Siemens Energy

Scharfe Rüge für Tochter Gamesa

Der Siemens-Energy-Chef übt Kritik an der Geschwindigkeit der Onshore-Sanierung bei Siemens Gamesa. Außerdem verlangt er eine größere Transparenz der Projekte.

Scharfe Rüge für Tochter Gamesa

mic München

Siemens Energy ist mit der Windkrafttochter Siemens Gamesa extrem unzufrieden. Vorstandsvorsitzender Christian Bruch erhöht den Druck auf das neue Management, das in den vergangenen zwölf Monaten komplett ausgetauscht worden war. Es gehe zwar die Probleme an, aber: „Mir ist das ehrlicherweise nicht schnell und konsequent genug.“ Man wolle ein erfolgreiches Windgeschäft: „Das ist ein Schlüssel in der zukünftigen Strategie der Siemens Energy.“

Niedrigere Prognose

Siemens Gamesa hatte Mitte Juli die Prognose für das laufende Geschäftsjahr gesenkt und auch die Mutter, die 67% an Gamesa hält, zum Einstampfen ihres Gewinnziels gezwungen. Gamesa-Vorstandschef Andreas Nauen hatte die Korrektur mit steigenden Rohstoffpreisen und hausgemachten Problemen in Brasilien beim Anlauf einer Generation landgestützter Windräder begründet (vgl. BZ vom 16. Juli). Das spanisch-deutsche Unternehmen schreibt wegen der Schwierigkeiten in der Onshore-Sparte in den ersten neun Monaten rote Zahlen (siehe Grafik).

Am Mittwoch nannte Bruch ein neues Ziel für die angepasste Ebita-Marge vor Sondereffekten von Siemens Energy im laufenden Ge­schäftsjahr. Er gehe davon aus, dass eine Marge im Bereich von 2 bis unter 3% erreicht werde. Das vorherige Ziel von 3% bis 5% war schon im Juli gestrichen worden. Nach neun Monaten beträgt die Marge 3,5%. Daraus folgt, dass Siemens Gamesa im vierten Quartal einen spürbaren Verlust erleiden wird und so die Siemens-Energy-Marge von 3,5% Ende Juni auf unter 3% Ende September drückt.

Diese Erwartung findet sich auch in der Siemens-Gamesa-Prognose wieder: Der dortige Vorstand rechnet nun mit einer Ebit-Marge vor Sondereffekten und Restrukturierungskosten im Geschäftsjahr von –1 bis 0%. Nach neun Monaten sind es noch 1,1%.

Finanzvorständin Maria Ferraro erklärte, der Nettogewinn von Siemens Energy im Geschäftsjahr 2020/2021 werde negativ sein. Der Verlust nach neun Monaten addiert sich auf 177 Mill. Euro (siehe Tabelle). Die Prognose eines Umsatzwachstums von 3 bis 8% bleibt gültig. Bruch sagte, man sehe erste Erholungen aus der Covid-Zeit heraus.

Aktienkurs sinkt

Der Aktienkurs von Siemens Energy sank am Mittwoch bis zum Schluss des Xetra-Handels um 2,8% auf 22,92 Euro. Damit rangierte das Papier am Ende aller Dax-30-Werte. Der erste Kurs von Siemens Energy war am 28. September 2020 mit 22,01 Euro festgestellt worden.

Die Vorstände bestätigten im Gespräch mit Analysten die Mittelfristziele des Konzerns. Es wird eine Ebita-Marge vor Sondereffekten von mindestens 8% angepeilt. Offenbar traut das Management der Sparte für konventionelle Energieerzeugung (Gas & Power) zu, den verzögerten Onshore-Turnaround von Siemens Gamesa auszugleichen. Bruch betonte, dass Siemens Energy mit den Ergebnissen bei Gas & Power voll auf Kurs liege. Die Sparte lieferte in den ersten neun Monaten eine Ebita-Marge vor Sondereffekten von 5,3% und liegt damit am oberen Rand des Geschäftsjahresziels von 3,5 bis 5,5%.

Bruch lobte in einer Telefonkonferenz mit Journalisten Siemens Gamesa für die „tolle Performance bei Offshore und Service“. Zugleich rügte er das dortige Management scharf für den „herben Rückschlag“ im Onshore-Bereich. Man habe „natürlich erwartet, dass da die Probleme deutlich schneller in den Griff kommen“, sagte Bruch: „Ich bin nicht zufrieden mit der Transparenz und Vorhersagbarkeit der Projektergebnisse.“ Mit Blick auf das Management fügte er hinzu: „Da heißt es: in die Details reingehen, im Maschinenraum sein.“

Bruch äußerte sich zurückhaltend zu der Frage, ob die Generation neuer Windkraftturbinen (5.X) künftig auch zu Belastungen außerhalb Brasiliens führten könnte: „Wir schließen im Moment gar nichts aus.“ Einen Abschied aus dem Onshore-Geschäft strebt er aber als Mehrheitsaktionär nicht an. Eine Windfirma mit Aktivitäten in On- und Offshore halte er immer noch für die richtige Strategie, sagte Bruch: „Insofern sehe ich dort keine Veränderung des grundsätzlichen Portfolios nach vorne hin.“ Er verwies darauf, dass das wachsende und profitable Service­geschäft mehrheitlich aus dem On­shore-Bereich komme. Dies müsse man auch berücksichtigen. Er erklärte zugleich, man werde die Synergieeffekte zwischen Onshore und Offshore besser nutzen müssen.

Bruch erklärte, die steigenden Rohstoffpreise seien eine Herausforderung für alle erneuerbaren Energien. Kritisch äußerte er sich zu der Forderung der Staaten nach Lokalisierung der Produktion – ein wichtiger Faktor für die Sonderkosten von Gamesa in Brasilien. Lokalisierung sei ein Spezifikum der Industrie, sagte Bruch in Richtung der politischen Entscheidungsträger. Es funktioniere nicht, wenn jeder Markt, der mit 500 MW komme, sage, er brauche eine eigene Fabrik.

Wertberichtigt Seite 6

Siemens Energy
Konzernzahlen nach IFRS
9 Monate1   
in Mrd. Euro2020/212019/20
Auftragseingang23 90127 014
Umsatz20 28619 828
Angepasstes Ebita vor Sondereffekten708–87
Sondereffekte–392–1124
Angepasstes Ebita316–1211
Angep. Ebita-Marge (%)1,6 –6,1
Ertragsteuern151–203
Nettoergebnis­­–177–1469
Ergebnis je Aktie2 (Euro)­–0,20–1,70
Beschäftigtenzahl391 00093 000
Free Cash-flow6518
1) Geschäftsjahr endet am 30. September; 2) unver-wässert; 3) zum 31. Dezember Börsen-Zeitung
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