RWE will 2023 an Ausnahmejahr anknüpfen
ab Essen
Die Energiekrise in Europa hat RWE auf ein neues Ergebnisniveau gehoben. Daran sollen künftig auch die Aktionäre, die für 2022 trotz Gewinnverdoppelung nur eine stabile Dividende von 0,90 Euro erhalten, beteiligt werden. „Unser Dividendenvorschlag für 2023 lautet 1 Euro je Aktie“, sagte Finanzchef Michael Müller vor der Presse und ergänzte: „Diese Größenordnung betrachten wir zugleich als Untergrenze für die kommenden Jahre.“
Dem Dividendenversprechen liegt die Prognose zugrunde, dass RWE im laufenden Turnus an das Ausnahmejahr 2022 anknüpfen kann. Für das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) haben sich die Essener einen Zielkorridor von 5,8 bis 6,4 (2022: 6,3) Mrd. Euro gesteckt. Im bereinigten Nettoergebnis wird mit einem Rückgang von bis zu einem Drittel gerechnet.
Im Kerngeschäft sollen die Segmente Offshore Wind und Onshore Wind/Solar höhere Ergebnisbeiträge abliefern, während im Geschäft mit Wasser/Biomasse/Gas sowie im Energiehandel mit teils kräftigen Einbußen kalkuliert wird. Den Ausgleich soll das Segment Kohle/Kernenergie schaffen, aus dem sich RWE bis 2030 vollständig zurückziehen will. Mit der Kernenergie ist schon Mitte April Schluss, geht RWE-Chef Markus Krebber doch nicht davon aus, dass der Atomausstieg nochmals in Frage gestellt wird.
Umgekehrt dürfen zwei Kraftwerksblöcke, die ursprünglich Ende 2022 außer Betrieb gehen sollten, bis März 2024 am Netz bleiben. Zusammen mit dem höheren Strompreis, auf dessen Basis der Erzeuger die Produktion vorab verkauft, soll das Segment in diesem Jahr 0,8 Mrd. bis 1,2 Mrd. Euro ins bereinigte Ebitda einsteuern nach 751 Mill. Euro.
Zugleich versicherte Krebber: „Wir wollen die Kohlekraftwerke aus der Sicherheitsreserve nicht länger betreiben als notwendig.“ Auch aus dem Infrastrukturgeschäft mit verflüssigtem Erdgas (LNG) will sich RWE absehbar zurückziehen. Hier sind die Essener seit vorigem Jahr im Auftrag der Bundesregierung unterwegs. „LNG ist nicht unser Geschäft“, stellte Krebber klar.
Investitionen hochfahren
Der Fokus des Konzerns bleibe auf den Aufbau einer klimaneutralen Energieversorgung gerichtet. An dieser Stelle sei RWE 2022 entscheidende Schritte vorangekommen. Neu in Betrieb genommen wurden 2,4 Gigawatt (GW) an Erneuerbaren, weitere 6 GW befinden sich im Bau. Die Investitionen beliefen sich auf 4,4 Mrd. Euro, ein Plus von 50 %. In diesem Jahr soll das Investitionstempo nochmals erhöht werden.
„Wir wollen jedes Projekt bauen, das möglich ist“, betonte Krebber. Allerdings brauche es dafür einen verlässlichen Investitionsrahmen. „Ständige Debatten über Veränderungen am Marktdesign oder neue Ideen zur Abschöpfung willkürlich bestimmter Zufallsgewinne sind da alles andere als hilfreich“, mahnte der RWE-Chef. „Ein Blick über den Atlantik zeigt, wie es anders geht“, folgte der Fingerzeig auf den Inflation Reduction Act in den USA. Damit werde neben attraktiven Rahmenbedingungen und einem ergebnisorientierten Ansatz auch langfristige Sicherheit für Investoren geschaffen.
250 Mill. Euro abgeführt
An sogenannten Zufallsgewinnen musste RWE im vorigen Jahr 250 Mill. Euro abgeben. Da mit der Gewinnabschöpfung in den für RWE wichtigen Märkten Deutschland und Niederlande erst im Dezember begonnen wurde, sei 2023 voraussichtlich ein höherer Betrag abzuführen, sagte Müller. Eine Prognose wagte der Finanzchef allerdings nicht, da die Höhe vom Marktpreis für Strom abhängig ist. Hierzulande sei der Preis aktuell so niedrig, dass kaum noch etwas abgeschöpft werde, ergänzte Krebber.
Sorge treibt den RWE-Chef mit Blick auf die verstaatlichte Uniper um. Der Staat dürfe sich nicht langfristig als energiewirtschaftlicher Akteur betätigen. „Ich erwarte daher, dass sich der Staat dort, wo er krisenbedingt eingreifen musste, wieder zurückzieht und das Geschäft, so schnell es geht, zurück in private Hände gibt“, so Krebber. RWE habe allerdings kein Kaufinteresse.