Unicredit überrascht mit Commerzbank-Manöver
Commerzbank
Unicredit überrascht mit Commerzbank-Manöver
HVB-Mutter beteiligt sich mit rund 9 Prozent an dem Frankfurter Institut – Aktionäre im Übernahmefieber – Finanzministerium nicht informiert
Von Philipp Habdank und Jan Schrader, Frankfurt, sowie Angela Wefers, Berlin
Die Unicredit hat sich mit rund 9% an der Commerzbank beteiligt und dabei ein größeres Aktienpaket vom Bund übernommen, der sich schrittweise bei der Commerzbank zurückziehen will. An der Börse kommt der Schritt der italienischen Bank gut an, doch in Berlin zeigt sich das Finanzministerium überrascht.
Bei der Commerzbank überschlagen sich die Ereignisse. Am Mittwochmorgen gab die Unicredit bekannt, sich mit rund 9% an der Commerzbank beteiligt zu haben. Die italienische Mutter der Hypovereinsbank hatte über Nacht am Markt Aktien aufgekauft, nachdem die Bundesfinanzagentur wenige Stunden zuvor nachts den Verkauf eines ersten Aktienpakets publik gemacht hatte. Am Vorabend hatte die Commerzbank bereits verkündet, dass der amtierende CEO Manfred Knof seinen Ende nächsten Jahres auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird.
Für 4,49% an der Commerzbank erhielt der Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) der Mitteilung zufolge rund 702 Mill. Euro. Die Unicredit habe alle übrigen Angebote deutlich überboten und sich das Paket für 13,20 Euro je Aktie gesichert. Das sind rund 4,8% mehr als der Tagesschlusskurs von 12,60 Euro. Am Mittwoch sprang der Kurs im Zuge der Unicredit-Bekanntmachung jedoch um etwa 18% auf rund 14,80 Euro und näherte sich damit dem Fünfjahreshoch, das bei 15,83 Euro liegt. Der Aktienkurs der Italiener dagegen gab im Tagesverlauf um knapp 1% auf rund 36 Euro nach.
Übernahmefantasien geweckt
Das ist ein typisches Kursverlaufsmuster, wenn Aktionäre mit einer Übernahme rechnen. Offiziell äußert sich dazu weder die Unicredit noch die Commerzbank. In der Mitteilung der Italiener heißt es lediglich, dass jede Entscheidung über die Beteiligung davon abhängen werde, ob diese Investition mit den „strengen finanziellen Parametern“ der Unicredit vereinbar sei. „Um die Flexibilität zu wahren, wird die Unicredit jedoch bei den zuständigen Behörden gegebenenfalls Anträge auf Genehmigung einer möglichen Überschreitung der Beteiligungsschwelle von 9,9% an der Commerzbank AG stellen“, heißt es weiter.
In der Vergangenheit hatte Unicredit-Chef Andrea Orcel stets darauf verwiesen, dass Übernahmen strategisch sinnvoll sein müssten, Synergien generieren und eine Rendite von mindestens 15% haben müssten. Von dieser Zielmarke ist die Commerzbank auf absehbare Zeit allerdings noch ein gutes Stück entfernt. Sie erwartet erst für das Jahr 2027 eine gesteigerte Profitabilität und eine Eigenkapitalrendite (RoTE) von mehr als 11%.
Commerzbank hält sich bedeckt
Die Commerzbank selbst verlautbarte am Mittwoch lediglich, dass sie die Mitteilung der Unicredit zur Kenntnis genommen habe und werte dies als Beleg für die Fortschritte, die die Bank erzielt habe. Ein klares Bekenntnis zur Eigenständigkeit gab die Commerzbank in der Stellungnahme jedoch nicht ab. Darin hieß es lediglich, dass Vorstand und Aufsichtsrat weiterhin „im besten Interesse aller unserer Anteilseigner sowie von Mitarbeitenden und Kunden“ handeln würde. Darüber hinaus wolle sich die Bank zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter äußern.
Nach dem jüngsten Verkauf an die Unicredit hält der Bund über den FMS noch 12% an der Commerzbank. Sollte die Unicredit auch hierfür den Zuschlag erhalten, würde sie mit dann rund 21% nahe an die Sperrminorität heranrücken. Ab der Schwelle von 30% müsste die Unicredit dann theoretisch laut Aktienrecht ein Übernahmeangebot an alle Aktionäre unterbreiten.
Die größten Einzelaktionäre nach dem Bund sind der Vermögensverwalter BlackRock (rund 5%) und die norwegische Zentralbank Norges (rund 3%). Etwas mehr als die Hälfte der Aktien befindet sich im Besitz institutioneller Investoren. Doch knapp ein Viertel gehört auch Privatinvestoren.
Schrittweise Trennung
Das Bundesfinanzministerium hatte Anfang September bekannt gegeben, dass sich der Bund schrittweise von seinen Anteilen an der Commerzbank trennen will. Zunächst sollte die Finanzagentur die 16,49% in einem ersten Schritt reduzieren – wie nun geschehen. Der interministerielle Lenkungsausschuss des Finanzmarktstabilisierungsfonds hatte den Weg dafür zuvor frei gemacht und entscheidet laut Ankündigung der Finanzagentur auch über weitere Schritte.
In der Bundesregierung sind verschiedene Stellen in solchen Fragen eingebunden. Im Lenkungsausschuss sind das Kanzleramt sowie Finanz-, Justiz- und Wirtschaftsministerium für den Bund vertreten. Ein weiterer Vertreter kommt von Länderseite. Zwar hatte die Unicredit schon einmal Interesse bekundet, doch liegt dies schon länger zurück.