Bankentag

Deutsche Banken drängen Politik zu Reformen

Deutschlands Privatbanken haben die Bundesregierung aufgefordert, umfangreiche Reformen einzuleiten, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Zugleich verlangen sie, die europäische Finanzmarktregulierung noch einmal auf den Prüfstand zu stellen.

Deutsche Banken drängen Politik zu Reformen

Banken drängen Politik zu Reformen

Branche sorgt sich um Wachstum in Deutschland – Schnelle EU-Entscheidungen zu Basel III und Kapitalmarktunion angemahnt

Deutschlands Privatbanken haben die Bundesregierung aufgefordert, umfangreiche Reformen einzuleiten, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Zugleich verlangen sie, die europäische Finanzmarktregulierung noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Sorgen bereiten der Branche unter anderem die Basel-III-Regeln.

ahe Berlin

Die deutschen Privatbanken haben im Vorfeld ihres Branchentreffens in Berlin einen umfangreichen Forderungskatalog an die Politik veröffentlicht. Von der Bundesregierung erwartet die Branche, dass die Bedingungen für Investitionen verbessert werden und das Wachstumspotenzial wieder erhöht wird. Die neue EU-Kommission wiederum sollte nach ihrem Amtsantritt insbesondere rasch den Finanzbinnenmarkt voranbringen und die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, wie der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Christian Sewing, erläuterte. „Wir brauchen tiefgreifende strukturelle Veränderungen.“

Christian Sewing (picture alliance/dpa | Arne Dedert)

Nach Einschätzung des Deutsche-Bank-Chefs fehlt es in Deutschland aktuell an der Perspektive, wieder nachhaltig höheres Wachstum zu erreichen. Leider sei kein politischer Konsens über grundlegende Reformen in Sicht, kritisierte er. „Und zahlreiche Streiks und Proteste haben seit Beginn des Jahres den Eindruck verstärkt, dass unsere Republik in Teilen stillsteht und sich selbst blockiert.“ Dabei bedürfe es dringend mehr öffentlicher und vor allem privater Investitionen.

Bankentag in Berlin

Der BdB hat für Dienstag zum „Bankentag“ nach Berlin geladen. Erwartet werden unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Zu Sewings konkreten Forderungen an die Politiker gehörten im Vorfeld an das Branchentreffen unter anderem Entlastungen bei den Unternehmenssteuern, ein weiterer Bürokratieabbau, Planungssicherheit bei der Energiewende sowie stärkere Arbeitsanreize. Zudem solle die Regierung stärker auf Marktkräfte setzen und Eingriffe auf ein Minimum begrenzen. Als interessante Idee bezeichnete Sewing den von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) vorgeschlagenen „Infrastrukturfonds“.

EU-Wahlen im Fokus

Im Fokus des Bankenverbands stehen derzeit aber vor allem auch die im Juni anstehenden Wahlen zum EU-Parlament und die damit verbundene Bildung einer neuen Europäischen Kommission. Sewing verwies mit Blick auf den EU-Gipfel in der vergangenen Woche darauf, dass die Kapitalmarktunion derzeit so hoch auf der politischen Agenda in Brüssel stehe wie seit Jahren nicht. Diese Chance müsse unbedingt genutzt werden. „Das Thema darf nach den Europawahlen nicht wieder in den Hintergrund treten“, betonte der BdB-Präsident. Vielmehr müsse Europa bei der Kapitalmarktunion nun „zwei Gänge höher schalten“.

Sewing verwies darauf, dass Europas Anteil an den globalen Kapitalmärkten zwischen 2006 und 2022 von 18% auf nur noch 10% zurückgegangen sei. „Fragmentierte und unterentwickelte Märkte kann sich die EU aber nicht mehr leisten“, warnte er. Ohne eine Kapitalmarktunion werde es zudem keinen Green Deal in Europa geben können.

Finanzmarktregulierung zu komplex

Die neue EU-Kommission muss nach Ansicht von Sewing schnell auch die Finanzmarktregulierung noch einmal auf den Prüfstand stellen. Diese sei in den vergangenen Jahren „zunehmend komplexer, teurer und ausufernder geworden“. Die angestrebte strategische Souveränität Europas sei aber eng mit der finanziellen Souveränität verknüpft, argumentierte er. Und wenn Europa unabhängiger werden wolle, brauche es dafür auch stabile Banken, die sich im globalen Wettbewerb behaupten könnten. „Es ist wichtig, dass wir regulatorisch nicht benachteiligt werden.“

Basel-III-Verschiebung gefordert

Sorgen bereitet der Branche derzeit insbesondere die in Europa zum 1. Januar 2025 geplante Einführung der neuen Basel-III-Eigenkapitalanforderungen. Sewing verwies darauf, dass sowohl die USA als auch Großbritannien eine spätere Umsetzung des Regelwerks planten. Zudem zeichneten sich in diesen Ländern auch inhaltliche Erleichterungen ab, was den dortigen Banken „erhebliche Wettbewerbsvorteile im Kapitalmarktgeschäft“ verschaffe, warnte er.

Der Bankenverband forderte daher die EU-Kommission zum Handeln auf. Die Basel-III-Einführung müsse verschoben werden. „Wir brauchen eine Lösung, die den individuellen Besonderheiten der europäischen Banken Rechnung trägt“, stellte der BdB-Präsident klar. Wichtig sei ein Level Playing Field in der Bankenbranche. Positiv ist nach den Worten von Sewing aber, dass die Politik in Brüssel das Basel-III-Problem zumindest schon erkannt habe.

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