TIM-Beteiligung belastet Vivendi
bl/ wü Mailand/ Paris
Wie geht es weiter mit Lagardère und dem Festnetzgeschäft von Telecom Italia (TIM), fragen sich Investoren nach der Bilanzvorlage von Vivendi. Der Medienkonzern ist Großaktionär von beiden Unternehmen. Wegen der Dekonsolidierung des italienischen Telekomriesen ist er 2022 in die roten Zahlen gerutscht. Gleichzeitig sorgt die geplante Übernahme von Lagardère in Brüssel wegen des dafür angebotenen Verkaufs der Verlagstochter Editis für Bedenken.
Vivendi hat nun angekündigt, Brüssel bis Mitte des Monats neue Vorschläge unterbreiten zu wollen. „Wir werden unseren konstruktiven Dialog mit der Europäischen Kommission mit Perspektive auf die Zustimmung zu unserem Fusionsprojekt mit Lagardère in den kommenden Monaten fortsetzen“, erklärte Vivendi-Chef Arnaud de Puyfontaine. Man werde weiter mit potenziellen Käufern von Editis verhandeln.
Vivendi sei pragmatisch und habe Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager letzte Woche getroffen, sagte Aufsichtsratschef Yannick Bolloré. Man sei sich einig über das Mittel, um die Bedenken Brüssels wegen der Übernahme aus dem Weg zu räumen, nämlich den Verkauf von Editis. Damit gibt Vivendi Hachette den Vorzug. Der Verlag von Lagardère ist in Frankreich die Nummer eins und weltweit die Nummer drei, während die Vivendi-Verlagstochter Editis die französische Nummer zwei ist.
Vivendi hatte den Verkauf von Editis bereits im Sommer angekündigt und dafür eine relativ komplexe Operation ersonnen, bei der das Kapital an die Aktionäre verteilt und an die Börse gebracht werden soll, wobei ein Block von 32 % bis 37 % für einen neuen Hauptaktionär vorgesehen sein sollte. Investor Daniel Kretinsky, Fernsehproduzent Stéphane Courbit und Smartbox-Gründer Pierre-Edouard Stérin haben Interesse bekundet. Die EU-Kommission ziehe jedoch den Verkauf von Editis im Ganzen an einen Investor aus der Branche vor, damit der Verlag besser mit Hachette konkurrieren könne, heißt es in Paris.
Vivendi hat bei der Vorstellung der Bilanz auch die beiden Angebote für das Festnetzgeschäft von TIM zurückgewiesen. Das erschwert die Suche nach einer Lösung für den Telekomkonzern. Vivendi-Chef de Puyfontaine bezeichnete die Angebote von KKR sowie der mit Macquarie verbündeten Staatsbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) als „weit unter dem realen Wert“. Beide sollen je 18 bis 20 Mrd. Euro geboten haben; Vivendi schätzt den Wert aber auf 31 Mrd. Euro. De Puyfontaine, der kürzlich sein TIM-Verwaltungsratsmandat niedergelegt hat, zeigte sich offen für eine Lösung, die aber für alle Aktionäre wertschöpfend sein müsse. Erschwert wird eine Einigung durch den italienischen Staat, der Übernahmen durch ein Veto blockieren kann. Außerdem gibt es womöglich kartellrechtliche Probleme. Der TIM-Verwaltungsrat hat von den beiden Bewerbern zusätzliche Informationen verlangt.
Vivendi hält knapp 24 % an TIM. Auf Bitte der Wirtschaftsprüfer hat der Konzern die Beteiligung nicht mehr nach Equity-Methode in seinen Konten konsolidiert. Vor allem deshalb hat Vivendi 2022 einen Nettoverlust von rund 1 Mrd. Euro ausgewiesen. Das bereinigte Nettoergebnis ohne TIM belief sich auf 677 Mill. Euro. Der Umsatz verbesserte sich um 10 % auf 9,6 Mrd. Euro.