Kreditwirtschaft

Europas Banken präsentieren sich noch gut in Schuss

Eine „bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit“ bescheinigt Deutsche Bank Research aktuell dem europäischen Bankensektor trotz Kriegs und makroökonomischer Verwerfungen.

Europas Banken präsentieren sich noch gut in Schuss

fir Frankfurt

Europas Banken präsentieren sich trotz der Folgen des Ukraine-Kriegs und drohender Rezession noch in guter Verfassung, befindet eine Analyse von Deutsche Bank Research. Die erste Jahreshälfte zeuge von einer „bemerkenswerten Wi­derstandsfähigkeit“ angesichts von Energiekrise, Inflation und der Folgen durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Inflation und Zinserhöhung

Die Lage der Banken ist demnach geprägt von vielfachen, teils in verschiedene Richtungen weisenden Ef­fekten. „In einer ungewöhnlichen Kon­stellation leidet und profitiert der Bankensektor gleichzeitig unter der derzeit schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage“, schreibt Jan Schildbach in seiner Analyse des europäischen Bankensektors. So treibe einerseits die Inflation die Kosten, führe andererseits aber auch zu einer Normalisierung der Geldpolitik mit der Folge eines sprunghaften An­stiegs der Nettozinserträge. Rezessionsängste bedingten höhere Rückstellungen für etwaige Kreditausfälle in einer Zeit, in der großzügige Kapitalausschüttungen die harten Kernkapitalquoten absenkten, auch wenn diese nach wie vor auf einem soliden Niveau lägen. Zum zweiten Mal seit der Finanzkrise sei die harte Kernkapitalquote deutlich zurückgegangen, von im Schnitt 14,8% im Juni 2021 auf 13,8% in diesem Jahr. Dass die Gesamterträge im ersten Halbjahr im Jahresvergleich um 6,5% gestiegen sind und damit das Kostenwachstum annähernd zu kompensieren vermochten, sei in erster Linie auf die Zinseinnahmen zurückzuführen. Provisions- und auch Handelserträge stagnierten den Angaben zufolge, auch weil die Dynamik an den Kapitalmärkten nachließ. „Stattdessen war die einzige Triebkraft eine beeindruckende Erholung des Zinsüberschusses“ um 12% im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 122,9 Mrd. Euro (s. Grafik). Im ge­samten vergangenen Jahr lag der entsprechende Wert bei 223,9 Mrd. Euro. Hier sei zunächst angesichts der bevorstehenden Zinserhöhungen durch Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) mit einem weiteren Anstieg der Zinsüberschüsse der Banken zu rechnen. Allerdings werde sich dieser sowohl von Kreditwachstum als auch von Margenausweitung befeuerte Effekt in Zukunft wahrscheinlich abschwächen, heißt es, da die Konjunkturabschwächung die Nachfrage nach Krediten dämpfen dürfte.

Zugleich seien die Verwaltungsaufwendungen um 8,5% angewachsen, womit die Zeit wirksamen Kostenmanagements zu Ende gegangen sei, das zwischen 2016 und 2020 aufeinanderfolgend zu Rückgängen geführt habe. Vier Gründe nennt der Analyst für den Anstieg: Inflation, höhere Beiträge zu Abwicklungsfonds und Einlagensicherung, darüber hinaus auch Währungseffekte wie die Abschwächung des Euro gegenüber dem Dollar und nicht zuletzt höhere Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten. Allein die Jahresbeiträge für den einheitlichen Ab­wicklungsfonds der Bankenunion stiegen in diesem Jahr auf 13,7 Mrd. Euro angesichts eines angeschwollenen Einlagenvolumens. Zum Vergleich: 2019 hatten die europäischen Institute noch 7,8 Mrd. Euro abgeführt.

Ende historischer Anomalien

Verschiedene „historische Anomalien“ seien mit der allmählichen Normalisierung der Geldpolitik bereits verschwunden oder würden dies bald tun. Dies betreffe einerseits die Abschaffung der negativen Einlagensätze im Juli, welche die Zinserträge der Banken belastet hatten, andererseits aber auch die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte TLTRO III der EZB, die den teilnehmenden Banken teils ordentliche Zins­einnahmen verschafft hatten. Dieser Refinanzierungsvorteil werde sich alsbald wieder in einen Refinanzierungsaufwand verwandeln. Außerdem versiegen die Einnahmen aus den Verwahrentgelten.

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