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Private Markets auch in Zukunft eine Alternative

Trotz Unwägbarkeiten bleiben Investoren an den Private Markets interessiert. Sie schätzen den langfristigen und stabilisierenden Effekt aus geglätteten Bewertungen und regelmäßigen Ausschüttungen.

Private Markets auch in Zukunft eine Alternative

2022 war ein mehr als turbulentes Kapitalmarktjahr. Waren die meisten Investoren aus einem recht stabilen und zufriedenstellenden Jahr 2021 mit Zugewinnen in allen Assetklassen gekommen, hatte es das Frühjahr 2022 mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und den ansteigenden Inflationsraten gleich mehrfach in sich. Die Folge waren nicht nur Turbulenzen an den liquiden Märkten, sondern auch ein makroökonomisches und geldpolitisches Umfeld, das die wenigsten so für möglich gehalten hatten: Zu den noch aus der Corona-Pandemie stammenden Lieferkettenproblemen kamen nun Engpässe bei kritischen Industriegütern oder im Nahrungsmittelbereich. Gemeinsam mit explodierenden Energiekosten infolge der Sanktionen gegen Russland kam so ein Inflationsgeschehen in Gang, das die Notenbanken im Eiltempo auf den Plan rief – bereits im Mai lag die Teuerungsrate in den USA und der Eurozone bei über 8%. All das veranlasste Fed und EZB, den Niedrigzinskurs der letzten Jahre endgültig zu verlassen und den Leitzins in mehreren historischen Zinsschritten zu erhöhen. Aktien- und Rentenmärkte lagen im Jahr 2022 zwischenzeitlich mit bis zu 20% im Minus.

Noch nicht durchgedrungen

Was sich an den liquiden Märkten wie ein historischer Einschnitt liest und in seiner Dimension allenfalls mit den großen Krisen 2008/2009 oder der Dotcom-Blase Anfang der 2000er Jahre vergleichbar scheint, ist an den Private Markets, also illiquiden und nicht täglich handelbaren Assetklassen wie Immobilien, Infrastruktur oder Private Equity, so noch nicht durchgedrungen. Aus gutem Grund: Denn die Bewertungen dieser auch als Alternatives bezeichneten Anlageklassen erfolgen fundamental, nicht nach Marktpreisen. Auch wenn die Einstiegspreise für Private Markets zuletzt gefallen sind, spielen tägliche Marktbewegungen also weder bei Fonds noch bei Direktinvestments eine Rolle – Grundlage sind turnusmäßig quartalsweise bis jährlich durchgeführte Bewertungsgutachten. In der Zwischenzeit profitieren Investoren von stabilen Cashflows in Form von Mieteinnahmen oder Einspeisevergütungen.

Doch tektonischen Verschiebungen wie im diesjährigen Kapitalmarktumfeld können sich auch Private Markets nicht völlig entziehen. Da das flächendeckende Repricing infolge der Bewertungsgutachten erst ansteht, ist mit einem vollen Durchschlag des Umfelds erst im Laufe des Jahres zu rechnen. Die Auswirkungen auf die einzelnen Assetklassen werden dabei unterschiedlich ausfallen. Die erhöhten Refinanzierungskosten dürften vor allem im Immobilien- und Private-Equity-Bereich zum Problem werden. Bereits zu Coronazeiten litten Bürogebäude unter Leerständen und fehlenden Mieteinnahmen – ein Problem, das sich mit zunehmender Rezessionsgefahr noch verstärken dürfte und das umso größer wird, wenn Refinanzierungskosten auf 3 bis 4% steigen. Der Restrukturierungsbedarf steigt vor allem auch dann, wenn Objekte noch nicht vermietet, aber vorfinanziert sind und zum Beispiel steigende Energiekosten in sozial schwachen Regionen nicht weitergegeben werden können. Insgesamt sehen wir aber noch keine großen Leerstände im Immobilienbereich und erwarten diese auch nicht, ebenso wenig wie große Preisanpassungen – allenfalls bei einer sehr starken Rezession. Allerdings ist auch klar, dass die Zeiten der großen Wertsteigerungen der letzten Jahre in Höhe von 50 bis 60% vorbei sind.

