Insolvenzverfahren

Schweizer Autoneum greift sich Geschäft von Borgers

Die Schweizer Autoneum will das Automotive-Geschäft von Borgers aus der Insolvenz heraus übernehmen. Damit steht die lange Restrukturierungshistorie des Zulieferers vor einem Abschluss.

Schweizer Autoneum greift sich Geschäft von Borgers

sar Frankfurt

Eines der nach Umsatz größten Insolvenzverfahren des Jahres 2022 steht vor dem Abschluss: Das Schweizer Unternehmen Autoneum will die Vermögenswerte der Borgers-Gesellschaften in Deutschland sowie die Anteile an den Töchtern in Frankreich, Polen, Schweden, Spanien, Tschechien, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten zu einem bezahlten Unternehmenswert von 117 Mill. Euro übernehmen. Die Gläubigerausschüsse haben dem Kaufvertrag zugestimmt, die kartellrechtliche Freigabe wird für April erwartet.

Der Autozulieferer Borgers mit weltweit 4.500 Beschäftigten hatte nach einer mehrjährigen Restrukturierungshistorie im Oktober 2022 Insolvenzantrag für die Gesellschaften in Deutschland gestellt, zum Jahreswechsel wurde das Verfahren eröffnet. Insolvenzverwalter Frank Kebekus hatte laut lokalen Medien bereits im Dezember von „Endverhandlungen“ mit einem potenziellen Investor gesprochen.

Kebekus nannte die Transaktion eine „wirtschaftlich vernünftige Lösung“, die der Gruppe als Ganzes eine nachhaltige Perspektive eröffne. Die Einigung auf den Deal gelang innerhalb von drei Monaten während des vorläufigen Verfahrens. Diese Frist kann entscheidend sein, da in den meisten Fällen während eines dreimonatigen Zeitraums die Löhne und Gehälter der Beschäftigten über eine Vorfinanzierung des Insolvenzgelds abgesichert sind. Läuft dies aus, steigt die finanzielle Belastung für das kriselnde Unternehmen massiv.

Käufer Autoneum ist auf Akustik- und Wärmemanagement für Fahrzeuge spezialisiert und betreibt weltweit 53 Produktionsstätten mit mehr als 11.700 Beschäftigten. Den Zukauf finanziert Autoneum über einen Brückenkredit, der über eine Kapitalerhöhung von rund 100 Mill. sfr abgelöst werden soll. Die beiden Autoneum-Großaktionäre Artemis Beteiligungen I und PCS Holding haben dem Unternehmen zufolge zugesagt, diese entsprechend ihrer aktuellen Beteiligungen zu zeichnen.

Mit den Borgers-Kunden hat Autoneum nach eigenen Angaben „neue Preisstellungen und Lieferbedingungen vereinbart“. Diese stellten kurz- und langfristig eine „nachhaltige Profitabilität und die Weiterentwicklung von Produkt- und Prozesstechnologien sicher“. Borgers soll in die bestehende globale Produktentwicklungs- und Kundenstrategie des Käufers integriert werden.

Für Borgers endet mit der Transaktion eine mehrjährige Sanierung. 2018 kam mit Ralf Schmitz für mehrere Jahre ein Chief Re­structuring Officer an Bord. Im Sommer 2021 ordnete der Konzern noch einmal seine Finanzierung neu, zu der neben Altkrediten ein durch eine Bund-Länder-Bürgschaft besichertes Corona-Darlehen zählte. Im vergangenen August verkaufte die Borgers-Gruppe dann ihre Sparte für Maschinen- und Werkzeugbau an die Matthews International Corporation.

Ohne die Maschinenbausparte erzielte Borgers nach eigenen Angaben im Geschäftsjahr 2022 nach vorläufigen Berechnungen einen Jahresumsatz von voraussichtlich rund 710 Mill. Euro.