Salzgitter weitet Sparprogramm aus
Salzgitter weitet Sparprogramm aus
Stahlkocher zahlt nach Verlustjahr Dividende – HKM-Beteiligung abgeschrieben – Finanzchefin: Fusion mit Aurubis kein Thema
ste Hamburg
Nach einem Konzernverlust von -348 (i.V. +204) Mill. Euro hat Deutschlands zweitgrößter Stahlproduzent Salzgitter Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung ausgeweitet. Gemessen an dem bis 2026 geltenden Effizienzprogramm strebt das SDax-Unternehmen nun bis 2028 eine Verdopplung der Ergebnisbeiträge auf rund 500 Mill. Euro an, wie Finanzchefin Birgit Potrafki anlässlich der Bilanzvorlage am Freitag im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagte. Zwischen 2022 und 2024 beliefen sich die Beiträge auf insgesamt 133 Mill. Euro.
Gespart werden soll vor allem bei Beschaffung, Logistik und Vertrieb. Eine Entlastung in Bilanz und Erfolgsrechnung der kommenden Jahre erwartet Potrafki auch durch 2024 vorgenommene Abschreibungen sowie durch Restrukturierungsmaßnahmen. Insgesamt wurde das im vergangenen Jahr auf -296 (+238) Mill. Euro gesunkene Vorsteuerergebnis durch negative Sondereffekte von 406 Mill. Euro belastet. Davon entfielen etwa 120 Mill. Euro auf Restrukturierungskosten vor allem im Bereich Handel sowie rund 280 Mill. Euro auf Abschreibungen.
HKM-Zukunft unklar
Die Salzgitter-Finanzchefin erklärte, man habe die Präzisrohr-Gruppe MPT Mannesmann (130 Mill. Euro) sowie den 30%-Anteil an dem Joint-Venture Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) von 110 Mill. Euro auf Null abeschrieben. An HKM sind auch Thyssenkrupp (50%) und der französische Röhrenhersteller Vallourec (20%) beteiligt. Im Februar waren Gespräche über einen HKM-Verkauf mit der Beteiligungsfirma CE Capital abgebrochen worden. Die Stahlsparte von Thyssenkrupp will bei HKM aussteigen, um Produktionskapazitäten zu reduzieren.
In der Salzgitter-Bilanzkonferenz sagte Vorstandschef Gunnar Groebler, die HKM-Anteilseigner führten Gespräche über eine alternative Lösung. Salzgitter beziehe von dem Duisburger Hüttenwerk „eine nicht unerhebliche Menge“. Wenn man HKM schließen wolle, müsse geklärt werden, wo das bezogene Material in Zukunft herkommen solle. HKM allein zu betreiben, komme für Salzgitter nicht in Frage.
Bei „Salcos“ im Plan
Beim „Salcos“ genannten Großprojekt zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion sieht sich Salzgitter auf Kurs. Für den Umbau, der bis 2033 abgeschlossen sein soll, plant das Unternehmen in einer ersten Stufe bis 2026 mit Investitionen von rund 2,3 Mrd. Euro. Die Finanzierung der ersten Stufe sei gesichert, so Groebler. Der Bund und das mit 26,5% an Salzgitter beteiligte Land Niedersachsen fördern das Projekt in dieser Phase mit insgesamt 1 Mrd. Euro. Der Baufortschritt laufe nach Plan, sagte Finanzchefin Potrafki. Ende 2026 will Salzgitter erste Produkte, die auf der „Salcos“-Route erzeugt wurde, auf den Markt bringen.

2024 litt Salzgitter im Stahlbereich unter der ausbleibenden Konjunkturerholung, Importen und hohen Energiekosten. Ergebnisstützen waren neben Effizienzmaßnahmen Beiträge aus dem Technologiebereich sowie der Beteiligung am Kupferproduzenten Aurubis. Ohne Sondereffekte wäre ein Vorsteuergewinn von 109 (i.V. 252) Mill. Euro angefallen, betonte Potrafki. Salzgitter bekräftigte die im Februar veröffentlichte Prognose, die 2025 ein Vorsteuerergebnis von -100 bis +100 Mill. Euro vorsieht.
