Stahlkonzern

Salzgitter geht nur von leichter Ergebnisverbesserung aus

Auf das Rekordjahr 2022 folgte im Stahlkonzern Salzgitter ein Gewinneinbruch. Die Dividende sinkt von 1,00 auf 0,45 Euro je Aktie. Eine Fusion mit Branchenführer Thyssenkrupp lehnt Salzgitter-Chef Gunnar Groebler ab.

Salzgitter geht nur von leichter Ergebnisverbesserung aus

Salzgitter geht von leichter Ergebnisverbesserung aus

Sinkende Stahlpreise belasten – Gewinneinbruch nach Rekordjahr 2022 – Dividende deutlich gesenkt – Absage an Fusion mit Thyssenkrupp

md Frankfurt

Der starke Rückgang der Stahlpreise im vergangenen Jahr hat Salzgitter einen Gewinneinbruch beschert. Allerdings ist der Basiseffekt stark: 2022 ist ein Rekordjahr für den Stahlkonzern gewesen. Das operative Ergebnis (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; Ebitda) sank 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 58% auf 677 Mill. Euro. Das Vorsteuer- und das Nettoergebnis fielen um jeweils vier Fünftel auf 238 Mill. bzw. 204 Mill. Euro. Für das laufende Jahr stellte Vorstandschef Gunnar Groebler in der Bilanzpressekonferenz eine leichte Ergebniserholung in Aussicht. Demnach soll das operative Ergebnis zwischen 700 Mill. und 750 Mill. Euro und das Vorsteuerergebnis zwischen 250 Mill. und 300 Mill. Euro liegen. Der Umsatz, der 2023 um 14% auf 10,79 Mrd. Euro gesunken ist, soll in diesem Turnus 10,5 Mrd. bis 11,0 Mrd. Euro erreichen. Die Rendite auf das eingesetzte Kapital (Roce), die zuletzt von 20,1% auf 5,6% eingebrochen ist, soll 2024 „auf Vorjahresniveau“ verharren.

Salzgitter
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20232022
Umsatz10.79112.553
Operatives Ergebnis (Ebitda)6771.618
Ebit-Marge (%)3,310,5
Vorsteuerergebnis2381.245
Nettoergebnis2001.082
Gewinn je Aktie (Euro)3,720
Dividende je Aktie (Euro)0,451
Operativer Cashflow892597
Investitionen (Capex)583475
Freier Cashflow462229
Nettofinanzschulden1.1601.554
Quelle: Salzgitter, Geschäftsbericht 2023

Salzgitter hält knapp 30% am Kupferkonzern Aurubis. Der mutmaßliche Betrug vereinzelter Schrottlieferanten belastet das Ergebnis von Aurubis 2023 nach früheren Angaben mit rund 150 Mill. Euro und damit auch das des Großaktionärs Salzgitter, der das MDax-Unternehmen at Equity bilanziert. Das Ebitda der Bilanzposition „Industrielle Beteiligungen/Konsolidierung“ brach in der Folge von 154 Mill. auf 19 Mill. Euro ein.

Schadensfälle bei Aurubis hinterlassen auch in Salzgitter-Bilanz ihre Spuren

Nach Bekanntwerden der Schadensfälle hatten beiden Unternehmen ihre Prognosen zunächst zurückgezogen. Mitte September senkte Salzgitter dann die Ebitda-Schätzung für 2023 auf 650 Mill. bis 700 Mill. Euro. Vor der Aussetzung waren 750 Mill. bis 850 Mill. Euro in Aussicht gestellt worden. Das Vorsteuerergebnis sollte 200 Mill. bis 250 Mill. Euro erreichen, nach zuvor avisierten 300 Mill. bis 400 Mill. Euro. Anfang November erfolgte dann auch noch eine Reduzierung der Umsatzprognose von 11,5 bis 12,0 Mrd. Euro auf 11,0 bis 12,5 Mrd. Euro. Ebitda und Vorsteuerergebnis landeten letztlich in der Mitte der gesenkten Bandbreiten, während der Umsatz unter der geschätzten Spanne liegt.

Burkhard Becker (Jahrgang 1960) ist seit Februar 2011 Mitglied des Vorstandes der Salzgitter AG und für das Ressort Finanzen zuständig. Er geht Ende März 2024 in Ruhestand. Foto: Salzgitter

Der Hauptversammlung am 29. Mai wird die Ausschüttung einer auf 0,45 (i.V. 1,00) Euro je Aktie gesenkten Dividende vorgeschlagen. Groebler zufolge „korrespondiert“ die Dividende mit dem Nettoergebnis. Finanzvorstand Burkhard Becker, der Ende des Monats in Ruhestand geht, betonte im Gespräch mit der Börsen-Zeitung die Plausibilität dieser Dividendenpolitik. Auch von Seiten der Aktionäre sei nie der Wunsch nach einer Vorgabe an ihn herangetragen worden. Viele andere Unternehmen haben für die Dividende eine Richtlinie, etwa „40 bis 60% des freien Cashflows/Nettogewinns werden ausgeschüttet“.

