BaFin erteilt Commerzbank Kryptoverwahrlizenz
Im Gespräch: Jörg Oliveri del Castillo-Schulz
Commerzbank erhält Kryptoverwahrlizenz
Technologie-Vorstand erläutert Digital-Asset-Strategie – Kryptoangebot beschränkt sich auf institutionelle Bestandskunden
Die Commerzbank hat als erste deutsche Universalbank eine Kryptoverwahrlizenz der Finanzaufsicht BaFin erhalten. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung gewährt Jörg Oliveri del Castillo-Schulz Einblicke in die Digital- und Kryptostrategie der Bank und verrät, was er mit der Lizenz und der gebauten Infrastruktur vorhat.
phh Frankfurt
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Die Commerzbank hat von der BaFin eine Kryptoverwahrlizenz erhalten. Die Lizenz soll es der Bank ermöglichen, ein breites Spektrum von Dienstleistungen rund um digitale Vermögenswerte aufzubauen – speziell mit Blick auf Kryptowerte, wie die Bank gegenüber der Börsen-Zeitung mitteilte. Seit Januar 2020 müssen sich Banken und andere Finanzdienstleister die BaFin-Erlaubnis besorgen, um für Kunden Kryptowährungen gewerblich zu verwahren.
Das Geschäft ist vergleichbar mit der Depotverwahrung traditioneller Wertpapiere – allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Bank kein Wertpapier in einem Depot, sondern die sogenannten Private Keys der verschlüsselten Kryptowährung (Coins) des Kunden in einer digitalen Geldbörse (Wallet) verwaltet und verwahrt. Wer die privaten Schlüssel besitzt, kontrolliert die Coins. Die Verwaltung der digitalen Keys ist also sehr sensibel und stellt besondere Anforderungen an die IT-Sicherheit des Schlüsselhüters.
Zwei Jahre auf Lizenz gewartet
Die Commerzbank ist nach eigener Aussage nun die erste Universalbank, die eine Kryptoverwahrlizenz beantragt und auch erhalten hat. An dem Thema dran ist die Bank allerdings schon seit drei Jahren, wie Jörg Oliveri del Castillo-Schulz im Gespräch mit der Börsen-Zeitung verrät. Er ist im Vorstand der Commerzbank für das operative Geschäft verantwortlich. Unter seine Verantwortung fällt aber auch die digitale Transformation der Bank. Der Prozess des Lizenzverfahrens habe unterm Strich rund zwei Jahre gedauert. Bei der systemrelevanten Commerzbank musste zudem die EZB ins Boot geholt werden.
Jörg Oliveri del Castillo-Schulz, CommerzbankDigitale Assets und deren Infrastruktur werden die Finanzbranche revolutionieren.
„Digitale Assets und deren Infrastruktur werden die Finanzbranche revolutionieren“, glaubt Oliveri del Castillo-Schulz – nicht als Big Bang, aber stetig. Theoretisch gehen die Anwendungsfälle weit über die reine Kryptoverwahrung hinaus. Aus diesem Grund habe sich die Commerzbank dazu entschieden, die technologische Infrastruktur für das Geschäft in wesentlichen Teilen selbst zu bauen und nicht auf externe Komplettlösungen zurückzugreifen. „Eine Bank braucht Digitalkompetenz, sonst ist eine Digital-Assets-Strategie nicht umsetzbar“, so Oliveri del Castillo-Schulz.
Commerzbank beschränkt Kryptoangebot auf institutionelle Bestandskunden
Digitale Assets würden in der Regel auf dezentralen Datenbanken abgebildet, die mit kryptografischen Verfahrenstechniken abgesichert seien, sogenannte Distributed-Ledger-Technologien. Die Kryptoverwahrung ergänze als Bindeglied klassische Finanzdienstleistungen wie Zahlungsverkehr oder Handel um spezielle digitale Vermögenswerte wie Coins, digitale Sammlerstücke (NFTs) oder tokenisierte Wertpapiere. Darum gilt die Verwahrlizenz gemeinhin auch als Tor zur Welt für digitale Vermögenswerte. Die Strategie der Commerzbank – und damit das Kryptoangebot – ist zunächst aber stark fokussiert.
So wird die Bank Kryptowährungen ausschließlich für Kunden verwahren, nicht jedoch handeln, obwohl sie dafür laut Oliveri del Castillo-Schulz ebenfalls die Lizenz hätte. Für den Handel greift die Bank auf einen Partner zurück, den sie jedoch nicht öffentlich nennen möchte. Zudem richtet sich das Kryptoverwahrgeschäft zunächst ausschließlich an bestehende institutionelle Kunden der Commerzbank. Neukunden sind damit von dem Kryptoangebot ebenso ausgeschlossen wie Privatkunden.
