Großbritannien setzt bei Solvency II die Axt an
hip London
City-Minister John Glen hat bei einem Dinner der Association of British Insurers (ABI) dargelegt, wie sich die britische Regierung die künftige Regulierung der Branche vorstellt. Aufsichtsrechtliche Erleichterungen könnten nach seiner Rechnung 10 % bis 15 % des von Lebensversicherern vorgehaltenen Kapitals freisetzen, „was ihnen erlauben würde, zweistellige Milliardenbeträge in langfristig produktive Assets zu investieren“, sagte Glen. Der EU-Austritt ermöglicht London, bei Solvency II die Axt anzusetzen. Dazu gehört dem Staatssekretär des Schatzamts zufolge eine „wesentliche Reduzierung“ der Risikomarge, die zusammen mit der Erwartungswertrückstellung die versicherungstechnischen Verbindlichkeiten bildet. Für langfristig orientierte Lebensversicherer könne das einer Verringerung um 60 % bis 70 % gleichkommen.
Der für die Berechnung des sogenannten Matching Adjustments genutzte Spread werde auf den Prüfstand gestellt, um seine Anfälligkeit für Kreditrisiken besser zu reflektieren. Das Matching Adjustment dient der Anpassung der risikofreien Zinsstrukturkurve zur Ermittlung des besten Schätzwerts eines Portfolios von Versicherungsverpflichtungen.
Die Regierung wolle den Versicherern zudem wesentlich mehr Flexibilität ermöglichen, um den Weg für langfristige Investitionen in Infrastruktur – „die Hardware, die Wirtschaftswachstum möglich macht“ – freizumachen, sagte Glen. Zudem werde man die von der EU übernommenen Regeln zusammenstreichen, auf die sich die derzeitige Belastung durch Berichterstattungs- und Verwaltungsaufgaben zurückführen lasse. Im April soll eine Konsultation zu diesem Thema an den Start gebracht werden. Die Bankenaufsicht PRA (Prudential Regulation Authority) will sich im weiteren Jahresverlauf mit den Details befassen.
Charlotte Clark, die bei der ABI das Thema Regulierung verantwortet, begrüßte die Ankündigungen: „Wir haben uns lange für eine bedeutende Reform ausgesprochen, die den Zielen der Regierung gerecht wird und der Branche ermöglicht, eine noch größere Rolle bei der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse und dem Wandel zur Nullemissionswirtschaft zu spielen.“ Der „Telegraph“ zitiert Nigel Wilson und Andy Briggs, die Chefs von Legal & General und Phoenix Group, damit, dass sie im Falle eines solchen „Big Bang“ zusammen um die 80 Mrd. Pfund in die britische Wirtschaft investieren könnten.