Verbriefungen

„Es muss ein größerer Wurf gelingen“

KfW-Vorstand Bernd Loewen hat eine klare Forderung: Verbriefungen gegenüber anderen Finanzinstrumenten nicht länger überregulieren! Und zwar in Bezug auf Dokumentation, Datenlieferungen, Transparenzanforderungen und Kapitalunterlegung.

„Es muss ein größerer Wurf gelingen“

Im Gespräch: Bernd Loewen

„Es muss ein größerer Wurf gelingen“

Der KfW-Vorstand über die geplante Reform der EU-Verbriefungsregeln, angemessene Kapitalanforderungen und Datengräber

KfW-Vorstandsmitglied Bernd Loewen macht sich für eine „intelligente Weiterentwicklung“ der EU-Regeln für Verbriefungen stark. Die EU habe in Reaktion auf die Finanzkrise bewusst überzeichnet: etwa was Transparenzanforderungen sowie Kapitalunterlegung angehe. Loewens Forderung lautet daher: Verbriefungen gegenüber anderen Finanzinstrumenten nicht länger überregulieren!

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Europas Finanzminister und Regierungschefs haben sich im Frühjahr ausdrücklich für Anpassungen der EU-Regeln ausgesprochen, um den Verbriefungsmarkt wiederzubeleben. Das stimmt Bernd Loewen, Vorstandsmitglied der KfW-Bankengruppe, zuversichtlich, dass eine „intelligente Weiterentwicklung des Regelwerks“ gelingen kann. Wichtig sei, dass dieses Vorhaben im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht verwässert werde. „Denn: Es muss ein größerer Wurf gelingen“, unterstreicht Loewen im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Eine Revitalisierung des Verbriefungsmarkts sei dringlich, um Banken neue Spielräume bei der Kreditvergabe zu eröffnen. Mit synthetischen Transaktionen etwa gelinge es Banken, Eigenkapital freizusetzen. Das sei wichtig, denn Banken mangele es häufig nicht an Liquidität. Oft sei der Engpass vielmehr beim Eigenkapital, erläutert Loewen. Bei synthetischen Verbriefungen werden Risiken platziert, nicht Kredite ausplatziert. Die Kredite blieben also auf der Bilanz, es sei keine Bilanzverkürzung. „Aber durch die Ausplatzierung der Risiken kann ein Institut bei gegebener Kapitalausstattung mehr Kreditvolumen zeichnen“, unterstreicht der KfW-Vorstand.

Skalierbar, bewährt, reguliert

Um eine Brücke zu bauen zwischen der bankbasierten Unternehmensfinanzierung und dem Kapitalmarkt, gibt es nach Überzeugung von Loewen kein passenderes Instrument als die Verbriefung. „Nichts ist skalierbarer, bewährter, regulierter“. Und angesichts der riesigen Volumina, die für die Transformation erforderlich seien, sowie der für Verbriefungen typischen Möglichkeit, die Investoren in gewünschtem Umfang an den Risiken zu beteiligen, sei die Verbriefung „das Instrument der Wahl.“ „Wenn institutionelle Anleger von der Granularität und Qualität des Pools überzeugt sind, dann werden sie gerade in unsicheren Zeiten gerne in Verbriefungen investieren.“ Denn diese Investments reduzierten Klumpenrisiken und seien gerade deshalb für institutionelle Anleger unter dem Gesichtspunkt der Risikostreuung attraktiv.

