Deutsche Bank setzt bei künstlicher Intelligenz auf Partnerschaften
Deutsche Bank setzt auf KI-Partnerschaften
IT-Chef Bernd Leukert: Wir können nicht Milliarden in Basistechnologien investieren und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben
Auf der Euro Finance Week dreht sich am Mittwoch alles um das Thema künstliche Intelligenz (KI). Banken liefern sich hier ein regelrechtes Wettrennen. Bernd Leukert sieht sie vor allem als Unterstützung an. Der IT-Chef der Deutschen Bank setzt dabei vor allem auf Partnerschaften mit Technologieunternehmen.
phh Frankfurt
ChatGPT hat künstliche Intelligenz (KI) auf ein neues Level gehoben und salonfähig gemacht. Gerade einmal zwei Monate brauchte der Chatbot, um auf 100 Millionen Nutzer zu kommen. Zum Vergleich: Die Social-Media-Plattform Tiktok benötigte dafür neun Monate, der Musikstreaming-Anbieter Spotify sogar 4,5 Jahre. Die Anwendungsfälle von KI, insbesondere der generativen, sind vielschichtig.
So beschäftigt sich auch die Finanzbranche intensiv mit dem Thema. Sascha Beck vom Stuttgarter IT-Dienstleister GFT Technologies sprach am Mittwoch auf der Euro Finance Week in Frankfurt von einem regelrechten Wettrennen der Banken um die nächste KI-Anwendung.
An sich ist künstliche Intelligenz kein Neuland für die Bankenbranche, wie Bernd Leukert im Rahmen der Konferenz sagte. Dem Chief Technology, Data and Innovation Officer der Deutschen Bank zufolge arbeitet sein Haus seit Jahren mit künstlicher Intelligenz. Neu sei die generative KI – also künstliche Intelligenz, die in verschiedenster Form Inhalte kreieren kann.
Deutsche Bank kooperiert mit Google und Nvidia
Die Deutsche Bank setze bei dem Thema stark auf Technologiepartnerschaften, beispielsweise mit Google und Nvidia. "Für die Deutsche Bank war das Partnerschaftsthema eine fundamentale Änderung in der Strategie", sagte Leukert. Bis 2019 habe in der Bank die Meinung dominiert, möglichst alles selbst zu entwickeln, zu bauen und zu kontrollieren. Am Ende sei man aber kein IT-Unternehmen, sondern eine Bank. "Wir können nicht Milliarden in Basistechnologien investieren und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben", so der langjährige SAP-Manager, der sich auch mit Fintechs zusammentun möchte.
Bernd Leukert, Deutsche BankWir können nicht Milliarden in Basistechnologien investieren und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben.
KI könne Banken helfen, interne Prozesse zu verschlanken und effizienter zu gestalten. Zudem könne sie die eigenen Entwickler und Programmierer unterstützen, alte Codes besser zu verstehen, zu dokumentieren und in neue Umgebungen zu integrieren. Vor allem aber sei KI ein Werkzeug für IT-Spezialisten, auch mit Blick auf die Qualitätssicherung. Man dürfe sich keineswegs blind auf die Ergebnisse der KI verlassen, insbesondere Berufsanfänger nicht, wie Leukert betonte.
Hätte KI der Deutschen Bank den Postbank-Ärger erspart?
Leukert sieht in KI aber auch das Potenzial, das Kundenerlebnis zu verbessern. Beispielsweise, wenn es darum geht, eine große Menge von Kundenanfragen abzuarbeiten. Ein Mensch müsse immer entscheiden, ob er die Kundenanfrage selbst entscheiden und bearbeiten oder weiterreichen muss. Eine KI könne das in Echtzeit entscheiden. Ob Leukert dabei womöglich die diesjährigen Erfahrungen im Rahmen der ruckeligen Postbank-IT-Integration im Hinterkopf hatte?
Die Deutsche Bank hat im Rahmen des "Unity"-Projekts 50 Milliarden Datensätze von über 12 Millionen Kunden auf die Systeme der Deutschen Bank migriert. Der technische Datentransfer verlief dabei reibungslos, wie die Bank stets betont. Die Bank hatte allerdings unterschätzt wie viele Kundenanfragen in diesem Kontext eingehen würden, was zu erheblichen Bearbeitungsrückständen führte. Bei der Finanzaufsicht BaFin gingen daraufhin so viele Beschwerden ein, dass BaFin-Chef Mark Branson die Bank öffentlich rügte und ihr einen Sonderbeauftragten ins Haus schickte.
Generative KI hätte abgleitet aus historischen Daten nicht zwingend vorhersagen können, dass bei diesem Projekt derart viele Kundenanfragen auftreten würden. Womöglich hätte sie der Bank aber bei deren Abarbeitung geholfen – ein spannendes, aber rückblickend natürlich theoretisches Gedankenspiel, das der Bank möglicherweise viel Ärger erspart hätte.
Ärger droht mit Blick auf das KI-Thema möglicherweise auch noch vom Regulator. Zwar herrschte bei der Euro Finance Week im Panel Einigkeit, dass eine Regulierung wichtig und sinnvoll ist. Tobias Czekalla, Deutschlandchef von Visa, mahnte jedoch, dass die Regulierung die Chancen der KI nicht abwürgen dürfe. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland sei das sehr wichtig.
Einheitliche EU-Regulierung
Eines der größten Risiken für Leukert ist das Thema Unsicherheit. Es sei sehr schwierig, große Investitionen zu tätigen, wenn der rechtliche Rahmen noch nicht feststehe. Die EU hat das Thema zwar auf der Agenda und arbeitet derzeit am EU AI Act. Ein finales Ergebnis liegt aber noch nicht vor.
Sowohl Leukert als auch Czekalla betonten dabei, wie wichtig eine einheitliche europäische Lösung bei der KI-Regulierung sei. Nationale Alleingänge gelte es zu vermeiden, da künstliche Intelligenz nicht an Ländergrenzen haltmache. Eine einheitliche EU-Regulierung sei auch wichtig, um im globalen Wettbewerb mit den USA und China bestehen zu können.