Sanierung der Baywa wird immer teurer
Sanierung der Baywa wird immer teurer
Gutachter Roland Berger empfiehlt Kapitalerhöhung 2025 – Kreditgenossenschaftliche Eigentümer müssen noch mehr Geld nachschießen
sck München
Die Stützung und Neuordnung des in Schieflage geratenen Agrarhandelskonzerns Baywa wird zu einer immer teurer werdenden Angelegenheit. Einer Ad-hoc-Meldung des einstigen SDax-Mitglieds zufolge geht der beauftragte Sanierungsgutachter Roland Berger „davon aus, dass im kommenden Jahr eine Bezugsrechts-Kapitalerhöhung durchgeführt wird“. Diese Maßnahme werde dazu dienen, die Liquidität zu stärken, heißt in der Nachricht, die das Unternehmen am Wochenende versendete. Details sind zwar noch nicht bekannt, es zeichnet sich aber ab, dass dadurch vor allem für die Gruppe der kreditgenossenschaftlichen Eigentümer die Zusatzkosten zur Firmenrettung nochmals deutlich steigen werden.
Zeichnungsgarantien
Zuvor berichtete die Börsen-Zeitung, dass auf die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken weitere Mehraufwendungen hinzukommen dürften, wenn eine Kapitalerhöhung notwendig wird. Über ihr Vehikel Bayerische Raiffeisen Beteiligungs-AG halten die genossenschaftlichen Primärbanken im Freistaat 33,8% an der Baywa. Damit sind sie größter Einzelaktionär. Da der Finanzverbund zuvor mehrfach öffentlich eine uneingeschränkte Solidaritätshilfe für die ebenfalls zur Genossenschaftsgruppe gehörende Baywa (Warengenossenschaften) abgab, wird er auch im Rahmen einer Kapitalerhöhung Zeichnungsgarantien abgeben, um die Maßnahme über die Bühne zu bringen. Das impliziert, dass die Kreditgenossen in dem Fall ihren Anteil an der Baywa erhöhen dürften.
Bereits 1 Mrd. Euro ausgegeben
Aufgrund des wachsenden Mittelbedarfs des angeschlagenen Baywa-Konglomerats könnte eine Kapitalerhöhung mindestens 1 Mrd. Euro umfassen. Das heißt, die Volks- und Raiffeisenbanken wären abermals gefordert, die Baywa finanziell zu stützen. Bislang führten die Haupteigentümer und die Gläubigerbanken dem Konzern in zwei Tranchen insgesamt 1 Mrd. Euro zu. Das war Mitte August und Ende September der Fall.
„Transformationsphase“
Infolge der hohen Quartalsverluste seit Mitte 2023 schmilzt das Eigenkapital des Konzerns wie Schnee in der Sonne. Sollten die Ergebnisse im laufenden Dreimonatsabschnitt und in der ersten Jahreshälfte 2025 ebenfalls tiefrot sein, so wäre die Kapitalsubstand des Unternehmens Mitte kommenden Jahres aufgebraucht. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf, um das operative Geschäft des Konzerns aufrecht zu halten und gleichzeitig die Finanzverbindlichkeiten zu reduzieren. Dazu soll die Kapitalerhöhung den Angaben zufolge dienen. Die „Transformationsphase“ soll laut Gutachten Ende 2027 weitgehend abgeschlossen sein.
Die Anleger reagierten erleichtert auf die Aussicht weiterer Finanzmittel für Baywa. Zum Wochenauftakt notierte die vinkulierte Namensaktie im frühen Handel der Plattform Tradegate 8,4% auf 10,24 Euro fester. Nach dem Kurssturz der vergangenen Monate bringt die Baywa am Markt nur noch 370 Mill. Euro auf die Waage.
