Die französische Perspektive auf Transformationsfinanzierung
Was macht eigentlich ein nachhaltiges Investment aus? Französische und deutsche Investoren kommen in dieser Frage zu unterschiedlichen Ansätzen, sagt John Korter, langjähriger Country Manager Deutschland und seit einem Jahr Head of European Sales bei dem französischen Vermögensverwalter La Financière de l’Echiquier (LFDE), im Podcast „Nachhaltiges Investieren“ der Börsen-Zeitung.
In Deutschland sind Anleger seiner Beobachtung nach oft auf der Suche nach Unternehmen, die bereits viele Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. In Frankreich sei dagegen eher der Weg das Ziel: „In Deutschland, wenn man über Nachhaltigkeit spricht, dann ist es nur grün, tiefgrün, ultragrün – also man erwartet quasi, dass ein Unternehmen oder dass eine Person dieses Nachhaltigkeitsthema schon bis zum Endpunkt, bis zum Extrem durchgesetzt hat. Und in Frankreich sagt man: ‚Okay, wie kommen wir dahin?‘“ Unter dem Schlagwort der Nachhaltigkeit könne man in Frankreich auch in Unternehmen investieren, die noch nicht grün sind, sich aber auf dem Weg befinden. Das Universum an investierbaren Titel werde dadurch größer.
Die 1991 gegründete LFDE ist seit 2023 Teil von La Banque Postale Asset Management mit insgesamt knapp 70 Mrd. Euro Assets under Management. Auf LFDE entfallen etwa 25 Mrd. Euro verwaltete Mittel. Der Assetmanager ist europaweit tätig, richtet sich aber Korter zufolge eher an den strengeren deutschen Auslegungen zu Nachhaltigkeit aus. Französischen Kunden gehe dies mitunter zu weit.
Ist Atomstrom nachhaltig?
Der unterschiedliche Blick auf Nachhaltigkeit sei da eine Herausforderung, sagt Korter – besonders deutlich wird dies etwa beim Thema Atomstrom. Das in Deutschland stark verbreitete Umweltlabel, das FNG-Siegel, lässt beispielsweise nur Investitionen in Unternehmen zu, die maximal 5% ihres Umsatzes mit Atomenergie machen. Auch bei LFDE habe man sich danach gerichtet – und dann Diskussionen mit französischen Kunden bekommen, denen diese Grenze zu tief liege. „In Frankreich liegt die Grenze bei 10%, wenn überhaupt“, beobachtet Korter. Nun müsse man überlegen, ob man das deutsche Label fallenlassen müsse, weil es Nachteile bringe.
Das zentrale Umweltlabel in Frankreich wird dagegen staatlich verliehen, was die Anerkennung deutlich fördere. Der Idealfall wäre aus Korters Sicht ein Label mit europaweit einheitlichen Kriterien im ESG-Bereich. Gefordert werde dies in der Branche seit Jahren, bislang ohne Erfolg.
Zurückhaltung bei ESG-Themen
Im Umgang mit nachhaltigen Investments kann er dem französischen Weg einiges abgewinnen, „weil er nicht das Ziel als das Hauptkriterium sieht, sondern die Art und Weise, wie man dahin kommt.“ In Deutschland spürt er seit einiger Zeit starke Zurückhaltung. „Bis auf wirklich spezialisierte Investoren oder auch institutionelle Investoren, die das als Vorgabekriterium haben, will inzwischen keiner mehr über das Thema reden“, sagt Korter. In Spanien und Italien sei Nachhaltigkeit ohnehin kaum Thema – da sei es eher „nice to have“.
Positive Anreize
Korter wünscht sich, dass man sich in Deutschland etwas von der Flexibilität der Franzosen abschaut. Nicht alles lasse sich übertragen, räumt er ein. Die stärker zentralisierten Strukturen in Frankreich machten es einfacher, Initiativen umzusetzen. Dabei sei es aber auch gelungen, positive Anreize zu setzen. „Frankreich hat Aktiensparpläne, die nach fünf Jahren steuerfrei sind. Das gibt es in Deutschland nicht. Das hat Milliarden von den Sparbüchern weggeholt“, nennt Korter ein Beispiel. Auch im Bereich Nachhaltigkeit könne man sich diese Herangehensweise anschauen. „Man muss die Leute einfach ein bisschen teasern.“
Der französische Blick auf Transformationsfinanzierung
John Korter vom Assetmanager La Financière de l’Echiquier über Unterschiede zu Deutschland und den Weg als Ziel
sar Frankfurt
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