Unangemessene Begünstigung der Familien Piëch und Porsche
Als langjähriger Privataktionär der Volkswagen AG bzw. Vertreter zahlreicher privater und institutioneller Aktionäre haben wir folgendes Anliegen:
Mit der am 5. September 2022 angekündigten „Intention to Float“ haben Vorstand und Aufsichtsrat der Volkswagen AG beschlossen, die Platzierung eines wesentlichen Vermögensteils des Volkswagen-Konzerns noch in diesem Jahr unter den üblichen Vorbehalten durchzuführen. Dabei würden die Familien Piëch und Porsche (die durch ihre Mehrheit der allein stimmberechtigten Stammaktien der Porsche Automobil Holding SE wiederum die Mehrheit der allein stimmberechtigten Stammaktien der Volkswagen AG besitzen) durch den Erwerb einer schachtelprivilegierten Beteiligung von 25% plus eine Aktie der Dr. Ing. h.c. F. Porsche Stammaktien aus dem Besitz der Volkswagen AG ihre schon bestehende Kontrollposition erheblich ausweiten.
Drei relevante Gründe
Der vom Vorstand und Aufsichtsrat von Volkswagen (und direkt sowie indirekt durch die Familien Piëch und Porsche getragene) ergangene Beschluss, dass die von der Porsche Automobil Holding SE hierfür zu zahlende Prämie nur 7,5% einmalig betragen soll, entspricht in keiner Weise dem angemessenen Preis für die mit einem Schachtelprivileg verbundene wesentliche Ausweitung der Kontrollposition bei der im VW-Konzern erfolgreichsten Konzerngesellschaft mit einem von Kapitalmarktexperten veranschlagten Börsenwert von 70 bis 75 Mrd. Euro.
Hierfür sind mindestens folgende Gründe relevant:
die seit langem bestehende Prämie von 30 bis 35% der VW-Stammaktien (derzeit rund 33%) gegenüber den stimmrechtslosen VW-Vorzugsaktien als Ausdruck des Werts der Stimmberechtigung im VW-Konzern
die für die Erlangung einer stimmberechtigten Schachtelprivilegsposition im Kapitalmarkt üblicherweise zu zahlende Prämie von mindestens 25% und oft bis zu 50%
Die hohen Verflechtungen zwischen den Familien Piëch/Porsche und VW-Konzern-Vorstands- und-Aufsichtsratsmitgliedern verbinden sich mit einem intensiven Eigeninteresse aller in den verschiedenen Funktionen agierenden Personen an der Verkaufstransaktion, die einen zumindest indirekten erheblichen Sondervorteil gemäß § 243 Abs.2 AktG darstellen dürfte.
Schon deswegen müsste durch die angekündigte außerordentliche Hauptversammlung nicht nur eine hohe Sonderdividende (die wiederum wesentlich den Familien über die Porsche Automobil Holding SE zugutekommt) beschlossen werden, sondern vorgängig eine außerordentliche Hauptversammlung zur Genehmigung der Verkaufstransaktion durch die nichtinteressenskonfliktbezogenen Minderheitsaktionäre der Volkswagen AG (also ohne die Stimmen der Porsche Automobil Holding SE, des Landes Niedersachsen und Katars) durchgeführt werden.
Die von Vorstand und Aufsichtsrat beschlossene Prämie von einmalig nur 7,5% gegenüber dem Platzierungspreis für die Vorzugsaktien ist aus den genannten Gründen in keiner Weise angemessen und würde bei Vollzug der Transaktion eine unvertretbare Privilegierung der Familien Piëch und Porsche darstellen, deren bereits bestehende Kontrollposition durch das mit weitgehenden Rechten (inklusive Vetorecht für Kapitalerhöhungen) ausgestattete Schachtelprivileg erheblich ausgeweitet würde. Der damit verbundene Verkauf eines erheblichen Teils des VW-Konzernvermögens zu einem erheblichen Minderpreis würde signifikant gegen das pflichtgemäß erforderliche Handeln von Vorstand und Aufsichtsrat (gemäß §§ 93 und 116 AktG)) verstoßen.
Vorstand und Aufsichtsrat sollten daher beim Vollzug der Transaktion davon ausgehen, dass Aktionäre der Volkswagen AG die ihnen zur Verfügung stehenden juristischen Schritte auch bei den anstehenden Hauptversammlungen (inklusiv einer Sonderprüfung gemäß § 142 AktG) ergreifen werden (§§ 147,148 AktG).
Wir wären den Verantwortlichen daher verbunden, wenn sie in ihren Gremien durch die für den endgültigen Platzierungspreis der Vorzugsaktien noch anstehenden Gremienbeschlüsse dafür sorgen würden, dass der Verkauf der Beteiligung von 25% plus eine Aktie der Stammaktien der Dr. Ing. h.c. F.Porsche AG an die Familien Piëch und Porsche nur mit einer angemessenen, interessenkonfliktfreien Gegenleistung, nämlich einer Prämie von mindestens 25% auf den noch festzulegenden Preis für die Vorzugsaktien der Dr. Ing. h.c. F.Porsche erfolgen dürfte.