Trotz unsicherer Aussichten

Britische Banken mit soliden Geschäften

Britische Großbanken stehen trotz der weltweiten Ungewissheit gut da. HSBC und Standard Chartered könnten allerdings Überraschungen liefern.

Britische Banken mit soliden Geschäften

Britische Banken punkten

Institute profitieren von Absicherungsgeschäften, guter Kreditqualität und Kostensenkungen

Von Andreas Hippin, London

Die auf den Heimatmarkt fokussierten britischen Großbanken dürften ihre Anteilseigner mit ihren Geschäftsergebnissen für die drei Monate seit Jahresbeginn nicht enttäuschen. Sie profitieren von Absicherungsgeschäften (Structural Hedge), der guten Kreditqualität und Kostensenkungsanstrengungen. Doch die erhöhte weltweite Ungewissheit seit dem Amtsantritt von Donald Trump schickte auch ihre Aktienkurse in den Keller.

Diese Woche beginnt die Quartalsberichterstattung der britischen Institute. Den Anfang macht am Dienstag die HSBC, gefolgt von Barclays am Mittwoch und Lloyds Banking Group am Donnerstag. Den Abschluss bilden am Freitag Natwest und Standard Chartered.

Schwacher Dollar belastet

Barclays, HSBC und Standard Chartered haben unter der Stärke des Pfunds gegen den Dollar zu leiden. Bei der Transatlantikbank Barclays fallen zwei Fünftel der Erträge in der US-Währung an. HSBC und Standard Chartered berichten in Dollar. Die wirtschaftliche Verlangsamung in der Volksrepublik China und die Probleme im chinesischen Immobiliensektor gehen an ihnen nicht vorbei.

Ende März hatten vier der größten chinesischen Banken angekündigt, Aktien für 72 Mrd. Dollar bei Investoren zu platzieren, um ihr Kernkapital aufzubessern. Darunter befand sich auch die Bank of Communications (BoCom), an der HSBC knapp ein Fünftel hielt. Bocom wollte fast 17 Mrd. Dollar einsammeln.

Wertberichtigungen in Milliardenhöhe drohen

„Wir haben den Verdacht, dass das Management nicht zeichnen wird, solange die chinesische Regierung keinen Druck ausübt“, schrieben die Analysten von Keefe, Bruyette & Woods damals. „Aber es wird sich mit Sicherheit der Realität stellen müssen und ihr Investment auf den Marktwert wertberichtigen müssen.“ Das würde den greifbaren Nettoinventarwert um 8,8 Mrd. Dollar oder 38 Pence je Aktie schmälern.

Ihr Anteil werde durch die Kapitalmaßnahme von 19,03% auf 16,06% reduziert, hieß es in einer Pflichtveröffentlichung der britischen Bank. Nun wird sich zeigen, wie die Beteiligung fortan in den Büchern steht.

Anderer Blick auf China-Exposures

Auch Standard Chartered verfügt über ein erhebliches Exposure zu China. Die Bank, die den Großteil ihres Geschäfts in Schwellenländern macht, ist an der China Bohai Bank beteiligt. Die gehört zwar nicht zu den Instituten, die frisches Geld einsammeln wollten. Doch werden Chancen und Risiken in der Region spätestens seit den US-Strafzöllen gegen das Reich der Mitte am Markt anders gesehen.

Der Optimismus von Analysten für Banken, die sich auf den britischen Markt konzentrieren, rührt daher, dass das Land vergleichsweise wenig in die USA exportiert. Im Vergleich zu Deutschland ist es, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, nur halb so viel. Die Zölle, mit denen US-Präsident Trump die Welt belegt, treffen das Land weniger hart als die EU.

Sinkende Zinsen erwartet

Man kann das als Wettbewerbsvorteil sehen, oder als Brexit-Dividende. Zu den Risiken gehören eine weitere Abwertung des Dollars, eine Verschlechterung der Kreditqualität und sinkende Zinsen. Viele Volkswirte rechnen mittlerweile damit, dass die Bank of England den Leitzins im laufenden Jahr stärker senken wird als bislang angenommen.

Die Dynamik der Branche sei attraktiv, urteilt der UBS-Bankenanalyst Jason Napier. Das drücke sich unter anderem in starken Bilanzen, Anzeichen für ein wachstumsfreundlicheres aufsichtsrechtliches Regime, zunehmendem Wachstum der Kreditvergabe und einer rationale Preisgestaltung aus.

Skandal um Autofinanzierungen

Seit der Finanzkrise sind die britischen Banken zudem auch nicht durch riskante Kreditvergabepraktiken aufgefallen. Noch schwebt allerdings das Anfang April eröffnete Verfahren am Supreme Court wegen nicht offengelegter Kommissionen bei Autofinanzierungen wie ein Damoklesschwert über der Branche. Der Court of Appeals hatte sich auf die Seite der klagenden Verbraucher gestellt.

Das Institut, das einst für den Skandal um nutzlose Restschuldversicherungen (PPI) die höchste Entschädigungssumme leisten musste, wird auch in diesem Fall am tiefsten in die Tasche greifen müssen. PPI kostete die Lloyds Banking Group rund 22 Mrd. Pfund. Ihr gehört der Autofinanzierer Black Horse. 

Lloyds_Rückstellungen im Fokus

Die Analysten von Jefferies gehen davon aus, dass die Rückstellungen von 1,15 Mrd. Pfund, die Lloyds für mögliche Entschädigungen gebildet hat, schon fast ausreichen könnten. Andere sind weit weniger optimistisch.

Britische Banken werden sich nicht mit der weltweiten Ungewissheit herausreden müssen, wenn sie ihre Quartalszahlen präsentieren. Das Land exportiert vergleichsweise wenig in die USA. Die Institute sind Kreditrisiken aus dem Weg gegangen und haben ihre Betriebskosten durch Digitalisierung gedrückt.

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