Zinswende beschert Europas Banken Sommerhoch
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Nach Deutscher Bank, Unicredit und Banco Santander legen Ende Juli auch die französische BNP Paribas, die britische Standard Chartered und die spanische BBVA unerwartet starke Zahlen für das Ende Juni abgelaufene Quartal vor. Die italienische Großbank Intesa Sanpaolo und die britische Natwest verdienen zwar weniger als ein Jahr zuvor, doch der Rückgang fällt weniger drastisch aus als angenommen. Hauptgrund für die erfreuliche Entwicklung ist das Ende der Negativzinsen, das allein den fünf größten Geldhäusern der Europäischen Union rund 3,7 Mrd. Euro in die Kassen spült. Aber auch die Bank of England hat die geldpolitischen Zügel angezogen, was die Zinserträge der britischen Großbanken aufpoliert und die Flaute im Investment Banking und im Kapitalmarktgeschäft teilweise ausgleicht.
Die beiden deutschen Großbanken, die in den vergangenen Jahren außer mit niedrigen und negativen Zinsen auch mit hausgemachten Problemen zu kämpfen hatten, kündigen angesichts der sichtbar werdenden Restrukturierungserfolge an, die Aktionäre an der Rückkehr in die Gewinnzone teilhaben zu lassen. Die Commerzbank stellt für 2022 die Ausschüttung von 19 Cent pro Aktie in Aussicht und will künftig mit festen Ausschüttungsquoten operieren. Abzüglich der den Anleiheinvestoren zustehenden Zinsen will das Institut den Aktionären in den kommenden Jahren 30 bis 50% des Konzernergebnisses in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen ausschütten. Auch die Deutsche Bank will die Aktionäre bei Laune halten. Mit den neuen Konzernzielen veröffentlicht das Institut auch neue Dividendenpläne. „Bei erfolgreicher Umsetzung würde die Strategie es ermöglichen, für die Jahre 2021 bis 2025 rund 8 Mrd. Euro an die Aktionäre auszuschütten und substanziell in die vier Geschäftsbereiche der Bank zu investieren“, sagt Vorstandschef Christian Sewing. Ende Januar war noch von Ausschüttungen von 5 Mrd. Euro in den kommenden Jahren die Rede gewesen.
Während die Aktienmärkte die freudigen Überraschungen feiern und die Regierungen in Spanien und Polen versuchen, einen Teil der sprudelnden Bankgewinne per Gesetz abzuschöpfen, zeichnen sich am Horizont bereits die nächsten Belastungen für den europäischen Bankensektor ab. Einerseits lässt die abrupte Zinswende die Party an den Immobilienmärkten enden. Andererseits lassen die Zinserhöhungen der Notenbanken und das drohende Ende der russischen Gaslieferungen das Risiko einer Rezession in Europa steigen. Aufsichtsbehörden mahnen die Banken zur Zurückhaltung bei den Dividendenausschüttungen, Wirtschaftsprüfer erwarten einen baldigen Anstieg der Kreditrisikovorsorge. Das Sommerhoch der Banken könnte sich als ein kurzes erweisen.