Aktionäre stützen Kurs der Commerzbank
Auf dem virtuellen Aktionärstreffen hat sich der Vorstand Rückendeckung für die strategische Neuausrichtung der Commerzbank geholt. In einer mehr als sechsstündigen Veranstaltung, die online übertragen wurde, warb Vorstandschef Manfred Knof mit Nachdruck für den drastischen Konzernumbau, mit dem er die Rendite auf das materielle Eigenkapital bis 2024 auf 7% steigern will. Im Anschluss stellten sich Knof, Finanzchefin Bettina Orlopp und Aufsichtsratschef Helmut Gottschalk den zuvor eingereichten Fragen der Investoren.
Aufsichtsrat abgewatscht
Anders als im Vorjahr ließ die Commerzbank im Anschluss an die Antworten auch Nachfragen zu. Eine Mühe, die sich offenbar lohnte. Zumindest, wenn man die Entlastung des Vorstands mit einer Mehrheit von 99,4% als Vertrauensbeweis für das erst seit Jahresbeginn von Knof geführte Gremium wertet. Im Vorjahr hatten mit 89,8% deutlich weniger Aktionäre eine Entlastung des damals noch von seinem Vorgänger Martin Zielke geführten Gremiums ausgesprochen. Erneut abgewatscht wurden in diesem Jahr dagegen die früheren Mitglieder des Aufsichtsrats. Mit 86,9% fiel die Abstimmung über die Entlastung ähnlich verhalten aus wie im Vorjahr. Grund dafür dürfte das erbärmliche Bild sein, dass die Kapitalseite bei dem Versuch abgegeben hatte, die Nachfolge des aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig zurückgetretenen Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Jörg Vetter zu regeln.
Der Streit darüber war derart ausgeufert, dass die Commerzbank kurzfristig fünf von zehn Posten nachbesetzen und dafür die Hauptversammlung um knapp zwei Wochen verschieben musste. Vielleicht handelte es sich dabei aus Sicht der Aktionäre um so etwas wie ein reinigendes Gewitter. Zumindest signalisierten sie Gottschalk und den übrigen in großer Eile bestellten Nachfolgern ihr Vertrauen.
Wie die Commerzbank mitteilte, wurden Burkhard Keese, Daniela Mattheus, Caroline Seifert und Frank Westhoff mit jeweils mehr als 99 % in den Aufsichtsrat gewählt. Das gilt auch für Gottschalk, den das neu formierte und mit dem Plazet der Aktionäre ausgestattete Gremium im Anschluss erneut zum Vorsitzenden kürte.
Erwartungsgemäß durchsetzen konnte sich der Aufsichtsrat trotz Kritik bei der Wahl des Abschlussprüfers. So hält die Commerzbank vorläufig an EY fest, trotz des Skandals um die ebenfalls von EY testierten Luftbuchungen des Zahlungsdienstleisters Wirecard. Dessen Insolvenz hatte 2020 zu einer Ergebnisbelastung von 180 Mill. Euro geführt. Die Commerzbank hatte zu den größten Kreditgebern gezählt.
Unterstützung für EY
Trotz deutlicher Kritik, die unter anderem von Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) vorgetragen wurde, stimmten mehr als 99% des anwesenden Kapitals dafür, dass EY, wie bereits vor der Wirecard-Pleite vorgeschlagen, den Jahresbericht 2021 und die unterjährigen Zwischenberichte prüft.
Zwar sieht auch die Commerzbank das Mandat für EY durchaus problematisch. Und zwar nicht, wie Finanzchefin Orlopp nochmals betonte, weil es Grund gäbe, an der Integrität oder der fachlichen Qualifikation der EY-Prüfer zu zweifeln. Vielmehr befürchtet man bei der Commerzbank potenzielle Interessenkonflikte in dem Fall, dass das Finanzinstitut auf dem rechtlichen Wege versuchen sollte, Haftungsansprüche gegen EY geltend zu machen. Aus diesem Grund wird für das Jahr 2022 mit dem Segen der Hauptversammlung KPMG zum Abschlussprüfer bestellt.
Dass ein früherer Wechsel nicht möglich sei, begründeten Orlopp und Knof mit der Komplexität der Jahresabschlussprüfung, die eine ausreichende Vorbereitungszeit erfordere, sowie mit dem europäischen Ausschreiberecht. Dieses sieht eine regelmäßige Rotation der Prüfer vor, weshalb PwC nach vielen Jahren ersetzt werden musste. Außerdem dürfe ein Prüfungsmandat nicht an eine Gesellschaft vergeben werden, die gerade bestimmte Beratungsaufträge erhalten habe. Deshalb war offenbar ein früherer Wechsel zu KPMG ausgeschlossen.
Damit wäre neben dem Verbleib bei EY nur der Wechsel zu Deloitte, dem kleinsten der vier großen Prüfer, möglich gewesen. Warum Letzteres keine Option war, führte Orlopp nicht aus. Angesichts der 180 000 bis 200 000 Arbeitsstunden, die nach Commerzbank-Angaben in den vergangenen drei Jahren durchschnittlich für den Jahresabschluss in Rechnung gestellt wurden, liegt der Gedanke nahe, dass Deloitte diese Kapazitäten nicht kurzfristig hätte abrufen können.