Günther Bräunig, Deutsche Pfandbriefbank

„Immobilien­finanzierer wird es immer geben“

Louis Hagen soll im Mai Günther Bräunig als Aufsichtsratschef der Deutschen Pfandbriefbank ablösen. Bräunig blickt im Interview auf 14 Amtsjahre zurück – und spricht über Zukunftsthemen wie offene Spezialfonds und die ökologische Transformation.

„Immobilien­finanzierer wird es immer geben“

Herr Bräunig, Sie werden bei der Hauptversammlung den Aufsichtsratsvorsitz an Louis Hagen weiterreichen. Ein Wort zu Ihrem Nachfolger?

Ich halte ihn persönlich für sehr geeignet. Er hat selbst eine Immobilienbank geleitet. Und er bringt als ehemaliger Präsident und Hauptgeschäftsführer des Verbands der Pfandbriefbanken alle Expertise mit, die man sich wünschen kann.

In welcher Verfassung befindet sich die Deutsche Pfandbriefbank heute?

Ich freue mich, ein gut geordnetes und erfolgreiches Haus an meinen Nachfolger zu übergeben.

Sie kennen die Bank auch in anderem Zustand?

Ich habe die Entwicklung der Pfandbriefbank seit der Finanzkrise aus der Nähe begleitet. Ich habe die Rettung der Hypo Real Estate (HRE), zu der ja die Pfandbriefbank gehörte, durch den Finanzmarktstabilisierungsfonds, den Soffin, erlebt. Und ich war dabei, als der Bund 2021 wieder aus der Pfandbriefbank ausgestiegen ist. Ich habe also den ganzen Bogen miterlebt.

Warum war es dem Bund damals so wichtig, die HRE zu retten?

Die HRE war eine der ganz großen Pfandbriefemittenten. Und für das Produkt Pfandbrief war es extrem wichtig, dass die HRE nicht untergegangen ist. Das Vertrauen in den Pfandbrief stand auf dem Spiel. Unter anderem deshalb hat der Bund die HRE erst gestützt und dann übernommen.

Damals wurde mit der FMS Wertmanagement eine Bad Bank gegründet, um dahin die schwierigen Assets zu verschieben. Heute passiert das oft in Bad Banks innerhalb der Bank. Halten Sie das Vorgehen damals für richtig?

Ja. Es hat sich damals so ergeben, dass die Bad Bank außerhalb der Bank organisiert wurde – und das war gut so. Das erlaubte der Bank einen Neustart mit einer angemessenen Eigenkapitalausstattung.

Wie schwierig war die Übertragung an die FMS?

Im Jahr 2010 wurden alle schwierigen Assets aus 53 Jurisdiktionen auf die FMS übertragen – und zwar zu marktüblichen Konditionen. Da gab es schon einige anstrengende Ge­spräche mit der FMS, das alles war nicht einfach. Aber dadurch konnte die Pfandbriefbank wieder durchstarten.

Sie sind 2009 in den Aufsichtsrat eingezogen. Wodurch waren die ersten Jahre geprägt?

In der Rückschau stehen die Jahre 2009 bis 2012 für eine harte Restrukturierung. Die Bank musste ja auf Drängen der EU-Kommission Teile des alten Geschäfts abgeben, etwa in Italien oder den USA – im Gegenzug für die erhaltenen Beihilfen in Form frischen Eigenkapitals.

Wie viel von diesem Eigenkapital hat der Bund denn wiedergesehen?

Die FMS hat darauf hingewiesen, dass der Bund letztlich mehr herausbekommen hat als er reingesteckt hat – etwa durch Ausschüttungen, den Börsengang oder durch den Verkauf der restlichen Anteile 2021. Allerdings muss man bei einer Gesamtrechnung sicherlich auch alles das noch berücksichtigen, was wahrscheinlich erst in 20 Jahren abgearbeitet sein wird.

Sie blicken zufrieden zurück?

Ja. Das Engagement bei der Pfandbriefbank ist eine Erfolgsstory.

Was hat der Aufsichtsrat beigetragen?

Wir haben es geschafft, eine kritisch-begleitende, konstruktive Zusammenarbeit mit dem Vorstand zu organisieren. Aufsichtsratsarbeit bedeutet ja auch, das richtige Personal zu finden. Bei der Pfandbriefbank ist das Vorstandsteam unter der Führung von Andreas Arndt bemerkenswert stabil. Drei der vier Vorstände der Pfandbriefbank sind seit 2014 an Bord.

Welche Phase war aus Ihrer Sicht besonders schwierig?

Im Jahr 2014 wechselte der Vorstandschef und ich übernahm den Aufsichtsratsvorsitz. Schon ein Jahr später haben wir das IPO gemacht, denn es gab ja eine aus Brüssel vorgegebene Frist für die Privatisierung. Das war eine der größten Herausforderungen für das Management.

War der Börsengang denn entscheidend?

