Voestalpine sitzt auf voller Kriegskasse
ab Köln
Mit dem besten Ergebnis der Firmengeschichte im Rücken geht die österreichische Voestalpine in den vom Ukraine-Krieg beeinträchtigten neuen Turnus. Gerade finanziell sei der Stahlhersteller gerüstet, um den anstehenden Herausforderungen zu begegnen und den Wachstumskurs fortzusetzen, sagte Vorstandschef Herbert Eibensteiner in der Bilanzpressekonferenz. Dank hoher Nachfrage baute Voestalpine den Konzernumsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr um 37 % auf fast 15 Mrd. Euro aus. Das operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) wurde auf 2,3 Mrd. Euro verdoppelt. Im Überschuss von 1,3 Mrd. Euro ist auch der Buchgewinn aus dem Verkauf der US-Gesellschaft 257 Mill. Euro, die nun als nicht fortgeführtes Geschäft geführt wird, enthalten. Zugleich brachte der Stahlkonzern die Bilanz in den vergangenen drei Jahren in Ordnung, so dass nun auch wieder über Akquisitionen nachgedacht werden könne.
Die Überlegungen kreisen dabei um die Weiterverarbeitung, die heute schon mehr als die Hälfte des Geschäfts ausmache, sagte Eibensteiner. Die zur Verfügung stehende „Feuerkraft“ taxierte Finanzchef Robert Ottel auf 2 Mrd. Euro. Untermauert werden die Aussagen durch die Bilanzkennzahlen. So wurde die Nettoverschuldung im abgelaufenen Turnus auf 2,3 Mrd. zurückgeführt. Ebenso viel wie operativ verdient wurde. Zugleich durchbrach das Eigenkapital erstmals die Schallmauer von 7 Mrd. Euro.
Entsprechend verringerte sich das Gearing auf 32 (i.V. 49) %. Damit ist der Tiefpunkt jedoch noch nicht erreicht, wie Ottel ausführte. Mit dem Abschluss des Mehrheitsverkaufs von Voestalpine Texas an ArcelorMittal werden nämlich weitere 620 Mill. Euro in die Kasse gespült. Dadurch werde das Gearing auf 24 % zurückgehen.
In die Freude über das herausragende abgelaufene Geschäftsjahr, an der die Aktionäre mit einer auf 1,20 (i.V. 0,50) Euro erhöhten Dividende beteiligt werden, mischt sich inzwischen aber auch Sorge vor der Zukunft. Zwar reiche die gute Auftragslage bis in den Sommer, danach werde jedoch mit einer weltweiten Abkühlung der Konjunktur gerechnet. Das spiegelt sich auch in der Prognose für das laufende Geschäftsjahr, für das mit einem Ebitda zwischen 1,8 und 2 Mrd. Euro gerechnet wird. Im Vergleich zum abgelaufenen Turnus wäre das am unteren Ende ein Rückgang um mehr als ein Fünftel.
Grund für die schwächere Entwicklung ist der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, durch den die breite Erholung in Europa ein abruptes Ende gefunden habe. Zudem habe sich auch das Wirtschaftswachstum in Nordamerika im Schlussquartal des Geschäftsjahres 2021/22 abgeschwächt. Last but not least bereitet China Sorgen, dürfte doch die Null-Covid-Strategie Folgewirkungen in Europa und Nordamerika zeitigen. Schwer abschätzbar seien die Folgen des Ukraine-Kriegs samt der politischen Reaktionen.
Wie alle Stahlhersteller ist auch Voestalpine auf Rohstoffe und Energie aus Russland angewiesen. Für Erz und Kohle haben die Linzer inzwischen alternative Bezugsquellen aufgetan. Die mittlerweile aufgebauten Lagerbestände reichten bis in den Herbst, heißt es im Risikobericht. Größere Sorge bereitet dagegen die Gasversorgung. An den österreichischen Standorten verbrauche Voestalpine 6 Terawattstunden (TWh) im Jahr. Ein Gasspeicher, über den der Konzern seit Beginn des Geschäftsjahres verfüge, mit einer Kapazität von 1 Terawattstunde, werde derzeit befüllt. Zudem sei für das zweite Quartal ein LNG-Liefervertrag abgeschlossen worden. „Ein Gasembargo wäre für Voestalpine ein sehr schwieriges Thema“, sagte der Voestalpine-Chef.
Wertberichtigt Seite 6
Voestalpine | ||
Konzernzahlen* nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2021/2022 | 2020/2021 |
Umsatz | 14 923 | 10 902 |
Ebitda | 2 291 | 1 148 |
Ebit | 1 454 | 338 |
Ergebnis vor Steuern | 1 383 | 235 |
Konzernergebnis | 1 330 | 32 |
Ergebnis/Aktie (Euro) | 7,28 | 0,24 |
Dividende/Aktie (Euro) | 1,20 | 0,50 |
Operativer Cashflow | 1 243 | 1 634 |
Nettofinanzschulden | 2 291 | 2 743 |
*) Geschäftsjahr zum 31.3.Börsen-Zeitung |