Pensionswerke

Zinssprung entlastet in der Altersvorsorge

Die Zinserhöhung sorgt für enorme Entspannung in den Pensionsverpflichtungen der Unternehmen. Doch es gibt keine dauerhafte Entwarnung angesichts der hohen Volatilität in den Kapitalmärkten.

Zinssprung entlastet in der Altersvorsorge

swa Frankfurt – Die Investitionsfinanzierung wird teurer, doch in der Altersvorsorge werden die Unternehmen mit steigenden Zinsen entlastet. Angesichts volatiler Kapitalmärkte gibt zwar auch der Wert des dafür reservierten Pensionsvermögens nach, einer Berechnung der Unternehmensberatung WTW zufolge jedoch in geringerem Ausmaß als die Verpflichtung. Damit kletterte der Ausfinanzierungsgrad, das Verhältnis von Pensionsvermögen zu -verpflichtung, im Dax im zweiten Quartal 2022 im Vergleich zu Ende 2021 um 13,7 Prozentpunkte auf den Rekordwert von 86%, im MDax ging es um 12,4 Punkte auf 77,5% nach oben. Ein so hoher Ausfinanzierungsgrad sei neu, betont WTW.

Unsicherheit bleibt

In der Rechnung der Unternehmensberatung gingen die Pensionsverpflichtungen in Summe im Dax im Vergleich zu Ende 2021 um 28,6% auf 295 Mrd. Euro zurück, im MDax schrumpfte der Buchwert ebenfalls um 28,6% auf 58 Mrd. Euro. Die Pensionsvermögen verringerten sich im Dax um 15,1% auf 253 Mrd. Euro, im MDax um 15,0% auf 45 Mrd. Euro.

Der Umschwung in kurzer Frist ist für die Unternehmen eine neue Erfahrung. In den vergangenen 20 Jahren habe sie nie einen so hohen Zinsanstieg von mehr als 200 Basispunkten innerhalb von sechs Monaten gesehen, sagt WTW-Expertin Hanne Borst. Der Rechnungszins sei von Ende 2021 bis zum zweiten Quartal von 1,20 auf 3,42% gestiegen. Im ersten Quartal 2022 betrug er noch 1,87%.

„Entspannt zurücklehnen“ könnten sich die Unternehmen aber dennoch nicht. WTW geht zwar davon aus, dass der Rechnungszins den Großteil seiner im ersten Halbjahr 2022 erzielten Zuwächse in der zweiten Jahreshälfte behaupten wird, die Volatilität an den Kapitalmärkten bleibe jedoch hoch. Zudem stünden einige Unternehmen, die traditionell hohe Pensionsvermögen aufgebaut haben, nun möglicherweise vor der Situation, dass die für die Pensionszahlungen bereitgestellten Vermögenswerte den Umfang der Altersvorsorgeverpflichtungen übersteigen. Es würde also mehr Kapital gebunden als nötig. „Aktuell könnten die Pensionspläne einzelner Unternehmen sogar überfinanziert sein“, sagt WTW-Experte Johannes Heiniz. Angesichts der Unsicherheiten in den Kapitalmärkten und der geopolitischen Risiken warnt er aber vor „schnellem Aktionismus“.

Auf die lange Sicht

Problematisch könnte die Inflationsentwicklung werden. Anhaltende Preissteigerungen würden sich in Gehälter- und Rententrends niederschlagen und könnten die Pensionspläne somit strapazieren. Wie stark Firmen belastet werden, hängt von der Gestaltung der Pensionszusagen ab. WTW folgt nach eigener Dar­stellung der Prognose der Europäischen Zentralbank, wonach die In­flation in zwei Jahren wieder im Bereich um 2% liegen werde. Für die Berechnungen der Pensionsverpflichtungen werden Inflationserwartungen gemäß der Kapitalbindungsdauer der Verpflichtungen zugrundegelegt. „Pensionsansprüche werden erst in der Zukunft und über einen längeren Zeitraum ausgezahlt. Hier wird die aktuelle Inflation zwar berücksichtigt, aber in der langjährigen Perspektive schlagen die aktuell hohen Werte weniger stark zu Buche“, erklärt Heiniz.

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