Warten auf Angebot
Die Finanzchefin sagte weiter, 2025 mit einem geringeren Ergebnisbeitrag aus der Aurubis-Beteiligung als im vorigen Jahr mit 184 (40) Mill. Euro zu rechnen. Mit Blick auf das Übernahmeinteresse des Großaktionärs GP Günter Papenburg und TSR Recycling erklärte Potrafki, sobald ein konkretes Angebot vorliege, werde der Salzgitter-Vorstand "eine fakten- und datenbasierte Bewertung vornehmen und eine qualifizierte Meinung dazu ableiten“. Die Finanzchefin unterstrich, Salzgitter setze weiterhin auf Eigenständigkeit. “Es gibt auch keinerlei Überlegungen für einen Zusammenschluss mit Aurubis.“
Die Salzgitter-Aktie, seit Anfang 2025 um fast 60% gestiegen, gab am Freitag um bis zu 4% auf 25,10 Euro nach. Das Unternehmen will für 2024 eine Dividende von 0,20 (0,45) Euro je Aktie zahlen. Zum kräftigen Kursanstieg seit Jahresbeginn meinte Potrafki, bei Anlegern gebe es im Zuge der neuen Investitionsprogramme der Bundesregierung und der EU-Kommission offenbar eine positive Erwartungshaltung. Die Salzgitter-Finanzchefin erklärte, im Bereich Verteidigung wie auch im Bereich Infrastruktur könne man partizipieren. Die Impulse ließen sich aktuell noch nicht näher quantifizieren.
Chancen im Rüstungsgeschäft
Die Frage sei auch, so Potrafki weiter, ob die Impulse im Zuge der Genehmigungsverfahren 2025 bereits wirksam werden. „Chancen leiten wir uns beispielsweise im Grobblechbereich durch Infrastrukturprojekte, Windenergieprojekte sowie durch Projekte im Zusammenhang mit steigenden Rüstungsausgaben ab.“ Im Trägerbereich sehe man Chancen im Bau, bei den Leitungsrohren bei Leitungsnetzen für Gas, Wasser und Wasserstoff. „Allerdings müssen die beschlossenen Mittel jetzt auch für nachhaltige Infrastrukturprogramme wirklich bereitgestellt und aufgewendet werden, und das am besten auch kombiniert mit grünen Leitmärkten.“
Was die verstärkten Investitionen in die Verteidigung angehe, könne Salzgitter eine Menge beitragen, fügte Potrafki hinzu. In den vergangenen Jahren habe die Rüstungsindustrie nicht im Vordergrund gestanden. Man könne entsprechende Stahlprodukte schnell liefern, aber die Zulassungsverfahren müssten mit diesem höheren Tempo auch einhergehen. „Wir sehen in diesem Bereich Umsatzpotenzial, das sich aber nicht über Nacht, sondern eher in den kommenden Jahren zeigen wird“, so die 53-Jährige, die seit April 2024 im Salzgitter-Vorstand das Finanzressort zuständig ist.
Folgen durch Zollstreit
Potrafki äußerte sich im Gespräch auch zu potenziellen Folgen im internationalen Zollstreit. „Die direkten Auswirkungen der US-amerikanische Zusatzzölle sind für uns eher gering“, sagte sie. Salzgitter exportiere vor allem mittlere Leitungsrohre in die USA. Das wiederum sei dort ein boomender Markt. „Wir erwarten, dass trotz Zöllen und insbesondere auch aufgrund von vor Ort gestiegenen Preisen in den USA Exporte weiterhin möglich sein werden.“
Indirekt sei allerdings von Auswirkungen auszugehen. „Wir schätzen, dass sich ein Verlust von Exporten in Höhe von 2 bis 3 Millionen Tonnen für die gesamte europäische Stahlindustrie ergeben könnte.“ Allerdings dürften die Effekte durch Umlenkung von Stahlprodukten aus Drittländern in den EU-Markt größer sein, so die Salzgitter-Finanzchefin. Deshalb sei es wichtig, dass die EU-Kommission strenge Schutzmaßnahmen einleite, um diesen Sekundäreffekte entgegenzuwirken. Erste Schritte seien mit der Überarbeitung der Safeguard-Maßnahmen und den neuen Antidumpingzöllen bei Warmbreitband sowie mit den angekündigten Maßnahmen im Steel & Metals Action Plan bereits getan, hob Potrafki hervor. "Wir sehen die Gegenstrategie zu den erhöhten Zöllen und den Umlenkungseffekten grundsätzlich positiv.“