Eigenkapitalquote schrumpft auf 8,5 Prozent
In den ersten neun Monaten dieses Jahres verbuchte Baywa einen Fehlbetrag von 641 Mill. Euro. Das entsprach nahezu dem Siebenfachen des Konzernnettoverlusts des gesamten Vorjahres (93 Mill. Euro). Ende September betrug der Anteil des Eigenkapitals an der Konzernbilanzsumme nur noch 8,5%. Das ist der niedrigste Wert seit dem Börsengang der Firma im Jahr 2004. Zum Vergleich: Zum Jahresultimo 2023 betrug die Quote noch 13,7%. Nach neun Monaten schrumpfte das Eigenkapital um rund 700 Mill. auf 1 Mrd. Euro (Stand Ende September).
Die Baywa-Führung setzte sich einst eine Eigenkapitalquote von mindestens 20% zum Ziel. Seit den zunehmenden finanziellen Schwierigkeiten im Frühjahr entfernt sich das Unternehmen immer weiter von dieser Vorgabe. Am 12. Juli dieses Jahres erklärte sich der hochverschuldete Konzern selbst zum Sanierungsfall. Baywa sitzt auf einem Schuldenberg von 11 Mrd. Euro. Rund die Hälfte davon entfallen auf Finanzverbindlichkeiten. Auf Druck der Gläubigerbanken und der Kreditgenossen beauftragte die Konzernführung im Sommer die Unternehmensberatung Roland Berger mit einem Sanierungsgutachten. Zu den größten kreditgebenden Instituten gehören die genossenschaftliche DZ Bank, die Stuttgarter Landesbank LBBW und die Unicredit-Tochter HypoVereinsbank.
Restrukturierungsmanager leitet faktisch Konzern
Die Gläubiger installierten im Juli den Sanierungsexperten Michael Baur als Restrukturierungskoordinator für die Baywa. Seit Anfang November gehört die Führungskraft von Alix Partners offiziell dem Baywa-Vorstand an. In seiner herausgehobenen Position führt Baur faktisch das Unternehmen.
Die Baywa sah sich zur jüngsten Ad-hoc-Meldung veranlasst, nachdem Roland Berger in einem zweiten Gutachtenentwurf den Angaben zufolge die Fähigkeit des Unternehmens zum Umbau und zum Neuanfang abermals bestätigte. Dies geschah das erste Mal Ende September. Bis Jahresende soll das Gutachten endgültig fertiggestellt sein. Der Öffentlichkeit liegt der nachgebesserte Entwurf bisher nicht vor, nur den verantwortlichen Gremien der Baywa und den wesentlichen Gläubigern. Der Entwurf bildet die Entscheidungsgrundlage für die Gläubigerbanken und die Kreditgenossen, wie in der Causa weiter verfahren wird.
Zerschlagung im Visier
Im Kern sieht Roland Berger vor, die Baywa in ihren Kerngeschäftsfeldern zu erhalten, allerdings in einer sehr abgespeckten Form. Eine Zerschlagung des Konglomerats steht an. Dabei dürfte Baywa viele Stellen streichen. Große Teile der Auslandsaktivitäten stehen zur Disposition, darunter vor allem die ebenfalls in Schieflage geratene Solar- und Windkraftanlagenprojekttochter Baywa r.e. Das trägt dazu bei, die Bilanzsumme deutlich zu drücken.
Die Baywa geriet in eine Existenzkrise, da bei gestiegenen Marktzinsen und zugleich expansionsbedingt hohen Finanzschulden die Zinstilgungsaufwendungen dem Unternehmen über den Kopf wuchsen. Seit Mitte 2023 weist der Konzern ein tiefrotes Finanzergebnis aus. Dem Vorstand und dem Aufsichtsrat gelang es nicht mehr rechtzeitig gegenzusteuern, um den Konzern aus eigener Kraft auf der selbstverschuldeten Misere zu führen.
Die Rettung des Agrarhändlers Baywa wird vor allem für die Kreditgenossen immer teurer. In ihrem Sanierungsgutachten gehen die Unternehmensberater von Roland Berger 2025 von einer Kapitalerhöhung aus. Aufgrund der hohen Verluste zeichnet sich ab, dass die Kapitalbasis in absehbarer Zeit aufgezehrt ist.