Commerzbank

Chancen auf den Exit des Bundes steigen

Alle vier Jahre steigt die Chance auf Reprivatisierung der Commerzbank. Nur ein neuer Finanzminister wird es wagen, die seit der Rettung mit Steuergeld entstandenen Kursverluste zu realisieren.

Chancen auf den Exit des Bundes steigen

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Noch ist nicht klar, wer das Bundesfinanzministerium von Olaf Scholz (SPD) übernehmen wird. Fest steht jedoch, dass die Chancen für eine vollständige Reprivatisierung der Commerzbank so gut stehen wie seit mehreren Jahren nicht mehr. Nur ein neuer Minister, der seine Amtszeit unbelastet antritt, werde es in Kauf nehmen, die Milliardenverluste zu realisieren, die dem Bund seit seinem Einstieg bei der Commerzbank auf dem Höhepunkt der Bankenkrise 2009 entstanden sind. So zumindest die Meinung vieler in der Branche, die zur Commerzbank eine Meinung haben, ihren Namen insbesondere in diesen Tagen aber um keinen Preis in der Zeitung lesen wollen. Am besten stehen die Chancen auf einen Ausstieg des Staats unter einem von der FDP geführten Ministerium. Sie ist die einzige der an der Regierungsbildung beteiligten Parteien, in deren Programm der Verkauf von Staatsbeteiligungen an Banken explizit erwähnt wird.

Dabei war es keineswegs der Wunsch nach einer weiteren Staatsbank, der die Bundesregierung dazu bewog, insgesamt 18,2 Mrd. Euro in die Commerzbank zu stecken. Ein Sprecher des damaligen Finanzministers Peer Steinbrück (SPD) begründete die Transaktion vielmehr mit dem Wunsch, die Fusion mit der Dresdner Bank zu sichern, die zu dem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war. Das Überleben der beiden Großbanken stand auf der Kippe, nachdem ruchbar geworden war, dass sich im Investment Banking der Dresdner Bank Milliardenverluste aufgetürmt hatten. Um die Lage zu stabilisieren, hatte der Bund der Commerzbank über den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) bereits im November 2008, nur wenige Monate nach der Bekanntgabe der Übernahmepläne, eine stille Einlage von 8,2 Mrd. Euro gewährt.

Als sich das Ausmaß der Verluste in einem de facto eingefrorenen Interbankenmarkt konkretisierte, entschied Steinbrücks Ministerium Anfang 2009, weitere 10 Mrd. Euro Eigenkapital nachzuschießen. Um sicherzustellen, dass sich kein feindlicher Bieter den in die Schieflage geratenen Mittelstandsfinanzierer unter den Nagel reißen würde, sicherte sich der Bund zugleich eine Sperrminorität von 25% plus einer Aktie. Damit sei sichergestellt, dass die Interessen von Staat und Steuerzahler gewahrt werden, so das Bundesfinanzministerium damals.

Fehlender Realitätssinn

Die zeitgleich abgegebene Beteuerung, dass die Staatsbeteiligung nicht auf Dauer angelegt sei, kann man zwölfeinhalb Jahre später wohl als Hinweis auf einen fehlenden Realitätssinn deuten. Auch von der einstigen Verve, mit der das Institut unter dem damaligen Vorstandschef Martin Blessing einst die Fesseln des Staats abschütteln wollte, ist heute nicht mehr viel zu spüren.

Gut möglich, dass dieser Wunsch in erster Linie der Sehnsucht nach dem Ende des Gehaltsdeckels entsprang, den die EU-Kommission den mit Steuergeldern gestützten Finanzkonzernen auferlegt hatte. So durfte die Commerzbank ihren Vorständen bis 2011 maximal 500000 Euro pro Jahr auszahlen, was Blessing wie viele seiner Kollegen bei anderen von dem Verdikt betroffenen Instituten nachhaltig irritiert haben sollte.

Während in der Branche damals die Rede war von Wettbewerbs­nachteilen im Kampf um Talente, entfachte die erzwungene Bescheidenheit zumindest den Ehrgeiz des Commerzbank-Managements­. Dank einer kreativ strukturierten Abfolge von Kapitalmaßnahmen, in denen die Aktienanleger augenscheinlich zeitweise nicht mehr recht zu beurteilen vermochten, ob eine Kapitalerhöhung denn nun in ihrem Sinne sei oder nicht, gelang es der Commerzbank, bis 2012 einen großen Teil der Staatshilfen wieder zurückzuzahlen. Obgleich der Staat immer noch mit knapp 17% an der Commerzbank beteiligt war, sprudelten wenig später auch wieder die Boni. 2015 strich Blessing erstmals nach der Staatsbeteiligung einen Bonus ein, der ausweislich des Vermögensberichts mit etwa 1,4 Mill. Euro rund die Hälfte seiner Gesamtbezüge ausmachte.

Die von der Gehaltsdeckelung befreite, inzwischen aber mit Vertretern des Bundes im Aufsichtsrat versehene Commerzbank versuchte sich nach Blessings Ausscheiden zunächst auf das eigene Geschäft zu konzentrieren – wohl auch in der Hoffnung, dass sich die Frage nach dem Ausstieg des Staats von selbst erledigen werde, wenn die Bank nur wieder genug verdient. Doch die EZB machte Martin Zielke einen Strich durch die Rechnung. Die Hoffnung auf eine Zinswende sollte sich ebenso wenig erfüllen wie die auf eine Rettung in den Armen der Deutschen Bank. In einem reichlich würdelosen Ränkespiel demontierte das Bundesfinanzministerium den glücklosen Commerzbank-Chef schließlich.

Mit Blick auf einen möglichen Ausstieg hält sich das Institut heute entsprechend bedeckt. „Wie der Staat künftig mit seinen Anteilen an der Commerzbank umgeht, ist die alleinige Entscheidung der nächsten Bundesregierung“, teilt die Commerzbank auf Anfrage mit.

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