BaFin fordert mehr Sensibilität für Klimarisiken
wbr Frankfurt
Die deutsche Finanzaufsicht BaFin ruft die Branche zu mehr Sensibilität im Umgang mit Klimarisiken auf. Mit der Taxonomie- und der Offenlegungsverordnung habe die EU wegweisende Regulierungen vorgelegt, unterstrich die Behörde auf ihrer Konferenz zu Sustainable Finance am Dienstag in Berlin. Die Wahrnehmung für Klimarisiken sei unter Banken noch nicht stark genug ausgeprägt, sagte Raimund Röseler, Exekutivdirektor der Bankenaufsicht. „Wenn wir ehrlich sind, gibt es viel Luft nach oben.“ Die Empfehlung der BaFin sei einfach: Sie verlange, dass alle Banken alle Gefahren im Risikomanagement abbilden. „Klimarisiken können schlagend werden und müssen daher berücksichtigt werden.“ Klar sei aber auch, dass für Klimarisiken das Proportionalitätsprinzip genauso gelte. Bei einer kleinen Bank mit einem einfachen Geschäftsmodell seien Bewertung und Aufwand anders als bei großen Banken.
Bei der Bewertung nach Nachhaltigkeitsfragen und Klimarisiken sieht auch die BaFin ein Datenproblem in der Branche. Daher müsse man auf die Informationen zurückgreifen, die vorliegen. „Es gibt keine Alternative zu ESG-Ratings, auch wenn es dazu keine verbindliche Regulierung gibt“, stellt Röseler fest.
„Auch bei der Versicherungswirtschaft könnte mehr kommen“, meint Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungsaufsicht, mit Blick auf die Berücksichtigung von Klimarisiken. Generell gebe es in dem Feld einen großen Nachholbedarf, und Grund nimmt die BaFin davon nicht aus.
Für seinen Bereich weist Grund den gelegentlichen Vorwurf zurück, dass die BaFin nicht proportional genug sei. Die Aufsicht gehe differenziert vor, und das betreffe nicht nur die Größe der Unternehmen, sondern auch die Frage, ob Unternehmen von Nachhaltigkeitsrisiken weniger oder stark betroffen sind. Zurückhaltend ist der Versicherungsaufseher bei der Frage, ob unter Nachhaltigkeitsaspekten eine risikobasierte Kapitalunterlegung geringer ausfallen könnte. „Das kann man machen, aber nur evidenzbasiert.“ An der Bedeutung des Themas sei jedenfalls nicht zu rütteln. „Es ist mit den Händen zu greifen, dass Nachhaltigkeitsrisiken unmittelbare Auswirkungen auf ein Unternehmen haben können“, sagt Grund mit Blick auf die Flutkatastrophe im Ahrtal.
Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor der Wertpapieraufsicht, erinnert daran, dass Nachhaltigkeitsthemen in die Geschäftsleiterebene gehören. Er stellt aber auch klar, dass es eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung sei, mit Klimarisiken und Nachhaltigkeit umzugehen. Die BaFin müsse auch in diesem Feld ihre Rolle als Finanzaufseher einnehmen, „denn wir sind keine Umweltbehörde“. In diesem dynamischen Feld müsse die BaFin konkrete Entscheidungen treffen. Klar sei aber auch, dass Nachhaltigkeit und nachhaltiges Handel nicht risikofrei seien.
Offenlegung überwachen
Als Herausforderung wird die EU-Offenlegungsverordnung beschrieben. Hier habe die BaFin eine Überwachungsrolle, sagt Grund. Wichtig in dem Zusammenhang sei die Rolle der Abschlussprüfer, die am allerbesten beurteilen könnten, ob die Unternehmen ihre Pflichten hinsichtlich Offenlegung erfüllen, ergänzte Rösler. „Aber wir werden im Hinterkopf behalten, wie die Performance der Abschlussprüfer war“, meint er mit Blick auf Probleme in der Vergangenheit.
Generell betont die deutsche Finanzaufsicht, dass bei der Nachhaltigkeitsregulierung Wachsamkeit einerseits und eine gewisse Großzügigkeit andererseits gefragt seien. Es würden Vorgaben gemacht, aber es fehlten oft noch die konkreten Ausführungsbestimmungen. Die BaFin werde ein gewisses Verständnis zeigen, wenn sich die Unternehmen an die Regulierung herantasten, der Aufseher werde nicht gleich mit der Keule kommen, hieß es.