Zinswende

Zinsen belasten Immobilienmarkt

Das Transaktionsvolumen bei Immobilien ist rückläufig. Savills macht dafür die Zinswende verantwortlich. Die Finanzierungskosten hätten sich seit Jahresanfang zum Teil verdoppelt.

Zinsen belasten Immobilienmarkt

wbr Frankfurt

 Die Zahl der Käufe und Verkäufe am Immobilieninvestmentmarkt in Deutschland hat nach Erkenntnissen von Savills in den zurückliegenden Wochen rasant abgenommen. Schon im April sei die Aktivität gering gewesen. Die Beobachtungen aus laufenden Verkaufsprozessen ließen vermuten, dass es im Sommer noch weniger werde, schreibt der Immobiliendienstleister in einer Marktanalyse. „

Die aktuelle Entwicklung erinnert an den Beginn der Covid-19-Pandemie, allerdings sind die Triebkräfte völlig andere“, sagt Marcus Lemli, CEO von Savills Deutschland. So habe der Krieg in der Ukraine kaum direkte Konsequenzen, jedoch treibe er die Inflation weiter an. Dies sorge dafür, dass die Zinswende früher erfolge und stärker ausfalle als erwartet. „Sowohl die kurz- als auch langfristigen Zinserwartungen sind innerhalb kürzester Zeit so stark gestiegen wie selten zuvor und das sorgt an den Immobilieninvestmentmärkten derzeit offenbar für eine Art Zinsschock“, sagt Lemli, der auch für das Investmentgeschäft in Europa verantwortlich ist.

Durch den Zinsanstieg sei Fremdkapital deutlich teurer geworden. Seit Ende 2021 seien die 10-jährigen Swapsätze um etwa 170 Basispunkte gestiegen. „Die Finanzierungskosten für Immobilien haben sich im selben Zeitraum etwa verdoppelt und damit ein Niveau erreicht, das etwa den Spitzenrenditen in vielen Segmenten entspricht“, schreibt die börsennotierte Immobiliengesellschaft.

Derzeit kehre sich in manchen Fällen der positive Leverage-Effekt bisweilen ins Gegenteil um, und der Einsatz von Fremdkapital könne die Rendite der Käufer schmälern. „So oder so führen die gestiegenen Finanzierungskosten dazu, dass viele Investoren in laufenden Bieterprozessen neu kalkulieren und ihre Zahlungsbereitschaft reduzieren.“ Das ziehe viele Prozesse in die Länge, und mitunter würden Objekte vom Verkäufer vom Markt genommen, weil die Verkaufspreiserwartungen nicht realisiert werden können.

Verkäufe werden verschoben

Eine ausgedünnte Käuferbasis veranlasse viele Eigentümer, Verkäufe zu verschieben. „Da die heute gestarteten Verkaufsprozesse die Transaktionen von morgen sind, rechnen wir auch in den nächsten Monaten mit einer vergleichsweise geringen Zahl abgeschlossener Transaktionen“, schreibt Savills. Das bedeute aber auch, dass sich geplante An- und Verkäufe anstauten und in Teilen zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt würden. „Wir interpretieren die aktuelle Entwicklung als Wendepunkt im Investmentzyklus. Sinkende Zinsen waren über Jahre ein und zuletzt wahrscheinlich sogar der entscheidende Antrieb für die extreme Dynamik am Immobilieninvestmentmarkt. Diese Triebfeder hat für absehbare Zeit ihre Spannung verloren“, so Matthias Pink, Leiter Research Deutschland bei Savills. Der Markt befinde sich in einer Schockstarre. 

Savills ist jedoch zuversichtlich, dass sich die Transaktionen wieder normalisieren und die Zykluswende sanft ausfällt. Die Kapitalmarktzinsen seien zwar extrem schnell gestiegen, von jetzt an dürften sich die Kurven jedoch speziell am langen Ende deutlich abflachen. Das spreche erstens für stabile Immobilienrenditen, sobald sich der Markt ans neue Zinsumfeld angepasst habe. Zweitens bleibe das Renditeniveau an den Anleihemärkten bis auf Weiteres so niedrig, dass Immobilien nach einer entsprechenden Preiskorrektur für die meisten Investoren die bevorzugte Anlageklasse bleiben dürften. „Würde auf den Zinsschock ein Konjunkturschock folgen, würde auch dem Immobilienmarkt eine kräftige Korrektur bevorstehen“, gibt Savills zu bedenken. Unterstützend komme hinzu, dass die gestiegenen Zinsen zusammen mit der hohen Inflation das für ein Zyklusende typische Überschießen des Angebots weitgehend verhindern dürften.