Beim Blick zurück kritisiert Loewen: „Unter dem Eindruck der Finanzkrise sind die europäischen Verbriefungen zu Unrecht poenalisiert worden“. Das Thema „Subprime“ ist seiner Einschätzung nach ausschließlich ein amerikanisches gewesen. Die Ausfallraten von Wohnimmobilienverbriefungen hätten in den USA zwischen 3% und 15% gelegen, in Europa unter 1%. Trotzdem habe die EU-Regulierung „bewusst überzeichnet“ was Dokumentation, Datenlieferungen und Transparenzanforderungen sowie Kapitalunterlegung angeht. "Der Wunsch an die EU-Gesetzgeber ist: Verbriefungen gegenüber anderen Finanzinstrumenten nicht länger überregulieren!“

Hoffnung mache ihm, dass es in Deutschland erstmals einen breiten Konsens zwischen Politik, Regierung und Finanzindustrie gebe. „Allerdings bestehen hierzulande noch immer Vorbehalte nicht nur gegenüber Verbriefungen, sondern auch gegenüber den Kapitalmärkten als solchen", beobachtet Loewen.

Konkret leitet Loewen folgende Überlegungen ab: Die Kapitalunterlegung folge dem so genannten Nicht-Neutralitätsprinzip. Das heißt, man habe bewusst die Kapitalunterlegung so gestaltet, dass die Summe der Kapitalunterlegungen für die einzelnen Tranchen mehr sei als das, was Banken für das Kreditportfolio auf einer Bankbilanz unterlegen müssten – obwohl es sich um die gleichen Kredite handelt. Dahinter stecke die Sorge, die Investoren wüssten wohl gar nicht so genau, woraus das Kreditportfolio bestehe. „Diese Annahme ist aber empirisch nicht belegbar“, sagt Loewen. Sie sei sogar durch die geringe Ausfallhistorie in Europa widerlegt. Vor diesem Hintergrund sollten sich die Kapitalanforderungen zukünftig am Risikogehalt ausrichten.

Hoher Aufwand bei Due Diligence

Was die Sorgfaltspflichten angeht, so erinnert Loewen daran, dass STS-Verbriefungen – ob True Sale oder synthetisch – von zwei Instituten verifiziert werden, die von der Aufsicht zugelassen wurden, nämlich von SVI und PCS. Investoren müssten trotzdem zusätzlich einen sehr aufwändigen Due-Diligence-Prozess selbst für verifizierte Produkte nachweisen, der mit Redundanzen verbunden sei und in keinem adäquaten Verhältnis zum Erkenntnisgewinn stehe. Dadurch verringere sich unnötig der Kreis potenzieller Investoren.

„Uns liegen mittlerweile gute Erfahrungswerte darüber vor, welche der geforderten Daten tatsächlich von Aufsichtsbehörden oder Investoren abgerufen wurden“, betont Loewen. Bei Informationen, die gemäß regulatorischer Vorgabe zusammengestellt werden müssen, die aber anschließend überhaupt niemand nutzt, stelle sich durchaus die Frage, ob das sinnvoll sei: „Niemand braucht Datengräber.“

Plattformen seien eine Möglichkeit für kleinere Institute, das Instrument der Verbriefung effektiv zu nutzen. „Falls für die Bündelung von Krediten und Verbriefungen kleinerer Sparkassen und Volksbanken Plattformen angelegt würden, könnten wir uns gegebenenfalls vorstellen, in der Anfangsphase vertrauensbildend als Ankerinvestor zu fungieren“, kündigt der KfW-Vorstand an. Vorausgesetzt natürlich, dass eine solche Plattform neben der Qualität der Kredite ein regelmäßiges Mindestemissionsvolumen hätte. Die Idee dahinter sei eine Signalwirkung in den Markt, wenn sichtbar sei, „dass wir bereit sind, in diese Neuemissionen zu investieren.“

Die KfW sei schon immer Unterstützerin der Verbriefungsmärkte. Es sei kein Zufall, dass die KfW erfolgreich die Verbriefungs-Plattformen „Promise“ und „Provide“ betrieben habe. „Wir sind von diesem Instrumentarium überzeugt.“ „Von unserem gesamten Portfolio von rund 35 Mrd. Euro investieren wir relativ stabil 20% in Verbriefungsstrukturen, weil wir die Anlageklasse unter Rendite/Risiko-Aspekten schätzen“, berichtet Loewen.

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