Rezession bremst ESG-Ambitionen in Unternehmen
swa Frankfurt
Unternehmen sind derzeit global mit wirtschaftlichen und geopolitischen Risiken konfrontiert. Nach einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KMPG sehen sich die CEOs der größten Firmen weltweit auf eine Rezession gut vorbereitet. Drei von vier Konzernlenkern haben nach eigener Aussage Pläne in der Schublade, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abfedern zu können. KPMG hat vom 12. Juli bis 24. August 1325 CEOs großer Unternehmen, darunter 125 aus Deutschland, zu ihren Wachstumsstrategien und wichtigsten Themen für die kommenden drei Jahre befragt.
Die Manager demonstrieren Resilienz. Die Zuversicht, in den kommenden drei Jahren wachsen zu können, hat sich seit der KPMG-Umfrage im Februar dieses Jahres sogar von 60% auf 71% erhöht. Die überwiegende Zahl der CEOs (86%) geht zwar davon aus, dass es in den nächsten zwölf Monaten zu einer Rezession kommen wird, die Mehrheit (58%) rechnet jedoch mit einem milden und kurzen Verlauf. Fast drei Viertel der Top-Manager gehen davon aus, dass ihr Unternehmen nicht ungeschoren davonkommen wird, und rechnen mit Gewinneinbußen von bis zu 10% in den kommenden zwölf Monaten. Gegensteuern wollen sie mit Produktivitätssteigerungen, Kostenmanagement und dem Überdenken von Strategien zur digitalen Transformation.
Bei dem im Kapitalmarkt breit adressierten Thema Umwelt, Soziales und Governance erkennen die Top-Führungskräfte die Bedeutung von ESG-Bemühungen für ihre Unternehmen zunehmend an. Fast drei Viertel der CEOs zeigten sich inzwischen davon überzeugt, dass ESG-Fortschritte die finanzielle Performance ihres Unternehmens in den kommenden drei Jahren maßgeblich voranbringen könnten – rund doppelt so viele Manager sind nun dieser Meinung wie noch vor einem Jahr.
Trotz wachsender Durchdringung des Themas ESG in den Chefetagen rückt die Absicherung des Unternehmens gegen die aufziehende Rezession derzeit vielerorts in den Vordergrund. Aus Sicht der KPMG gibt es Hinweise, dass viele CEOs derzeit ESG-Initiativen aus wirtschaftlichen Gründen auf ihrer Prioritätenliste herunterstufen. Wenn die wirtschaftliche Unsicherheit anhält, will die Hälfte der CEOs ihre ESG-Anstrengungen in den kommenden sechs Monaten anhalten oder überdenken, ein Drittel hat dies der Umfrage zufolge bereits getan.
Das ändert nichts an der mittelfristigen Einstufung der Relevanz von ESG-Projekten, zumal die Erwartungen in den Konzernen und außerhalb steigen. So sehen sich gut zwei Drittel der befragten Manager einem erhöhten Druck von Stakeholdern ausgesetzt, die mehr Berichterstattung und Transparenz über ESG einfordern. Vor einem Jahr hatten erst 58% der CEOs dies entsprechend wahrgenommen. Rund 72% der Führungskräfte äußern zudem die Erwartung, dass sich die Stakeholder Themen wie Gleichstellung der Geschlechter und Klimaauswirkungen künftig noch genauer anschauen dürften. Fast ein Fünftel ist sich im Klaren, dass die Skepsis über Greenwashing zunehmen wird.
Digital und nachhaltig
ESG-Aspekte werden in den Unternehmen zunehmend mit operativen und organisatorischen Zielen verlinkt. In den Führungsriegen setzt sich mehr und mehr das Verständnis durch, dass ESG-Fortschritte entscheidend dafür sind, Fachkräfte an Bord zu holen und zu halten, loyale Kunden zu gewinnen und Kapital aufzunehmen. ESG habe sich vom „Nice-to-have“ zum integralen Bestandteil für langfristiges Wachstum entwickelt. Fast zwei Drittel der CEOs gehen davon aus, künftig mindestens 6% des Umsatzes in Nachhaltigkeit zu stecken. Dabei spielt Technologie eine große Rolle: Fast drei Viertel der Konzernlenker stimmen zu, dass Investitionen in ESG und Digitalisierung untrennbar miteinander verbunden sind.