Britische Großbanken berichten

Große Erwartungen

Britische Banken profitieren davon, dass die Zinsen länger hoch bleiben. Analysten rechnen mit steigenden Zielvorgaben für Erträge und Nettozinsmargen.

Große Erwartungen

Große Erwartungen an britische Banken

Analysten rechnen damit, dass die auf den Heimatmarkt fokussierten Institute die Ziele für Erträge und Nettozinsmargen nach oben schrauben

Von Andreas Hippin, London

Britische Banken profitieren davon, dass die Zinsen länger hoch bleiben. Die Wirtschaft hat sich stabilisiert, die Teuerungsrate sinkt, die Wohnimmobilienpreise bleiben stabil. Analysten rechnen mit steigenden Zielvorgaben für Erträge und Nettozinsmargen, wenn die großen Institute ab Donnerstag ihre Halbjahreszahlen vorlegen.

So gut ist es den britischen Banken schon lange nicht mehr gegangen. Die Rezession ist überwunden, politisch hat sich die Lage stabilisiert. Die Zinsen sind bereits länger hoch geblieben als erwartet. Sie werden langsamer sinken. Volkswirte erwarten für das laufende Jahr nur noch zwei Zinsschritte der Bank of England. Dann wäre der Leitzins am Jahresende um 50 Basispunkte niedriger. Anfang des Jahres hatte man noch mit einem Rückgang um 160 Basispunkte gerechnet.

„Goldlöckchen-Szenario“

Das höhere Zinsniveau führt zu einem höheren Gewinnbeitrag aus Absicherungsgeschäften (Structural Hedge). Im Auftaktquartal waren noch erhebliche Umschichtungen aus Sichteinlagen in höher verzinsliche Produkte zu beobachten. Mittlerweile haben sich die Abflüsse verlangsamt. Und so ist damit zu rechnen, dass zumindest die auf den Heimatmarkt fokussierten Institute ihre Ziele für die Nettozinsmarge und die Erträge nach oben nehmen werden. Die Branchenexperten der HSBC sprechen von einem „Goldlöckchen-Szenario“. Eine rückläufige Teuerungsrate und stabile Hauspreise gehören dazu. Entsprechend groß sind die Erwartungen der Anleger. Davon zeugen die deutlichen Kursgewinne der Banken seit Jahresbeginn.

Am Donnerstag liefert die Lloyds Banking Group den Auftakt zur Quartalsberichterstattung der Großbanken. Natwest, die vielen unter dem Namen Royal Bank of Scotland in Erinnerung geblieben ist, legt am Freitag ihre Geschäftszahlen vor. Beide sind Barometer der britischen Wirtschaftsentwicklung, beide sind große Player auf dem Hypothekenmarkt.

Belastungsfaktor Autofinanzierungen

Lloyds ist nicht nur einer der großen Kreditkartenanbieter, sondern auch im Geschäft mit Autofinanzierungen aktiv. Ihr gehört Black Horse, der größte unabhängige Autofinanzierer des Landes. Eine Untersuchung der Geschäftspraktiken auf diesem Markt durch die Finanzaufsicht FCA könnte aus Sicht von Analysten weitere Rückstellungen erforderlich machen.

Prozessfinanzierer und auf Massenklagen spezialisierte Kanzleien haben sich bereits für eine Neuauflage des PPI-Skandals positioniert. Zwischen 1990 und 2010 wurden in Großbritannien bis zu 64 Millionen Restschuldversicherungen (Payment Protection Insurance, PPI) verkauft.

Hohe Rücklagen

Die Institute zahlten 38 Mrd. Pfund Entschädigung an 12 Millionen Geschädigte, was in den Medien als „Quantitative Easing für alle“ bezeichnet wurde. Der Bankenexperte Edward Firth von Keefe, Bruyette & Woods rechnet damit, dass Lloyds im Schlussquartal 1 Mrd. Pfund für mögliche Entschädigungen im Zusammenhang mit Autofinanzierungen zur Seite legen wird, im kommenden Jahre eine weiter halbe Mrd. Pfund.

Natwest ist vom Thema Autofinanzierungen offenbar nicht betroffen. Das Institut sollte vom positiven makroökonomischen Umfeld in Großbritannien profitieren. Am Dienstag (30. Juli) legt Standard Chartered Zahlen vor, HSBC folgt am Mittwoch (31. Juli). Standard Chartered übertraf im Auftaktquartal mit ihrem bereinigten Vorsteuergewinn die Markterwartungen um ein Fünftel. Die Bank hat sich ehrgeizige Vorgaben für 2024 bis 2026 gesetzt. Die aktuelle Bewertung an der Börse könnte man als Beleg dafür interpretieren, dass die Marktteilnehmer nicht von einem Erreichen dieser Ziele ausgehen.

Vielleicht liegt es auch daran, dass das Institut, das den Großteil seines Geschäfts in Schwellenländern macht, bei den Ausschüttungen hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Bis Ende 2026 will das Management 5 Mrd. Dollar auskehren. Wenn man grob überschlägt, was an überschüssigem Kapital vorhanden sein dürfte wäre auch die Hälfte mehr möglich.

Ambitionierte Ziele

Wenn der Deutsche-Bank-Rivale Barclays am Donnerstag (1.August) seine Halbjahresbilanz zieht, wird es nicht nur darum gehen, ob sich das Investment Banking vom schwachen Auftaktquartal erholt hat. Die Frage ist, ob CEO C.S. Venkatakrishnan die im Februar verkündeten ambitionierten Renditeziele erreichen und die versprochenen Ausschüttungen an die Anteilseigner liefern kann.

Für das Team des UBS-Bankanalysten Jason Napier ist Barclays unter den britischen Instituten das attraktivste. Dem Management zufolge werden 2024 rund 3 Mrd. Pfund in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an die Aktionäre ausgekehrt. Mit den Zahlen des zweite Quartals dürfte Napier zufolge ein 750 Mill. Pfund schwerer Rückkauf angekündigt werden.

Wundertüte Structural Hedge

Das europäische Investment Banking dürfte sich langsamer erholen als das US-Geschäft. Zu den Risiken gehört, dass das Kapitalmarktgeschäft vorerst am Boden bleibt. Für die Bankanalysten der HSBC könnte der Gewinnbeitrag der Absicherungsgeschäfte positiv überraschen. Barclays plane bis 2026 mit einem Anstieg von 2 Mrd. Pfund. Grundlage dessen sei, dass Geld aus fällig werdenden Swaps zu 75% reinvestiert wird. Dann würde der Hedge mit dem Einlagevolumen schrumpfen.

Doch im ersten Quartal habe Barclays eher 90% reinvestiert. Deshalb könne der Gewinnbeitrag des Structural Hedge 2026 um 2,6 Mrd. Pfund höher liegen.

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