Serie:Kein Stein bleibt auf dem anderen (3)

München zieht wieder als Immobilien-Standort

München schaltet nach der Flaute auf Wachstum um: Im vergangenen Jahr hat sich das Transaktionsvolumen für Gewerbeimmobilien mehr als verdoppelt. Investoren sind vom Standort überzeugt, beklagen aber einige Hindernisse.

München zieht wieder als Immobilien-Standort

Serie: Kein Stein bleibt auf dem anderen (3)

München zieht wieder als Immobilien-Standort

Der Markt kommt in Schwung, liegt aber noch weit unter den Spitzenwerten – Institutionelle Investoren im Wettstreit mit Family Offices

Von Joachim Herr, München

München schaltet nach der Flaute auf Wachstum um: Im vergangenen Jahr hat sich das Transaktionsvolumen für Gewerbeimmobilien mehr als verdoppelt. Investoren sind vom Standort überzeugt, beklagen aber einige Hindernisse.

Der Münchner Immobilienmarkt belebt sich. Zwar sind Volumen und die Zahl Transaktionen noch weit vom langjährigen Durchschnitt entfernt, doch für dieses Jahr rechnen Branchenfachleute immerhin mit einem kleinen Schritt nach vorn. „Obwohl das Marktumfeld herausfordernd bleibt, sehen wir für Immobilieninvestoren gute Chancen in allen Nutzungsklassen“, sagte Felix Kugler in diesen Tagen in einem Pressegespräch. „Ein starkes Indiz dafür, dass der Transaktionsmarkt im Jahresverlauf weiter an Dynamik gewinnen wird.“ Kugler ist Geschäftsführer und Regionalmanager Bayern des Immobilienberaters Colliers.

Je nach Datenquelle unterscheiden sich die Zahlen etwas. Kugler nennt für 2024 ein Transaktionsvolumen im Münchner Markt für Gewerbeimmobilien von 2,7 Mrd. Euro. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Allerdings ist die Lücke zum langjährigen Mittelwert von 5,9 Mrd. Euro noch riesig. Für dieses Jahr hält Kugler 3 Mrd. bis 4 Mrd. Euro für realistisch.

Hohe Erwartungen der Investoren

Das Maklerhaus JLL vermutet die Ursachen für das erwartete zögerliche Anziehen des Geschäftsvolumens: „Ohne ein Einlenken der Finanzierer und eine Rückkehr institutioneller Investoren in die Assetklasse Büro wird der Markt nicht voll in Gang kommen“, sagt der Münchner Niederlassungsleiter Markus Trost.

Für die Zurückhaltung der institutionellen Käufer hat der Immobilien-Investmentmanager HIH zwei Erklärungen. In München und dem Umland kaufte das Unternehmen das letzte seiner bisher 15 Objekte im Schlussquartal 2021, wie Daniel Asmus, Teamleiter Transaction Management Office Germany, berichtet. Wegen der danach gestiegenen Zinsen hätten die Renditeerwartungen von Investoren nicht erfüllt werden können. „Wir würden hier gern weitere Büroimmobilien erwerben.“ Der Münchner Markt sei sehr attraktiv und gesund.

„Stabiler als Berlin“

Als zweites Hindernis für die nächste Investition nennt Asmus Family Offices, die auf dem Markt als Käufer auftreten: „Sie liegen häufig über unseren Preisvorstellungen.“ Zudem kalkulierten diese anders: Familien mit großen Vermögen gäben sich mit geringeren Renditen in der Größenordnung von 3% zufrieden, institutionelle Investoren strebten mindestens 4% an. Die zweite Gruppe will in der Regel nach etwa zehn Jahren die Immobilie weiterverkaufen, Family Offices behalten sie 30, 40 Jahre oder noch länger.

Kugler von Colliers stellt fest, dass die Häufung großer Privatvermögen „mit einer hohen Immobilien-Affinität“ in Süddeutschland und besonders in Oberbayern einen stabileren Immobilienmarkt ermöglichten als zum Beispiel in Berlin. „In München ist der Markt moderat und nachhaltig gewachsen“, sagt er. Auch das inhabergeführte Hamburger Immobilien- und Investmentunternehmen Becken zeigt sich von dem Standort überzeugt. Dennis Anderson, der Leiter Akquisition und Projektentwicklung München und neben Kugler und Asmus im Pressegespräch dabei, gibt ein Bekenntnis ab: „Wir glauben an München und an die Zukunft des Büros.“ Die attraktiven Gebäude müssten nicht unbedingt im Stadtzentrum liegen, aber in Randlagen an ein urbanes Umfeld angebunden sein – mit Nahverkehr und zum Beispiel auch Gastronomie und Ärzten.

Warten auf Baugenehmigungen

Asmus äußert sich aber auch kritisch über München und andere Städte: „Die gesetzliche Regulatorik kommt oft nicht mit dem gesellschaftlichen Wandel hinterher.“ Das hemme die Entwicklung, sagt er nicht nur mit Blick auf das lange Warten auf Baugenehmigungen. Asmus pflichtet auch Florian Färber bei, der 2019 das Unternehmen The Base gegründet hat. 2023 eröffnete es in Berlin seinen ersten sogenannten Co-Living-Space mit 318 Apartments, im April 2024 den zweiten in München mit 133 möblierten Apartments und 21 Hotelzimmern. „Die Bauämter treten uns mit einer gewissen Negativität entgegen“, sagt Färber und wehrt sich gegen Vergleiche mit Wettbewerbern, denen vorgeworfen wird, enge Wohnräume, die an Legebatterien erinnern, für hohe Preise zu vermieten.

Nur kleiner Teil für Konversion

Vielmehr erkennt Färber in seinem Angebot einen Markt mit einem riesigen Potenzial. Dafür kämen auch umgewandelte Büros in B-Lagen in Frage. Andere Wohnformen sind aus Sicht von Colliers-Geschäftsführer Kugler eine der neuen Nutzungsmöglichkeiten für Büroimmobilien in unattraktiven Stadtgebieten. „In schlechten Lagen gibt es schon jetzt dauerhaft leerstehende Büros“, berichtet er. Er schätzt jedoch, dass sich nur etwa ein Zehntel der Flächen für eine Konversion eignet.

Sogenannte Serviced Apartments mit Bewohnern für kurze oder längere Zeit bieten zumindest etwas Entlastung. Doch der Druck nimmt weiter zu: „Die Stadt schlittert weiter in eine Verschärfung des Wohnungsmarkts“, warnt Kugler. Die Gründe aus seiner Sicht: Die Zahl der Haushalte wächst stärker als der Durchschnitt der Top-7-Städte in Deutschland, während die Bautätigkeit deutlich sinkt. Steigende Mieten sind die Folge. „Sowohl im Neubausegment mit 23,20 Euro als auch im Bestand mit 20,90 Euro haben die Durchschnittsmieten zum Jahresende 2024 neue Spitzenwerte erreicht“, sagt er.

Paradoxe Situation

Um die Wohnsituation in München zu entspannen, appelliert Kugler an die Kommune und den Bund, Genehmigungen zu erleichtern und Anreize für Investitionen zu schaffen. Aus seiner Sicht ist es paradox: Die Stadt allein könne den Angebotsmangel nicht bewältigen, erschwere aber mit Restriktionen das Geschäft der Immobilienwirtschaft.


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