Trotz Deglobalisierungstendenzen geben internationale Deals 2024 den Ton an
Corporate Finance Award 2024
Trotz Deglobalisierung – internationale Deals geben den Ton an
Mit der Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump ist die Angst vor neuen Handelsbarrieren und einer weiteren Deglobalisierung in die Wirtschaft zurückgekehrt. Erste grenzüberschreitende Deals hat die US-Administration bereits gestoppt. Im vergangenen Jahr haben indes noch viele internationale Deals das M&A-Geschehen geprägt und das spiegeln auch die Preisträger der bereits zum 15. Mal verliehenen Corporate Finance Awards der Börsen-Zeitung wider. Fast alle Transaktionen weisen entweder eine grenzüberschreitende Komponente auf oder zielen zumindest auf internationales Wachstum. Kein Wunder, bei einem Binnenmarkt der zuletzt zwei Jahre in Folge stagniert war.
Schaeffler investiert in der Krise
In der Hauptkategorie M&A ist es indes ein auf den ersten Blick rein deutscher Deal, der sich bei der Jury durchgesetzt hat. Die Übernahme von Vitesco Technologies durch Schaeffler mag auf den ersten Blick vielleicht nicht als voller Erfolg erscheinen. Schließlich müssen massiv Stellen abgebaut werden und die elektrifizierte Antriebstechnologie von Vitesco, die das Angebot von Schaeffler abrunden soll, mag derzeit aufgrund einer langsameren Adaption der Technologie in Europa nicht ganz so gefragt sein, wie sich das Schaeffler vielleicht vorgestellt hatte. Doch gerade der Mut, in einem für die gesamte Branche extrem herausfordernden Umfeld strategische Weichen zu stellen, ist von der Jury gewürdigt worden. Denn während die Elektrifizierung der Branche in Europa und den USA länger braucht als ursprünglich gedacht, schreitet sie im weltgrößten Automarkt China rasant voran. Hier hat Vitesco zuletzt das Engagement und den Umsatz kräftig gesteigert. Insofern hat auch diese „deutsche“ Transaktion eine internationale Perspektive.
Adnoc zeigt Fingerspitzengefühl
In der Kategorie Large Caps hat sich derweil ein wirklich internationaler Deal durchgesetzt. Die knapp 12 Mrd. Euro schwere Übernahme des Chemiekonzerns Covestro durch die Investmentgesellschaft Adnoc International brauchte vor allem politisches Fingerspitzengefühl. Zwar sind Investoren von der arabischen Halbinsel hierzulande schon länger willkommen, wie auch die jüngste Beteiligung von Saudi-Arabien an TK Elevators gezeigt hat. Komplette Übernahmen sind aber dennoch eine Seltenheit, insbesondere im Dax. Die Jury hat damit auch die Hartnäckigkeit und den umfassenden Vertrauensaufbau gewürdigt, die am Ende den Deal erfolgreich zum Abschluss gebracht haben.
Eine in mehrfacher Hinsicht grenzüberschreitende Zusammenarbeit gab es in der Kategorie Mid/Small Caps. Der deutsche Familienkonzern Viessmann Group und der amerikanische Finanzinvestor KKR haben gemeinsam den Solar- und Windparkbetreiber Encavis im größten Delisting in Deutschland 2024 von der Börse genommen. Eine Kooperation von Family Office und Private Equity, in diesem Fall als Investition in nachhaltige Transformation, ist noch immer nicht allzu häufig. Allerdings dürfte das Risk-Sharing von Familien und Finanzinvestoren mit der erwarteten Zunahme kleinerer Family Offices an Bedeutung gewinnen.