Dividende von Salzgitter hängt am Nettoergebnis
in EuroNettoergebnis je Aktie (unverwässert)Dividende je Aktie
20233,700,45
202220,001,00
202110,740,75
2020−5,130
2019−4,460
20185,060,55
20173,520,45
20161,000,30
Quelle: Geschäftsberichte von Salzgitter

Salzgitters größter Aktionär ist das Land Niedersachsen mit 25,5% aller Anteile. Knapp dahinter folgt die GP Günter Papenburg AG mit 25,1%. Weitere Großaktionäre, die mehr als 3% der Anteilscheine halten, gibt es laut Becker nicht. Allerdings hält Salzgitter seit vielen Jahren 10% der eigenen Aktien. Konkrete Absichten seien mit dem Paket nicht verbunden; perspektivisch wäre die Verwendung als Teil des Kaufpreises bei einer Übernahme denkbar, so Becker.

Der Zusammenschluss zweier Unternehmen löst das Überkapazitätenproblem nicht.

Gunnar Groebler, Vorstandschef von Salzgitter

Immer wieder kommt es zu Spekulationen über eine Konsolidierung in der durch Überkapazitäten geprägten Stahlbranche. So wurde schon häufig über eine Fusion von Thyssenkrupp bzw. deren Stahlsparte mit Salzgitter spekuliert. Vorstandschef Groebler machte deutlich, dass er davon nichts hält: „Der Zusammenschluss zweier Unternehmen löst das Überkapazitätenproblem nicht.“ Und er legte nach: „Wir sehen im Moment aus einer Salzgitter-Perspektive heraus keine Vorteile durch Zusammenschlüsse jedweder Art.“

„Talsohle durchschritten“

Der Außenumsatz hat sich nach Unternehmensangaben vor allem aufgrund der gesunkenen Durchschnittserlöse für Stahlerzeugnisse verringert. So seien die Preise der meisten Stahlprodukte ausgehend von den hohen Niveaus der Vergleichsperiode über nahezu das gesamte Geschäftsjahr gesunken. „Erst im Schlussquartal wurde die Talsohle durchschritten“, sagte Groebler.

Groebler betonte vor Medienvertretern das negative Umfeld, in dem sich der Stahlkonzern 2023 bewegt habe; er führte u.a. die hohe Inflation an. Nach einem ermutigenden Jahresauftakt hätten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den meisten Märkten zunehmend eingetrübt.

Nur der Bereich Technologie reüssiert

Entgegen dem Branchentrend habe einzig der Bereich Getränkeabfüll- und Verpackungsanlagen über das gesamte Jahr hinweg eine sehr gute Performance gezeigt, so dass der Geschäftsbereich Technologie sowohl einen Rekordauftragseingang als auch ein Rekordergebnis – ein Ebitda von 115 Mill. nach 77 Mill. Euro – verbuchte. In der Stahlverarbeitung nahm das Ebitda von 173 Mill. auf 227 Mill. Euro zu. Dagegen brach im größten Geschäftsbereich, der Stahlerzeugung, das operative Ergebnis von 946 Mill. auf 296 Mill. Euro ein. Gar einen Wechsel im Vorzeichen gab es im Handel, wo das Ergebnis von 243 Mill. Euro auf minus 14 Mill. Euro drehte.

Zum Start ins Jahr 2024 sagte Groebler: „Der Geschäftsverlauf des ersten Quartals 2024 ist noch von den widrigen Bedingungen des zweiten Halbjahres 2023 gekennzeichnet.“ Unter Annahme der Fortsetzung der derzeit feststellbaren leichten Belebungsimpulse bestehe aber die Chance einer sukzessiven Aufhellung des Marktumfeldes im Laufe des Jahres. Allerdings erkenne er keine Erholungstendenzen in Deutschland. Deutschland habe „nicht nur ein Konjunktur-, sondern auch ein Wachstumsproblem“. Energiekosten, Fachkräftemangel, ein maues Investitionsverhalten sowie eine überbordende Bürokratie bremsen nach Meinung Groeblers das Wachstum aus.

Grüne Stahlproduktion ab 2026

Unterdessen treibt Salzgitter den Umbau in Richtung grüne Produktion voran. Die Bauarbeiten für eine klimafreundliche Anlage hätten begonnen, die Aufträge für die Hauptaggregate seien vergeben, teilte der Konzern mit. Das Unternehmen habe sichergestellt, dass es ab 2026 grünen Stahl liefern könne, sagte Groebler vor Medienvertretern. Die für 2026 geplante Produktion sei nahezu vollständig vergeben. „Wir haben sichergestellt, dass unsere Transformation des Stahlstandortes Salzgitter 2033 abgeschlossen sein kann.“

Die Stahlindustrie gehört zu den größten CO2-Produzenten in Deutschland. Die Schwerindustrie steht vor dem größten Strukturwandel ihrer Geschichte. Der Umbau wird vom Bund mit milliardenschweren Fördersummen unterstützt.

Auf das Rekordjahr 2022 folgte im Stahlkonzern Salzgitter ein Gewinneinbruch im vergangenen Turnus. Hauptgrund waren sinkende Stahlpreise. Die Dividende sinkt von 1,00 auf 0,45 Euro je Aktie. Für dieses Jahr stellt der Vorstand leichte Ergebnisverbesserungen in Aussicht. Eine Fusion mit Branchenführer Thyssenkrupp lehnt CEO Gunnar Groebler ab.

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