Ja. Wichtig war, dass die Bank die Rückkehr an den Markt geschafft hat und 2018 sogar die Rückkehr an den US-Markt. Heute sind die USA ein wichtiges Standbein der Pfandbriefbank.

Was waren die Lehren für die Pfandbriefbank aus dem Debakel der HRE in der Finanzkrise?

Die Pfandbriefbank hat aus dieser Erfahrung der Finanzkrise heraus nie wieder nennenswerte Zinsrisiken genommen, sondern sich kongruent finanziert. Bei einem schnellen Zinsanstieg wie aktuell liegen sonst schnell ein paar Bücher schief. Und: Wir verfolgen einen konservativen Risikoansatz.

Was heißt das?

Wir haben zwar manches große Ticket geschrieben, aber immer nur Senior Lending. Das ist ja bis heute die Kapitalmarktstory der Bank: solide Eigenkapitalausstattung, risikoaverses Profil, Zusammenarbeit mit sehr erfahrenen Immobilienentwicklern, stabile Dividenden mit hoher Ausschüttungsquote. Seit dem IPO liegt unsere Ausschüttungsquote bei rund 75%.

Vieles davon beanspruchen auch Ihre Wettbewerber für sich. Wo unterscheidet sich die Pfandbriefbank?

Natürlich gibt es in der gewerblichen Immobilienfinanzierung Wettbewerber. In Deutschland sind das vor allem die Landesbanken. Und dann gibt es Debt Fonds. Eine gewerbliche Immobilie, die von der Allianz für 20 Jahre gemietet wird, das ist nicht unbedingt das Geschäft, wo die Pfandbriefbank den besten Preis bieten wird.

Sondern?

Unser Geschäft ist, wenn eine Immobilie im Umbruch ist, wenn die neu aufgestellt wird, wenn es Entwicklungsanteile gibt. Also wenn Sie gemeinsam mit erfahrenen Immobilienentwicklern Risiken eingehen, die Sie glauben, gut einschätzen zu können. Da haben wir uns Vertrauen von Investoren und Marktanteile erarbeitet.

Was ist in der Pfandbriefbank heute anders als früher?

Wir haben die Refinanzierung verbreitert. Es war mir persönlich sehr wichtig, dass die Bank seit einigen Jahren über „PBB direkt“ Einlagen einsammelt. In bestimmten Marktphasen ist die Refinanzierung über Einlagen für die Bank sogar günstiger als via Pfandbrief.

Und auf der Produktseite?

Seit 2022 schlagen wir eine neue Seite auf, der Bund ist raus, wir nehmen uns ein anspruchsvolles Wachstum vor – im Kerngeschäft in der gewerblichen Immobilienfinanzierung, aber auch durch neue Produkte im Assetmanagement, für das wir einen neuen Geschäftsbereich schaffen, in den wir investieren.

Was bedeutet das konkret?

Wir streben an, in diesem Jahr die Voraussetzungen für die Auflage eines offenen Immobilienspezialfonds für institutionelle Anleger zu schaffen. Ich freue mich sehr, dass wir für den neuen Geschäftsbereich mit Pamela Hoerr eine ausgewiesene Immobilienexpertin als Ergänzung für unser Vorstandsteam gefunden haben. Wir suchen im Moment die geeignete Immobilie oder ein interessantes Portfolio. Wir suchen in Deutschland, aber nicht nur in Deutschland.

Ist das nicht ein schlechtes Timing?

Sicherlich ist die Marktlage herausfordernd. Aktuell ist der Markt durch den Zinsanstieg im Umbruch. Es gibt weniger neue Projekte. Und der Markt muss erst noch ein neues Preisniveau finden. Zudem nähern sich die Anleiherenditen den Immobilienrenditen an. Daher haben wir lange und genau über das neue Geschäftsfeld nachgedacht, und uns für den Start entschieden. Denn: Die Assetklasse Immobilien hat immer ihre Daseinsberechtigung. Es wird immer Immobilienfinanzierer geben.

Was ist das wichtigste Zukunftsthema?

Wir arbeiten sehr stark an der ökologischen Transformation von Gebäuden. Wenn Sie Green Bonds emittieren wollen, brauchen Sie schließlich auch Green Assets. Heute stellt sich stets die Frage: Welche ESG-Investitionen sind notwendig?

Herr Bräunig, Sie haben sich aus der KfW verabschiedet und werden nun auch die Pfandbriefbank verlassen. Was machen Sie eigentlich in Zukunft?

Ich arbeite sehr aktiv am Thema neue Energiequellen. Ich bin als Berater für eine Firma tätig, die in großem Stil den grünen Wasserstoff nach Deutschland bringen will. Das ist ein industrielles Projekt, da gibt es Finanzierungsthemen und perspektivisch auch das Thema IPO. Das beschäftigt mich schon heute manchmal mehr als mir lieb ist.

Das Interview führten Anna Sleegers und Detlef Fechtner.

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