Kapitalmarktkommunikation

Volkswagen gegen neue Regeln für Pre-Close Calls

In der Debatte über Formate der Kapitalmarktkommunikation spricht sich VW gegen zusätzliche Regeln für sogenannte Pre-Close Calls aus. Dieses Informationsformat beschäftigt Investor-Relations-Verantwortliche bei einer Konferenz am Freitag.

Volkswagen gegen neue Regeln für Pre-Close Calls

VW lehnt Novelle bei Pre-Close Calls ab

Format für Kapitalmarktinformation beschäftigt Investor-Relations-Verantwortliche

ste Hamburg

Personen Seite 24

Volkswagen sieht in der Diskussion über Pre-Close Calls keinen Grund für eine zusätzliche spezielle Regulierung. „Die Regeln für diese Informationsformate stehen fest und sind bekannt, es dürfen keine Insiderinformationen bekannt gemacht werden“, so Rolf Woller, Leiter Treasury und Investor Relations (IR) bei Europas größtem Autobauer, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Die Finanzaufsicht BaFin hatte sich in diesem Jahr an die Dax- und MDax-Unternehmen gewandt, um Kenntnis der Marktpraxis von Gesprächen zwischen IR-Verantwortlichen börsennotierter Gesellschaften in Deutschland und Finanzanalysten kurz vor Veröffentlichung eines Jahres- oder Zwischenberichts zu erlangen. Der EU-Wertpapierregulator ESMA erinnerte an die Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen. Anlass waren festgestellte stärkere Schwankungen der Aktienkurse einiger Unternehmen im Anschluss an Pre-Close-Call-Termine.

Keine Insiderinformationen

Pre-Close Calls finden in der Regel zwei bis drei Wochen vor der Veröffentlichung des nächsten Zwischenberichts statt, auf jeden Fall vor Beginn der sogenannten Quiet Period. Diese Stillschweigeperiode ist nicht gesetzlich geregelt. Klar ist aber in jedem Fall und zu jeder Zeit, dass Insiderinformationen nicht weitergegeben werden dürfen – weder in Einzelgesprächen mit Investoren und Analysten noch bei Pre-Close Calls.

Volkswagen hat Woller zufolge auf den BaFin-Fragenbogen und die ESMA-Verlaubarung reagiert und Hinweise aufgenommen. So kündigt der Konzern Pre-Close Calls inzwischen in seinem Finanzkalender an. Zudem veröffentlicht VW auf der Webseite Begleitmaterial zu den Gesprächen, die kurz nach Antritt Wollers Anfang 2022 eingeführt wurden. Die „relevanten“ ESMA-Regeln erfülle man zu 100%, so der IR-Chef, der zugleich Kritik äußerte: „Die Vorgabe, diese Gespräche aufzuzeichnen, halten wir für nicht angemessen.“ Das erfordere eine komplexe Organisation und verursache Kosten, die nicht mehr sachgerecht seien.

Nicht nur Lob

In der anstehenden Mitgliederversammlung des Deutschen Investor Relations Verbandes (DIRK) will Woller am Freitag den nicht unumstrittenen Kommunikationsansatz von VW vor Beginn der Stillschweigeperiode erläutern. Kleinere Unternehmen wollten weiterhin bilateral mit Analysten und Investoren sprechen, so die Vorbehalte. Woller sagte, VW nutze das Format der Gruppen-Pre-Close-Calls, „weil es aus unserer Sicht das Fairste ist“. Es ermögliche allen Marktteilnehmern, sich zeitgleich ein Bild zu verschaffen.

Der VW-IR-Chef verwies darauf, dass auch andere Autobauer in Europa Kapitalmarktakteure in dieser Weise informieren. „Im Austausch mit Herstellern wie Renault und Stellantis hat sich eine große Einigkeit gezeigt, dass das Format der Sammel-Calls in unserer Situation und Industrie sinnvoll ist.“ In der Diskussion komme zu kurz, dass es bei der Kapitalmarktkommunikation auch darum gehe, den eigenen Vorstand und die eigenen Mitarbeiter zu schützen, so Woller. „Die Kursvolatilität hat zugenommen, die Regelwerke für die Kapitalmarktkommunikationen werden immer komplexer, das Risiko, in Investorengesprächen über den Zeitraum mehrerer Tage hinweg aufgrund einer veränderten Nachrichtenlage nicht die inhaltlich gleiche Botschaft abzusetzen, ist hoch.“ Das Format des Sammel-Calls sei daher ein Lösungsansatz, um den gestiegenen Anforderungen an die Kapitalmarktkommunikation gerecht zu werden.

Verschiedene Ansätze

Zugleich betonte Woller die Bemühungen der Investor-Relations-Verantwortlichen deutscher Unternehmen, sich für angemessene Vorgaben einzusetzen. „Wir als DIRK wollen der BaFin und der ESMA signalisieren, dass wir uns intensiv mit Formaten der Kapitalmarktkommunikation und dem Thema Pre-Close Calls beschäftigen, dass es verschiedene Lösungsansätze gibt und dass wir keine neue Regulatorik benötigen.“ Alle seien sich einig, dass es bestimmte Verhaltensregeln und Spielregeln geben müsse. „Aber die kennen wir heute schon. Wir wollen deutlich machen, dass es verschiedene Formate gibt, die zum selben Ziel führen, nämlich zeitnahe, konsistente Kommunikation mit den Investoren zu gewährleisten.“

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