Vier Schwerpunkte für die Bankenaufsicht
fir Frankfurt
IT-Sicherheit, Governance, Zinsentwicklung und Folgen der schwachen Konjunktur: Diese vier Schwerpunkte nehmen sich die deutschen Finanzkontrolleure für 2025 vor. Die Bankenaufseher von Bundesbank und BaFin, Michael Theurer und Raimund Röseler, haben sie am Montag in einem digitalen Aufsichtsbriefing vorgestellt. Sie sollen dem schwierigen makroökonomischen und geopolitischen Umfeld gerecht werden, in dem sich die Banken bewegen und das Theurer als „unsichere Rahmenbedingungen im Doppelpack“ bezeichnete. Bei ihnen handele es sich um „die zentralen Einflussfaktoren“ auf den deutschen Bankensektor. Sie stellten eine Herausforderung für die Unternehmenssteuerung und das Risikomanagement der Institute dar.
Kreditrisiken steigen
Das neue Jahr halte einiges an Herausforderungen für die Institute bereit, bekräftigte BaFin-Exekutivdirektor Röseler. Allen voran das schwierige wirtschaftliche Umfeld, das mit gesteigerten Kreditrisiken und somit gegebenenfalls erhöhten Wertberichtigungen und Abschreibungen einhergehe. Darüber hinaus hätten die Banken weiterhin mit einem schwachen Neugeschäft im Immobiliensektor zu kämpfen. Die Aufsicht werde deshalb verstärkt prüfen, wie sich Kreditvergabestandards, Kreditausfallquoten und Werte der Sicherheiten entwickeln, so Röseler.
Wir halten weitere Anstiege an notleidenden Krediten in den nächsten Quartalen für wahrscheinlich.
Michael Theurer, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank
Theurer verwies darauf, dass die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen von Unsicherheit geprägt seien. Die Banken müssten sich auf eine längere Periode mit geopolitischen Konflikten einstellen. Mit Blick auf die Kreditrisikovorsorge sei eine Verschlechterung festzustellen. Der Anteil fauler Kredite in den Büchern der deutschen Banken bewege sich zwar noch auf niedrigem Niveau, nehme aber fortwährend zu.
So hat sich die Quote der faulen Kredite im dritten Quartal 2024 auf etwa 1,8% erhöht, gut ein Fünftel mehr als im Vorjahresquartal. „Wir halten weitere Anstiege an notleidenden Krediten in den nächsten Quartalen für wahrscheinlich“, sagte Theurer. Als Grund dafür seien vor allem Gewerbeimmobilienkredite zu nennen, bei denen die Quote sogar 4,5% betrage. Ein Ende des Abwärtstrends sei noch nicht absehbar. Der Preisverfall halte voraussichtlich an, warnte er, zudem hätten sich längst nicht alle Risiken schon in den Bankbilanzen niedergeschlagen.
Zinsüberschüsse schwinden
Genauer hinschauen werde die Aufsicht auch bei der Zinsentwicklung. Mit den EZB-Zinssenkungen im vergangenen Jahr schwinden allmählich die hohen Zinsüberschüsse. „Eines ist klar: Die schönen Zinsmargen der vergangenen beiden Jahre werden zurückgehen“, sagte Röseler. Sei 2023 im Allgemeinen ein goldenes Jahr für die Banken und auch 2024 noch recht passabel gewesen, werde der Rückenwind nun absehbar abflauen. Wie Banken damit umgehen, steht unter erhöhtem Interesse der Aufseher.
Cybersicherheit ganz oben auf der Agenda
Mehr Risiken drohen der Finanzbranche auch durch Cyberangriffe, sei es von Kriminellen, die Beute machen wollen, sei es von nationalstaatlichen Akteuren wie Russland, die ihre aggressive geopolitische Agenda vorantreiben. Attacken würden zwar nicht dramatisch steigen, es seien jedoch zunehmende Professionalität und auch kriminelle Energie zu beobachten, sagte Röseler. „IT-Sicherheit sollte deshalb nicht nur bei uns, sondern auch jedem Vorstand eines Kreditinstitutes ganz oben auf der Agenda stehen“, mahnte der Bankenaufseher.
Gegen schlechte Governance
Schließlich führte er als vierten Schwerpunkt in diesem Jahr Governance an - eine Folge von diversen Schieflagen in jüngster Zeit. Allein im genossenschaftlichen Sektor mussten im vergangenen Jahr drei Institute über die Sicherheitseinrichtung aufgefangen werden - VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden, Volksbank Dortmund-Nordwest und Volksbank Düsseldorf Neuss. Röseler verwies darauf, dass nicht nur diese Säule der deutschen Bankwirtschaft betroffen gewesen sei.
Null Toleranz für schlechte Governance
„Es gibt auch in anderen Sektoren ähnliche Problemfelder, nur sind die weniger prominent“, betonte Röseler. Die Schwierigkeiten waren seiner Ansicht nach nicht der wirtschaftlichen Situation des Umfeldes geschuldet, sondern nahezu immer der Tatsache, „dass diese Banken sehr bemerkenswerte – oder besser: merkwürdige – Geschäfte gemacht haben“. Eines sei sicher, resümierte Röseler: „Wir werden als Aufsicht keine schlechte Governance akzeptieren."
Auf schwerwiegende Governance-Probleme hatte Röseler jüngst auch im Interview der Börsen-Zeitung verwiesen. „Viele der Banken, die geschlossen, fusioniert oder teuer saniert werden mussten, hatten schwache Kontrollmechanismen. Dominante Vorstände trafen riskante Entscheidungen, ohne dass jemand sie bremste.“
Unser Vertrauen in die jährlichen Abschlussprüfungsberichte der Wirtschaftsprüfer ist gesunken, die haben bei uns an Stellenwert verloren.
BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler
Wenig Verständnis äußerte der BaFin-Exekutivdirektor in diesem Zusammenhang mit denjenigen Wirtschaftsprüfern, die Missstände nicht ansprachen. „Sie sehen in den Fällen nicht gut aus“, befand er und bekundete, prominente Fälle, in denen Wirtschaftsprüfer jahrelang „nichts gesehen oder sich sogar weggeduckt“ hätten, der Abschlussprüferaufsicht Apas zu melden.
Zwar habe der allergrößte Teil der Prüfer einen vernünftigen Job gemacht, sagte Röseler. Dennoch gebe es eine Vielzahl unrühmlicher Einzelfälle. „Ehrlich gesagt: Unser Vertrauen in die jährlichen Abschlussprüfungsberichte der Wirtschaftsprüfer ist gesunken, die haben bei uns an Stellenwert verloren“, urteilte der Exekutivdirektor.
Nachhaltigkeit, Demografie und Digitalisierung mittelfristige Prioritäten
Neben den aufsichtlichen Schwerpunkten für 2025 legten Bundesbank und BaFin auch mittelfristige Prioritäten ihres Tuns fest. Dies sind die Dauerbrenner Nachhaltigkeit, digitale Transformation und demografischer Wandel. Für Theurer, der im September 2024 in den Vorstand der Bundesbank einzog, war es das erste Aufsichtsbriefing, für Röseler das letzte. Er verabschiedet sich Ende März als Exekutivdirektor Bankenaufsicht. Sein Nachfolger wird der einstige Manager bei HSBC Deutschland und Commerzbank, Nikolas Speer.

BaFin