Thyssenkrupp setzt auf Spin-off für Marine Systems
Thyssenkrupp setzt auf Spin-off für Marine Systems
Rüstungsaufträge bestimmen Quartalsbilanz – Stahlsparte steigert Ergebnis – Auftragsflaute bei Nucera
ab Köln
Trotz zahlreicher Interessensbekundungen setzt Thyssenkrupp bei der Verselbständigung der Marinesparte auf eine Abspaltung. „Unser Pfad ist jetzt ein Spin-off“, sagte Finanzchef Jens Schulte bei der Präsentation der Quartalszahlen und erteilte einem Dual-Track-Prozess eine klare Absage. Im Wege des Spin-off wolle sich der Konzern zunächst von einem Minderheitsanteil trennen. In den Gesprächen mit Carlyle im vorigen Jahr, die sich im Oktober endgültig zerschlugen, war es für Thyssenkrupp noch um den Rückzug auf eine Minderheit gegangen.
Der Sinneswandel ist angesichts der jüngsten Entwicklung der Schiffssparte nachvollziehbar. Denn einzig den Großaufträgen, die Marine Systems an Land zog, war es zu verdanken, dass sich der Auftragseingang des Konzerns im ersten Quartal um 4,5 Mrd. Euro auf 12,5 Mrd. erhöhte. Mit Ausnahme des Werkstoffhandels ging der Auftragseingang in den übrigen Segmenten zurück. Hintergrund ist die lahmende Wirtschaft in den Kernbranchen Auto, Bau und Maschinenbau.
Cashflow-Lieferant
Doch Marine Systems sind noch weitere positive Seiten abzugewinnen: So spülten Anzahlungen für erweiterte U-Boot-Aufträge 1 Mrd. Euro in die Konzernkasse. Das reichte zwar nicht, um den Cashflow in positives Terrain zu hieven, doch fiel der freie Cashflow vor M&A mit -21 Mill. Euro deutlich besser als im Vorjahr. Damals waren über 500 Mill. Euro abflossen.
Vor diesem Hintergrund setzt Thyssenkrupp auch die Cashflow-Prognose für das bis September laufende Geschäftsjahr hoch: Statt eines bislang erwarteten Mittelabflusses vor M&A wird nun mit einem freien Cashflow zischen 0 und 300 Mill. Euro kalkuliert. Aus M&A werden zudem gut 400 Mill. Euro aus dem Verkauf des Elektrobandgeschäfts in Indien dazukommen. Die im Januar abgeschlossene Transaktion wird sich im Ergebnis des zweiten Quartals positiv niederschlagen.
Sondereffekte
Unter dem Strich stand gleichwohl ein Verlust, auch wenn dieser mit 33 (i.V. –305) Mill. Euro deutlich geringer ausfiel als im Vorjahr. Im Gesamtjahr strebt Thyssenkrupp ein bereinigtes Ebit von 600 Mill. bis 1 Mrd. Euro sowie einen Jahresüberschuss von 100 bis 500 Mill. Euro an. Einzig beim Umsatz dreht Thyssenkrupp nach Ablauf des ersten Quartals bei: Hier wird neuerdings mit einem Rückgang um bis zu 3% gerechnet und bestenfalls mit Stagnation.
Schon im Auftaktquartal baute Thyssenkrupp das bereinigte operative Ergebnis auf 191 (84) Mill. Euro aus. Dazu trug vor allem die Stahlsparte bei, die 168 (69) Mill. Euro in das bereinigte Konzern-Ebit einsteuerte – trotz geringeren Umsatz- und Versandniveaus. Zu tragen kamen in der Sparte auch zwei Sondereffekte, die sich weitgehend aufwogen. Erträgen aus der Bewertung von CO2-Termingeschäften standen erneut Wertkorrekturen auf Sachanlagen von 108 Mill. Euro gegenüber.
Zähe Verhandlungen
Zum weiteren Fortgang im Zuge der beabsichtigten Verselbständigung des Segments gab es keine Neuigkeiten. Derzeit verhandelt das Management mit den Arbeitnehmervertretern über die Ausgestaltung des Eckpunkteplans. „Die Parteien entscheiden, wann sie in offizielle Verhandlungen eintreten“, sagte Schulte. Das Ergebnis der Verhandlungen sei „der Dreh- und Angelpunkt“ für alles Weitere. Die IG Metall macht Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen zur Bedingung.
Erst wenn ein Verhandlungsergebnis vorliege, könne der Business Plan geschrieben werden. Dieser sei nicht nur die Basis für das anzufertigende Sanierungsgutachten, sondern auch für weitere Gespräche mit Daniel Křetínský. Der tschechische Investor war im vorigen Jahr zunächst mit 20% bei Thyssenkrupp Steel eingestiegen. Nach den Vorstellungen von Thyssenkrupp soll am Ende ein Gemeinschaftsunternehmen stehen, an dem die Partner jeweils hälftig beteiligt sind.
Bei den Investoren fielen die Nachrichten auf fruchtbaren Boden, der MDax-Wert legte in der Spitze zweistellig zu. Ganz anders die Aktie der Wasserstofftochter Nucera. Sie brach in der Spitze um fast 8% ein. Zwar hat Nucera Umsatz und Ergebnis im Auftaktquartal verbessert, doch der Auftragseingang schrumpfte um 46%. Das lag am Geschäft mit der Wasserelektrolyse. Hier brach der Auftragseingang auf 5 (109) Mill. Euro ein. Dennoch rechnet CEO Werner Ponikwar in der zweiten Jahreshälfte wieder mit Großaufträgen.