Autoindustrie

Sonderkosten drücken Gewinn von VW

VW kappt das Jahresziel bei den Fahrzeugauslieferungen, hält aber an den Vorgaben für Umsatz und operative Marge fest. Der Gewinn im dritten Quartal ist wegen hoher Sonderkosten deutlich gesunken.

Sonderkosten drücken Gewinn von VW

ste Hamburg

Volkswagen hat wegen hoher Sonderkosten im dritten Quartal einen Gewinnrückgang um 26,5% auf 2,1 Mrd. Euro verbucht. Wie das Wolfsburger Mehrmarkenunternehmen mitteilte, wurde das operative Ergebnis durch Einmalaufwendungen von 1,6 Mrd. Euro infolge einer Neubewertung des ausgesetzten Russlandsgeschäfts so­wie im Zusammenhang mit dem Börsengang der Sportwagentochter Porsche belastet. Zudem drückte eine Abschreibung von 1,9 Mrd. Euro auf die Beteiligung an dem Softwareentwickler Argo AI das Finanzergebnis. Europas größter Fahrzeugbauer hatte am Mittwochabend wie der ebenfalls mit 40% beteiligte Kooperationspartner Fordseinen Ausstieg aus dem vor drei Jahren initiierten Gemeinschaftsprojekt zur Entwicklung von Technologien für das autonome Fahren verkündet. Der US-Autobauer hatte eine Abschreibung von 2,7 Mrd. Dollar und einen Quartalsverlust von 827 Mill. Dollar verbucht.

Der VW-Konzern, der bei der Entwicklung von Technologien für das autonome Fahren mit Bosch und in China mit Horizon Robotics sowie beim automatisierten Fahren der Stufen 2+ und 3 mit einem weiteren Partner zusammenarbeiten will, fuhr trotz der Einmalaufwendungen im dritten Quartal mit 6 (i.V. 4,9)% aber eine höhere operative Umsatzrendite vor Sondereinflüssen ein als vor Jahresfrist. Die Auslieferungen legten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, der stark von Lieferengpässen beeinflusst war, um fast 11% auf 2,18 Millionen Fahrzeuge zu. Impulse für die Erholung lieferte vor allem der größte Einzelmarkt China, wo sich die Auslieferungen im dritten Quartal um 27% erhöhten.

Allerdings steht nach den ersten neun Monaten bei den Fahrzeugauslieferungen noch ein Rückgang von 12,9% auf rund 6,1 Millionen Fahrzeuge zu Buche. Der VW-Konzern rechnet im vierten Quartal inzwischen damit, bei den Auslieferungen 2022 allenfalls das Vorjahresniveau (von 8,88 Millionen Fahrzeugen) erreichen zu können. Bislang war eine Steigerung um 5 bis 10% in Aussicht gestellt worden.

Die Niedersachsen verweisen auf Störungen in der Logistik. Mit Blick auf die globalen Lieferketten und die Teileversorgung werde das vierte Quartal besonders herausfordernd, hieß es etwa bei der Marke Volkswagen Pkw, die in den ersten neun Monaten trotz eines Rückgangs der Auslieferungen um 12,1% auf 3,34 Millionen Fahrzeuge ein Umsatzplus von 6,1% auf 52 Mrd. Euro sowie ein auf 2,5 (i.V. 1,2) Mrd. Euro verdoppeltes operatives Ergebnis erreichte. Audi teilte mit Verweis auf die Folgen der schwierigen Versorgungslage mit, dass die Markengruppe Premium 2022 noch mit Auslieferungen zwischen 1,65 und 1,75 Millionen Fahrzeugen anstatt 1,98 bis 1,9 Millionen sowie mit einer um 2 Mrd. Euro niedrigeren Umsatzspanne von 60 bis 63 Mrd. Euro rechne.

Gleichwohl tragen weiterhin vor allem die Markengruppe Premium, zu der neben Audi Bentley, Lamborghini und Ducati gehören, sowie die Markengruppe Sport & Luxury (Porsche) mit ihrer Ertragskraft und in den ersten neun Monaten erreichten operativen Margen von 14,1 (9,9)% bzw. 19,4 (16,0)% wie auch die Finanzsparte VW Finanzdienstleistungen das Konzernergebnis. Da Autos zu höheren Preisen verkauft werden können, legen Umsatzerlöse und operativer Gewinn trotz ge­ringerer Absatzzahlen zu. Der Konzern profitiert wie andere von einer guten Auftragslage. Allerdings droht vor dem Hintergrund von Inflation und Konjunkturflaute eine Abschwächung. Arno Antlitz, Fi­nanzchef und Chief Operating Officer von Volkswagen, zeigte sich in einer Analystenkonferenz am Freitag gelassen. Zwar verschlechtere sich der wirtschaftliche Ausblick und die Engpässe bei Halbleitern seien noch nicht überwunden. Für 2023 sei aber mit einem Automarkt zu rechnen, der wachse, wenn auch nicht zweistellig.

Gleichwohl hat sich der Konzern in Anbetracht der Veränderungen in der Weltwirtschaft seit Beginn des Ukraine-Kriegs entschlossen, die üblicherweise im Herbst stattfindende Planungsrunde zu verschieben, in der über Investitionen im nächsten Fünfjahreszeitraum entschieden wird. Im vergangenen Dezember waren Gesamtinvestitionen von 159 Mrd. Euro angekündigt worden, davon 89 Mrd. Euro für Zukunftstechnologien. Die Pläne sollen nun im März zur Jahresbilanzvorlage oder kurz darauf vorgestellt werden. Im zweiten Quartal 2023 plant VW einen Kapitalmarkttag, bei dem auch Ergebnisse virtueller Börsengänge der einzelnen Marken präsentiert werden sollen. Der neue VW-Konzernchef Oliver Blume sieht den Börsengang des von ihm ebenfalls geführten Sportwagenbauers Porsche als Vorbild an, um den Börsenwert des Konzerns insgesamt zu steigern. Ob und welche Marken tatsächlich an die Börse kommen könnten, ist nicht entschieden.

Die VW-Vorzugsaktie, die seit Ende 2021 fast 30% ihres Werts verloren hat, startete am Freitag 2,4% unterhalb des Schlusskurses des Vortags und gab in der Spitze um 4,1% auf 125,40 Euro nach.

Volkswagen
Konzernzahlen nach IFRS
9 Monate
in Mill. Euro20222021
Umsatz202997186599
Operatives Ergebnis vor Sondereinflüssen1745714157
Sondereinflüsse−360−203
Operatives Ergebnis1709713953
Ergebnis vor Steuern1697014232
Ergebnis nach Steuern1277111357
F&E-Quote (%)* 8,27,5
Operativer Cashflow *2225622703
Sachinvest.-Quote (%) *4,33,9
Netto-Cashflow55767220
Nettoliquidität3155325642
Beschäftigtenzahl (Tsd.)674,9672,8
*) Konzernbereich AutomobileBörsen-Zeitung
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