StaRUG-Restrukturierung

Rettungspaket bringt Varta-Aktie zum Absturz

Nach der Vereinbarung eines Rettungspakets für Varta ist die Aktie des schlingernden Batterieherstellers am Montag abgestürzt. Denn die Hoffnung des Streubesitzes, einen Totalverlust vermeiden zu können, schwindet.

Rettungspaket bringt Varta-Aktie zum Absturz

Rettungspaket bringt Varta-Aktie zum Absturz

Streubesitz von künftigen Wertaufholungen ausgeschlossen – Kapitalerhöhung, Schuldenschnitt und neuer Kredit – Jahresabschluss am 30. Oktober

hek Frankfurt

Nach der Vereinbarung eines Rettungspakets für Varta ist die Aktie des schlingernden Batterieherstellers am Montag abgestürzt. Denn die Hoffnung der Streubesitzaktionäre, einen Totalverlust vermeiden zu können, schwindet zusehends. Widerstand könnte vor allem von Schuldscheingläubigern kommen.

Nach der Verständigung auf ein finanzielles Sanierungskonzept ist die Akte des Batterieherstellers Varta am Montag um bis zu 80% abgestürzt. Denn mit dem Rettungspaket lösen sich letzte Hoffnungen in Luft auf, doch noch besser als mit einem Totalverlust aus dem Investment rauszukommen. Varta hat angekündigt, die Börsennotierung einzustellen. Zudem wird erwogen, das Unternehmen im Zuge der Restrukturierung in eine GmbH umzuwandeln.

Jahresabschluss am 30. Oktober

Im Handelsverlauf pendelte sich das Minus bei 50% ein. Am Freitag war die Aktie mit 3,87 Euro aus dem Xetra-Handel gegangen. Damit belief sich die Marktkapitalisierung trotz des drohenden Totalverlusts noch auf 167 Mill. Euro. Ausgehend von rund 2 Euro hatte sich der Kurs, angetrieben von spekulativen Käufen, in zwei Wochen teils mehr als verdoppelt. Hintergrund war, dass einige Schuldscheingläubiger ein Bezugsrecht für alle Aktionäre forderten. Varta begründet das Herausdrängen des Streubesitzes mit rechtlichen Vorgaben: Ein Bezugsrecht für Kleinaktionäre setze einen Börsenprospekt voraus, der aber nicht erstellt werden könne, da kein geprüfter Jahresabschluss vorliege. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und andere Aktionärsvertreter hatten das Vorgehen bereits im Vorfeld scharf kritisiert: Anteilseigner würden „vollständig und entschädigungslos“ enteignet.

Den Jahresabschluss 2023 hat Varta mehrfach verschoben. Nun soll er am 30. Oktober vorgelegt werden. Dem Streubesitz bleibt die vage Hoffnung auf mögliche Schadenersatzklagen. Diese könnten laut DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler daraus resultieren, „dass hier kein pflichtgemäßes Risikomanagementsystem gemäß StaRUG (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz) implementiert und gelebt wurde“.

60 Mill. Euro neues Eigenkapital

Das am Samstag bekannt gegebene Rettungspaket sieht einen Kapitalschnitt auf null vor. Anders als der Streubesitz, der 49,9% der Aktien hält, wird Großaktionär Michael Tojner im neuen Eigenkapital vertreten sein und damit von künftigen Wertaufholungen profitieren. Der österreichische Unternehmer wird das Unternehmen aber nicht mehr kontrollieren.

Die Tojner-Gesellschaft MT InvestCo und eine Beteiligungsgesellschaft des Sportwagenbauers Porsche bringen 60 Mill. Euro neues Eigenkapital ein. Davon werden 40 Mill. Euro über eine Barkapitalerhöhung bereitgestellt. Porsche zahlt 30 Mill. Euro ein, MT InvestCo 10 Mill. Euro. Weitere 20 Mill. Euro entfallen auf die Einbringung von Immobilien, die Varta nutzt, aber bisher Tojner gehören. Porsche will mit dem Einstieg den mehrheitlichen Erwerb der V4Drive-Sparte absichern, die eine Hochleistungs-Batterie für Elektroautos entwickelt hat.

Schuldenschnitt von 285 Mill. Euro

Weitere Eckpunkte des Rettungspakets sind ein Schuldenschnitt um 285 Mill. Euro und ein neuer vorrangig besicherter Kredit von 60 Mill. Euro. Insgesamt kommen 100 Mill. Euro frische Liquidität ins Unternehmen. Mit der Vereinbarung sei die Finanzierung bis Ende 2027 gesichert, teilt Varta mit. Die Finanzverbindlichkeiten sinken von bislang 485 Mill. Euro auf 260 Mill. Euro. Neben Tojner und Porsche sind künftig auch Gläubiger über eine virtuelle Beteiligung auf der Eigentümerseite vertreten. Fremdkapitalgeber, die den neuen Kredit bereitstellen, erhalten nämlich ein Wertaufholungsinstrument, das wirtschaftlich 36% des Eigenkapitals repräsentiert. Die anderen Gläubiger bekommen einen Besserungsschein.

Tojner verliert Kontrolle

Porsche und MT InvestCo halten wirtschaftlich jeweils 32% am Eigenkapital. Rein rechtlich, also ohne die virtuelle Beteiligung von Kreditgebern, sind es jeweils 50%. Bei der Ausgestaltung wurde den Angaben zufolge darauf geachtet, dass weder Tojner noch Porsche noch beide zusammen die Kontrolle haben. Damit wird die Rolle Tojners beschnitten, der als Aufsichtsvorsitzender bisher dominanten Einfluss hatte. Nach Abschluss des StaRUG-Verfahrens könnte der Mitteilung zufolge ein weiterer Investor innerhalb eines Jahres mit bis zu 30 Mill. Euro einsteigen. Vorstandschef Michael Ostermann berichtet von mindestens zwei Interessenten, ohne Namen zu nennen. Man sei diesbezüglich in fortgeschrittenen Gesprächen.

StaRUG-Verfahren

Laut Angaben von Varta wurde die Einigung mit „nahezu allen Konsortialkreditgebern“ und „gewissen" Schuldscheingläubigern erzielt. Ein Teil der Schuldscheininhaber lehnt das Konzept also offenbar ab, so dass aus dieser Gruppe Widerstand droht. Die 2022 platzierten Schuldscheine haben ein Volumen von 250 Mill. Euro. Zu den Gläubigern gehören auch Hedgefonds, darunter Whitebox Advisors aus den USA.

Das StaRUG-Verfahren hatte Varta vor vier Wochen angekündigt. Anfangs lagen zwei Konzepte auf dem Tisch: eines von Tojner und Porsche sowie eines von vier Spezialfonds, die sich zu mehr als 40% in den Konsortialkredit von 235 Mill. Euro eingekauft hatten.

Varta muss jetzt auf Basis der Vereinbarungen einen Restrukturierungsplan beim Amtsgericht Stuttgart einreichen und Termine für die Erörterung und die Abstimmungen beantragen.

Notwendig ist, dass die Mehrheit der einzelnen Gruppen den Plan mit jeweils mindestens 75% unterstützt.

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