandatiert, um eine Kapitalerhöhung vorzubereiten, die dem Vernehmen nach 3 Mrd. Euro bringen soll (vgl. BZ vom 16. Juni).

Für Deutschland, den größten Markt nach Kundenzahlen, liegen die wöchentlichen Buchungen seit Mai aufgrund „extremer Nachholeffekte“ derzeit sogar über den Vorkrisenniveaus von 2019, so Tui-Deutschlandchef Marek Andryszak auf einer Pressekonferenz. Reisewillige ließen sich ihre Urlaube zudem rund 25% mehr kosten als 2019, da die Kunden längere Aufenthalte buchten, höherwertige Hotels wählten und der Anteil an Pauschalreisen steige, so Andryszak weiter.

Ein Problem für Tui und den Rest der Reisebranche bleibt der noch nicht absehbare Einfluss der Delta-Variante des Virus, die zunächst in Indien entdeckt wurde und sich derzeit – gerade zu Beginn des entscheidenden Sommergeschäfts – rasch in Großbritannien verbreitet, einem der wichtigsten Quellmärkte für Tui.

Tui musste kürzlich wieder Reisen aus Großbritannien absagen, da die dortige Regierung die Lockerungen nicht wie geplant zurücknehmen konnte. Das Unternehmen hat außerdem kürzlich Liegenschaften in Spanien und Italien verkauft, um Geld in die Kasse zu holen.