Autoindustrie

Volkswagen stellt Prognose in Frage

Um 75% auf 15,4 Mrd. Euro hat Volkswagen den Gewinn im zweiten Coronakrisenjahr 2021 gesteigert. Doch der Ukraine-Krieg bremst die Stimmung, der neue Ausblick für 2022 steht in Frage.

Volkswagen stellt Prognose in Frage

ste Hamburg

Der Volkswagen-Vorstand hat bei der Vorlage der Jahresbilanz 2021 am Dienstag die seit wenigen Tagen bekannte Prognose für das laufende Geschäftsjahr mit Verweis auf den Ukraine-Krieg nachdrücklich in Zweifel gestellt. „Unter normalen Umständen hätten wir allen Grund, optimistisch in das Jahr 2022 zu blicken“, sagte Vorstandschef Herbert Diess in der Bilanzpressekonferenz. „Wir starten mit starken Finanzergebnissen aus dem Jahr 2021, die Pandemie geht zurück und die Halbleiterversorgung wird sich voraussichtlich im Laufe des Jahres stetig verbessern.“ Doch der Krieg in der Ukraine – durch die vor knapp drei Wochen begonnene Invasion Russlands ausgelöst – habe den aktuellen Ausblick in Frage gestellt.

Diess betonte, VW habe die Resilienz in den vergangenen zwei Jahren verbessert, die Effizienz gesteigert und mit der Umsetzung einer Strategie begonnen, die den Konzern noch stärker werden lasse. VW hatte in der am vorigen Freitag nach Börsenhandelsschluss verbreiteten Mitteilung in Aussicht gestellt, die 2021 vor allem aufgrund des Chipmangels um 4,5% auf 8,88 Millionen Fahrzeuge gesunkenen weltweiten Auslieferungen in diesem Jahr auf einem um 5 bis 10% höheren Niveau zu erwarten. Die im vergangenen Turnus dank Verbesserungen bei Produktmix und Preisgestaltung um 12,3% auf 250,2 Mrd. Euro erhöhten Umsatzerlöse sollen 2022 um 8 bis 13% zulegen. Bei der im zweiten Coronakrisenjahr auf 8 (i.V. 4,8)% gestiegenen operativen Umsatzrendite vor Sondereinflüssen wird für den laufenden Turnus eine Spanne zwischen 7,0 und 8,5% in Aussicht gestellt. Im Konzernbereich Automobile soll der Netto-Cashflow an das 2021 um 35% auf 8,6 Mrd. Euro gestiegene Niveau anschließen und die zum Jahresende mit 26,7 Mrd. Euro annähernd unverändert gebliebene Nettoliquidität um bis zu 15% höher ausfallen. Negative Effekte, die der Krieg auf die Geschäftsaktivitäten nach sich ziehen und die auch aus Engpässen in der Lieferkette resultieren könnten, ließen sich derzeit aber nicht abschätzen, unterstrich VW-Finanzchef Arno Antlitz in der Pressekonferenz.

Die VW-Vorzugsaktie, am Vortag neben den Zahlen auch noch wie der Dax gestützt durch Hoffnungen auf eine baldige Waffenruhe in der Ukraine und um 4,4% gestiegen, gab am Dienstag um bis zu 3,1% auf 145,42 Euro nach. Mit Blick auf Ausfälle bei der Zulieferung von Kabelbäumen aus der Ukraine sagte Diess, man habe mit Maßnahmen zur Verlagerung der Bauteilproduktion be­gonnen. Man müsse aber auf Kosten und Wettbewerbsfähigkeit achten, die Umsetzung brauche Zeit.

Mögliche staatliche Enteignungen von Unternehmensteilen in Russland würden den Konzern, der infolge der Sanktionen westlicher Staaten gegen Russland neben Fahrzeugexporten in das Land die Fahrzeugproduktion in Russland vorerst eingestellt hat, nicht materiell treffen, so Diess weiter. Den Vermögenswert von Volkswagen in Russland bezifferte Finanzchef Antlitz mit Blick auf mögliche Abschreibungen auf weniger als 0,5% der Gesamtbilanz.

VW setzt auf China

Zu Spekulationen über eine mögliche Verschlechterung der Beziehungen des Westens zu China äußerte Diess in der Pressekonferenz mit Blick auf die internationalen Handelsverflechtungen die Erwartung, dass China ein bedeutender Automarkt, gerade für Elektromobilität und autonomes Fahren, bleiben werde. Im größten Einzelmarkt der Welt sieht sich VW mit einem Marktanteil von 16% nach wie vor in einer starken Marktposition und sehr profitabel. Man hätte 2021 deutlich mehr Fahrzeuge verkaufen können, was aber die Halbleiterknappheit nicht zugelassen habe. Den Absatz rein elektrischer Fahrzeuge in China will VW 2022 mindestens verdoppeln – 2021 wurden die Auslieferungen auf 93000 E-Autos vervierfacht. Der Hochlauf der E-Mobilität in China verlaufe sehr dynamisch, so Diess. Weltweit soll der Auslieferungsanteil der reinen Elektroautos 2022 auf 7 bis 8% von 5,1% im vorigen Jahr ansteigen. VW-Finanzchef Antlitz erklärte, die Margenparität zwischen Elektro- und Verbrennerfahrzeugen werde früher als erwartet erreicht.

Neben Verbesserungen bei Produktmix und Preisgestaltung führt der Konzern die im vorigen Jahr gestiegene Umsatzrendite auf reduzierte Gemeinkosten zurück. Das Ziel einer Verringerung dieser Kosten um 10% (ohne F&E und Sachinvestitionen) bis 2023 sei bereits erreicht. Verglichen mit der Basis von 41,4 Mrd. Euro im Jahr 2019 liege die Kostenentlastung bei 4 Mrd. Euro.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.