Als Assetklasse, deren Attraktivität und Rendite traditionell viel durch den Leverage, sprich Fremdkapitalanteil, gehebelt wird, schlagen höhere Finanzierungskosten natürlich auch bei Private Equity ins Gewicht. Aufgrund des allgemeinen Anlagedrucks und der Fülle eingesammelten und zum Abruf bereitstehenden Kapitals – Stichwort Dry Powder – war es für Anbieter zudem bereits in den letzten zehn Jahren schwierig, interessante Targets ausfindig zu machen. Diese Knappheit dürfte sich im Falle einer Rezession noch verstärken oder sich allenfalls im Distressed-Bereich positiv bemerkbar machen. Interessant wird sein, ob der Veräußerungsdruck im einzelnen Fall wirklich zu Preisabschlägen von 30 bis 50% führen wird oder ob Fonds Objekte verfrüht und zu hohen Preisen kaufen. Noch mehr als sonst wird im Private-Equity-Bereich in den kommenden Monaten also von der Management-Leistung und der Vorselektion der Objekte abhängen.

Es gibt allerdings eine Assetklasse, die von der Mischung aus abkühlender Konjunktur und schwierigerem Finanzierungsumfeld profitieren könnte – Corporate Private Debt. In Refinanzierungsfragen könnten Private-Debt-Investoren durchaus in Konkurrenz zu Banken treten: Diese sind deutlich großzügiger, können Fälligkeiten verlängern und „begleiten“ die Firmen durch schwierige Zeiten. Allerdings zahlen Kreditnehmer dies auch mit 7 bis 8% über fünf Jahre – immerhin noch günstiger als bei einer Emission im High-Yield-Bondmarkt, in dem Kupons von bis zu   9%  verlangt  werden.  Im High-Yield-Bereich werden bereits heute Ausfallquoten von bis zu 6% erwartet. Unternehmen, deren Bonds hier mit Abschlägen von 20 bis 30% handeln, können langfristig durchaus profitabel sein, auch wenn sie aktuell unter dem Doppeleffekt gestiegener Zinslast und hoher Energiepreise ­leiden. Hinzu kommen Firmen, die seit Corona und wegen des vorherrschenden Personalmangels Aufträge nicht abarbeiten können – wie z. B. der Dax-Konzern Fresenius Medical Care. In solchen „Dis­tress“-Situationen, in denen der Zu­gang zum Kapitalmarkt eingeschränkt ist, können Private-Debt-Fonds eine Lücke füllen. Investoren können dabei von attraktiven Zinssätzen und zusätzlich von der Wertsteigerung ihrer Forderungen profitieren.

Investoren bleiben interessiert

Auch für die Weiterentwicklung der Private Markets hängt also vieles davon ab, wie sich die Konjunktur 2023 verhält. Interessanterweise scheinen auch institutionelle Investoren die möglichen Marktbewegungen noch nicht vorwegzunehmen und gelassen zu sein: Anhand der Nutzerbewegungen der Faros Pri­vate Markets Database – einer Datenbank ausschließlich für institutionelle Investoren, die investierbare Produkte der Assetklassen Immobilien, Infrastruktur, Private Debt und Private Equity enthält – sehen wir, dass die meisten Aufrufe weiterhin im Bereich Immobilien und Infrastruktur stattfinden. Im Private-Debt-Bereich ist das mitunter im Segment Real Estate Backed der Fall – in jenem niedrigmargigen Teilbereich also, der aufgrund des erfolgten Zinsanstiegs am ehesten wieder in Konkurrenz zu Fixed-Income-Produkten treten kann. Auch wenn zuletzt Berichte aufkamen, nach denen etwa Versicherer aus Solvabilitätsgründen eine Rückkehr zu Renten und einen Abbau ihrer Alternatives-Quote erwägen sollten, zeigen uns diese Beobachtungen, dass die überwiegende Mehrheit der Investoren weiterhin einem der wichtigsten Vorzüge illiquider Assetklassen vertraut: Dem langfristigen und stabilisierenden Effekt aus geglätteten Be­wertungen und regelmäßigen Ausschüttungen.

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