Neues Ertragspotenzial
Das Angebot der Commerzbank beschränke sich zudem auf die beiden Kyptowährungen Bitcoin und Ethereum. Gemessen an deren Marktkapitalisierung sind das die beiden relevantesten. Oliveri del Castillo-Schulz zufolge kommt Bitcoin aktuell auf 500 Mrd. Euro und Ethereum auf rund 180 Mrd. Euro. Zusammen würden beide Coins etwa drei Viertel der gesamten Krypto-Coin-Marktkapitalisierung für sich beanspruchen.
Jörg Oliveri del Castillo-Schulz, CommerzbankDas Ertragspotenzial bei Krypto-Assets ist größer als bei digitalen Wertpapieren.
Der Commerzbank eröffnet das Kryptoverwahrgeschäft neues Ertragspotenzial – mittelfristig deutlich mehr als das Verwahrgeschäft digitaler Wertpapiere. „Dieser Markt wird sich vermutlich aufgrund bestehender Infrastrukturen und Komplexität deutlich langsamer in Richtung Digitale-Assets-Infrastrukturen entwickeln und einen Effizienzfokus haben“, sagt Oliveri del Castillo-Schulz. Darunter würden aktuell vor allem Anleihen fallen. Aktien würden in dieser Rechnung noch fehlen, aber das Zukunftsfinanzierungsgesetz bringe diese gerade auf den Weg. „Das Ertragspotenzial bei Krypto-Assets ist größer als bei digitalen Wertpapieren“, sagt der Commerzbanker.
Commerzbank wartet bei Kryptoregisterführung noch ab
Bei den digitalen Wertpapieren liege der Charme für Banken vor allem auf der Kostenseite. „Wenn Sie bestimmte Abwicklungsmechanismen auf eine Blockchain migrieren, lässt sich auf lange Sicht für die Bank im Wertpapiergeschäft sicher ein Drittel der Kosten rausnehmen“, so Oliveri del Castillo-Schulz. Einmal gebaut, ließe sich die Infrastruktur zudem für weitere Anwendungsfälle nutzen. „Wir glauben, dass sich digitale Vermögenswerte immer tiefer in das digitale Leben der Kunden eingraben werden“, so Oliveri del Castillo-Schulz.
Jörg Oliveri del Castillo-Schulz, CommerzbankAuf lange Sicht lässt sich für die Bank im Wertpapiergeschäft sicher ein Drittel der Kosten rausnehmen.
Bei einer weiteren Kryptofinanzdienstleistung wartet die Commerzbank noch ab: der sogenannten Kryptowertpapierregisterführung. Auch dafür braucht es eine BaFin-Lizenz, die die Commerzbank aktuell noch nicht beantragt hat. Zu den Aufgaben eines Kryptowertpapierverwahrers gehört beispielsweise, die Tokenisierungsplattform zu verwalten, Transaktionen abzuwickeln und diese im Register niederzuschreiben.
Eine Bank mit dieser Lizenz könne dadurch letztendlich auf einen Zentralverwahrer verzichten. Die Bank beobachte die Entwicklung von Kryptowertpapieren und deren Einsatzzwecke. Der Markt befinde sich aktuell allerdings noch in einem sehr frühen Stadium mit offenem Ergebnis, wohin sich die Marktinfrastruktur zukünftig entwickeln werde.
Breites Anwendungsfeld
Die Commerzbank nutzt ihre DLT-Technologie bereits heute auch schon abseits von Kryto-Assets: bei der Integration von Finanzdienstleistungen in nichtfinanzielle Anwendungen oder Plattformen – bekannt unter dem Schlagwort „Embedded Finance“. Dazu hat die Bank mit der Telekom-Tochter T-Systems Anfang des Jahres eine Kooperation geschlossen. Ziel dabei ist es, durch die ereignisbasierte Automatisierung von Zahlungsströmen entlang von Lieferketten manuelle Abrechnungsprozesse signifikant zu reduzieren. Als Pilotkunde dient der Logistiker Nagel. Die Marktreife soll bis Jahresende erreicht werden.
Das Kryptothema ist derzeit für viele Banken interessant. So startet auch die genossenschaftliche DZ Bank eine eigene Kryptoplattform, wartet allerdings noch auf die Kryptoverwahrlizenz der BaFin. Dies gilt unter anderem auch für die Deutsche Bank und die Deka. Die einzige deutsche Bank, die bislang über die Lizenz verfügt, ist die Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Die Bank hatte die Lizenz im Jahr 2021 durch die Übernahme des Kryptoverwahrers Kapilendo Custodian erhalten.