Italiens Banken vor Konsolidierung

Monte dei Paschi will Mediobanca kaufen

Mit dem Übernahmeangebot für die Mediobanca hat Monte-dei-Paschi-di-Siena-CEO Luigi Lovaglio einen Überraschungs-Coup gelandet. Die Konsolidierungswelle in Italiens Bankenlandschaft geht weiter.

Monte dei Paschi will Mediobanca kaufen

Übernahmeangebot für Mediobanca

Monte dei Paschi will Mediobanca kaufen

Konsolidierung in Italiens Bankenlandschaft setzt sich fort – Nummer drei der Branche würde entstehen

Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand

Die Konsolidierungswelle in Italiens Bankensystem geht weiter. Die teilstaatliche Monte dei Paschi di Siena (MPS) will für 13,3 Mrd. Euro Italiens größte Investmentbank Mediobanca übernehmen. MPS bietet den Mediobanca-Anteilseignern 2,3 neue Aktien für ein Mediobanca-Papier. Das entspricht einem Preis von 15,992 Euro je Aktie oder einem Aufschlag von 5,03% gegenüber dem Mediobanca-Schlusskurs vom Donnerstag. An der Börse legten die Mediobanca-Aktien um mehr als 6% zu, MPS-Papiere gaben um mehr als 5% nach.

Neuer nationaler Champion

Monte dei Paschi erklärte, einen neuen nationalen Champion schaffen zu wollen, der in zentralen Sektoren wie der Vermögensverwaltung, dem Retail Banking, bei Konsumentenkrediten und im M&A-Geschäft die Nummer drei im Land sein werde. An der Börse wäre das neue Gebilde nach derzeitigen Kursen etwa 22 Mrd. Euro wert.

Vom Gejagten zum Jäger

Der Schritt der ältesten noch existierenden Bank der Welt kommt völlig überraschend. Denn damit wird die langjährige Krisenbank, die 2017 mit einer staatlichen Kapitalspritze von 5,4 Mrd. Euro „gerettet“ werden musste, vom Gejagten zum Jäger. Im Herbst hatte Italiens drittgrößte Bank BPM vom italienischen Staat 5% der MPS-Anteile übernommen. Damit schien der Weg frei zur Bildung einer dritten großen Bank in Italien. Doch die BPM, die auch dem italienischen Vermögensverwalter Anima eine Offerte über 1,6 Mrd. Euro unterbreitet hat, ist selbst Gegenstand eines Kaufangebots: Italiens zweitgrößte Bank Unicredit will die BPM für 10 Mrd. Euro erwerben.

„Mit dieser Transaktion industrieller Natur wollen wir einen neuen Ansatz auf dem Weg der Konsolidierung des Bankensektors markieren, der auf innovative Art und Weise sowohl für die Aktionäre von MPS und Mediobanca als auch, wie ich glaube, für das gesamte System des Landes unmittelbar Werte schafft“, sagte MPS-CEO Luigi Lovaglio.

Unternehmer im Hintergrund

Die Übernahme könnte sogar Startschuss für die Bildung eines riesigen neuen Banken- und Versicherungskonzerns in Italien sein. Denn es ist unwahrscheinlich, dass die Offerte ohne die Zustimmung der Monte-dei-Paschi-Aktionäre Francesco Caltagirone, eines Bau- und Medien-Unternehmers, sowie der Holding Delfin der Erben des verstorbenen EssilorLuxottica-Großaktionärs Leonardo Del Vecchio erfolgt ist. Die beiden Aktionäre halten zusammen 14,8% der Anteile und sind außerdem mit insgesamt 29,72% an der Mediobanca beteiligt. In dem neuen Gebilde würden Delfin 15,7% und Caltagirone 6,6% kontrollieren.

Der italienische Staat, der seine Monte-dei-Paschi-Beteiligung zuletzt von 64% auf 11,7% reduziert hat und 4,8% einer neuen Großbank kontrollieren würde, hat laut Lovaglio keine Einwände gegen die Transaktion gehabt. Mediobanca nahm nicht Stellung, soll das nicht abgestimmte Angebot aber ablehnen.

Generali-Großaktionäre arbeiten zusammen

Die Transaktion könnte noch erhebliche Weiterungen haben. Denn Caltagirone und die von EssilorLuxottica-CEO Francesco Milleri geführte Holding Delfin sind mit zusammen fast 17% der Anteile größte Anteilseigner an der Versicherung Generali. Die beiden Unternehmer handeln meist im Einklang miteinander. Sie haben etwa Vorbehalte gegenüber der geplanten Bildung eines Joint Ventures im Wealth Management mit der französischen Natixis geäußert. Größter Anteilseigner der Generali ist die Mediobanca mit 13%. Im Fall einer Übernahme der Bank durch die MPS könnte auf absehbare Zeit ein riesiger neuer Finanzkonzern aus Monte dei Paschi, Mediobanca und Generali entstehen.

Schwerpunkte Wealth Management und Konsumentenkredite

Die Schwerpunkte der Mediobanca liegen im Wealth Management und in der Konsumentenkredit-Sparte. Das Institut war über Jahrzehnte Strippenzieher bei fast allen großen wirtschaftlichen Transaktionen in Italien. Die Mediobanca ist hochprofitabel, im Bereich M&A führend in Italien, aber auch stark in Frankreich, Spanien, Deutschland und in der Schweiz tätig.

MPS hat sich nach einer Kapitalerhöhung um 2,5 Mrd. Euro 2022 vom hässlichen Entlein in einen wunderschönen Schwan verwandelt. Der Nettogewinn stieg per Ende September 2024 um 69% auf 1,6 Mrd. Euro. Die Bank verfügt über ein Überschusskapital von 3 Mrd. Euro.

Steuergutschriften

Die Transaktion würde es der Monte dei Paschi nach eigenen Angaben erlauben, in den nächsten sechs Jahren von Steuergutschriften (DTA) von 2,9 Mrd. Euro zu profitieren. Die Synergien eines Zusammenschlusses werden mit 700 Mill. Euro angegeben, die Integrationskosten mit 600 Mill. Euro.

Monte dei Paschi will Mediobanca für 13,3 Mrd. Euro übernehmen und damit einen neuen Banken-Champion schaffen. Mit Schwerpunkten in Vermögensverwaltung, Retail-Banking und Konsumentenkrediten würde durch die Fusion Italiens Nummer drei entstehen. Die Übernahme könnte das Finanzsystem neu prägen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.