Renk mit Erfolg auf den 2. Blick
Eine Branche, die bereits in den vergangenen beiden Jahren an Bedeutung gewonnen hat, ist die Rüstungsindustrie. Mit den Kriegen in der Ukraine und in Gaza ist die Fragilität des Friedens wieder stärker in den Blickpunkt gerückt – gerade auch in Europa. Damit waren die Voraussetzungen für ein erfolgreiches IPOI von Renk eigentlich gegeben. Doch beim Going Public des Panzergetriebeherstellers Renk lief es dann doch nicht wie geölt. Nach kräftigem Kursplus zum Start, der vom Finanzinvestor Triton als Privatplatzierung durchgezogen wurde, ging es für die Aktie erst einmal nach unten. Auch weil Triton als Großaktionär weitere Aktien abgeben wollte. Doch der Erfolg einer Börsenstory zeigt sich eben nicht kurz nach der Erstnotiz sondern auf der Strecke. Das zu einer Marktkapitalisierung von 1,5 Mrd. Euro an die Börse gekommene Unternehmen bringt mittlerweile 3 Mrd. Euro auf die Waage.
Doppeltes Einhorn DeepL
Noch nicht börsennotiert, aber ebenfalls milliardenschwer ist der Gewinner in der Kategorie Digital. Das deutsche Übersetzungs-Start-up DeepL hat in der jüngsten Finanzierungsrunde mit einer Bewertung von 2 Mrd. Dollar aber quasi doppelten Einhornstatus erlangt. Das von CEO Jaroslaw Kutylowski 2016 gegründete Unternehmen ist aber als SE bereits eine Aktiengesellschaft und damit in Zukunft vielleicht auch ein IPO-Kandidat. In jedem Fall ist das Unternehmen international ausgerichtet. Nicht nur wegen der professionellen Übersetzungen in insgesamt 25 Sprachen. Der in Polen geborene Kutylowski hat überwiegend angelsächsische Investoren, und er verfügt über Niederlassungen in Berlin, Austin und Tokio.
Gewinner der Vorjahre:
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Source: PwC
Viel M&A-Aktivität gab es 2024 erneut bei Private Equity. Am Ende entschied sich die Jury für KPS Capital und deren Übernahme der Siemens-Elektromotorentochter Innomotics für 3,5 Mrd. Dollar. Die Abspaltung des Industriekonzerns galt als heiß umworben, so dass der US-Finanzinvestor einige Argumente ins Feld führen musste, um sich am Ende durchzusetzen. Es war der größter Private-Equity-Deal im Industriesektor in den vergangenen drei Jahren.
Die Corporate Finance Awards für die herausragenden Transaktionen 2024 werden im April in Kooperation mit PwC verliehen. Bei der Bewertung spielten Größe, Komplexität, Originalität und nachhaltige Bedeutung einer Transaktion eine Rolle. Zudem wird auch der dahinterstehende unternehmerische Ansatz gewürdigt. Die Gewinner in den sechs Kategorien IPO, M&A, Large Caps, Mid/Small Caps, Digital und Private Equity sind von einer hochkarätig besetzten und unabhängigen Jury unter Leitung von Chefredakteur Sebastian Schmid ausgewählt worden. Zur Jury gehören Joachim Englert, Partner, PwC Deutschland, Alexander Dibelius, Geschäftsführer der Private-Equity-Gesellschaft CVC, Daniela Favoccia, Partnerin bei der Kanzlei Hengeler Mueller, Martin Reitz, Geschäftsführer und Leiter Investment Banking Rothschild Deutschland, Christoph Schalast von der Kanzlei Schalast & Partner, Professor für M&A an der Frankfurt School of Finance & Management, und Vodafone-Finanzvorstand Luka Mucic. Die Börsen-Zeitung wird die Gewinner-Transaktionen im Rahmen einer Serie vorstellen. Zudem kommen die Preisträger im Podcast „Corporate Finance Award: Nachgefragt“ ungefiltert selbst zu Wort. Die Folgen der vergangenen Jahre mit Gewinnern wie Telekom-CEO Tim Höttges, Börsen-CEO Stephan Leitner oder Max Viessmann finden Sie unter https://finance-award.podigee.io/. Weitere Informationen zum Corporate Finance Award, vergangenen Siegern und eine Übersicht aller bis zur Award-Verleihung erscheinenden Serienbeiträge zu den siegreichen Transaktionen gibt es unter www.boersen-zeitung.de/finance-award.