Industriepolitik spielt für die BaFin keine Rolle
Das von Unicredit beantragte Inhaberkontrollverfahren für die Commerzbank ist laut BaFin-Präsident Mark Branson rein technisch. „Die Kriterien, die ein Käufer erfüllen muss, sind rein aufsichtsrechtlicher Natur, nur sie sind für unsere Entscheidung maßgeblich. Industriepolitik spielt da keine Rolle“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
BaFin bereitet EZB-Entscheidung vor
Am 11. September hatte Unicredit offengelegt,, dass sie ihre Beteiligung an der Commerzbank im Zuge des Anteilsverkaufs durch den Bund auf 9,3% erhöht hatte. Zeitgleich leitete die italienische Großbank das Verfahren bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ein, unter deren Aufsicht beide Banken stehen. Die Entscheidung wird durch die nationale Behörde vorbereitet, im Falle der Commerzbank also durch die BaFin.
Branson sieht Verfahrensdauer in der Hand des Käufers
Wie lange die aufsichtsrechtliche Prüfung des Vorhabens dauern wird, ließ sich Branson nicht entlocken. Im Rahmen des Inhaberkontrollverfahrens müsse der Käufer sehr viele Unterlagen einreichen. Sobald diese vollständig vorliegen, beginnt eine Frist von 60 Tagen, die von der Aufsicht noch einmal um 30 Tage verlängert werden. „Es liegt in der Hand des Käufers, dass die Unterlagen vollständig sind“, so Branson.
„Käufer geht ins Risiko“
Zwischenzeitlich hat sich Unicredit über Derivate Zugriff auf rund 21% der Commerzbank-Anteile verschafft. Wie Branson herausstellte, wird das Institut diese Optionen jedoch nicht ausüben können, falls das beantragte Inhaberkontrollverfahren über den Erwerb von 10% der Commerzbank-Anteile abschlägig entschieden wird. „Bei solchen Aktivitäten geht der Käufer ins Risiko“, unterstrich der BaFin-Präsident. Allerdings kann dieses Risiko über Absicherungsgeschäfte minimiert werden.
Marktversorgung für die Aufsicht irrelevant
Die Frage, ob eine Übernahme der Commerzbank durch die in Deutschland bereits über die HVB vertretene Unicredit die Kreditvergabe an den deutschen Mittelstand beeinträchtigen könnte, ist Branson zufolge nicht Inhalt der Prüfung. „Der Kriterienkatalog, nach dem die EZB entscheidet, deckt Fragen der Marktversorgung nicht explizit ab“, sagte er der „FAZ“. Dies sei Sache der Wettbewerbs- und Kartellbehörden. Zugleich stellte er klar, dass die deutsche Bankenlandschaft aus seiner Sicht nicht unter einer Kreditknappheit auf der Angebotsseite leide.
Wer nach einem Zusammenschluss der beiden Institute Liquidität zuschießen müsste, wenn das fusionierte Institut in die Schieflage geraten sollte, ist durch das Regelwerk der Bankenunion geklärt, wie Branson unterstrich, ohne in die Details zu gehen. Implizit widersprach er damit Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp, die zuletzt betont hatte, dass ohne eine Vollendung der Bankenunion die potenziellen Vorteile einer grenzüberschreitenden Fusion nicht ausgeschöpft werden könnten.
Organisationsstruktur nicht Bestandteil des Prüfungsprozesses
Bei der bislang noch nicht harmonisierten Einlagensicherung hänge es von der Organisationsstruktur ab. Diese sei allerdings ebenfalls nicht Bestandteil des Inhaberkontrollverfahrens, betonte der BaFin-Präsident. Würde das Geschäft der Commerzbank als Tochtergesellschaft weitergeführt, wäre auch weiterhin die deutsche Einlagensicherung zuständig. Als reine Zweigniederlassung würde sie dem italienischen Einlagensicherungssystem unterliegen.