Start-up-Investments bleiben Männersache
Start-up-Investments bleiben Männersache
Gründerinnen haben 2023 ein größeres Stück vom Venture-Capital-Kuchen abbekommen. Mit Blick auf die Geldgeber bleibt der Weg für sie aber steinig.
kro Frankfurt
In der ach so veränderungshungrigen Venture-Capital-Welt tut sich bei der Gleichstellung der Geschlechter weiterhin überraschend wenig. Sowohl in Europa als auch in den USA werden Entscheidungen über Start-up-Investments noch immer zum weit überwiegenden Teil von Männern gefällt, wie Studien des Datendienstes Pitchbook anlässlich des Internationalen Frauentags zeigen. Demnach lag der Anteil weiblicher General Partner (GP) bei europäischen Wagniskapitalgesellschaften mit einem verwalteten Vermögen von mindestens 50 Mill. Euro zuletzt bei 15,2%. Das ist fast exakt der Wert, auf den die Londoner Initiative „European Women in VC“ in ihren Studien aus den vergangenen beiden Jahren gekommen war.
In den USA – die zumindest bei der Besetzung von Vorständen börsennotierter Großkonzerne als vergleichsweise progressiv gelten – war der Anteil weiblicher GPs mit 17,4% zuletzt auch nur geringfügig größer als in Europa. 2022 belief er sich noch auf 16,1%. Es kam dort also immerhin zu einer leichten Steigerung.
Die Zahlen zeigen dennoch, dass es hier wie dort weiterhin hauptsächlich Männern vorbehalten bleibt, über die technologische Zukunft und den damit verbundenen gesellschaftlichen Wandel zu bestimmen. Denn mit ihren Investmententscheidungen sind sie es, die das Privileg haben, den Grundstein für innovative Lösungen zur Bekämpfung von Klimawandel, Fachkräftemangel und mittlerweile sogar für den militärischen Schutz des jeweils vorherrschenden Wertesystems zu legen.
Stillstand dank Gender Bias
Das alles sind Felder, die durchaus auch Frauen betreffen – und zu denen Frauen durchaus auch schlaue Ideen beisteuern. Weibliche Gründerinnen werden es dennoch auch in absehbarer Zukunft schwerer haben, an Wachstumskapital zu kommen. Denn dass Investoren bevorzugt in solche Teams investieren, die ihnen ähnlich sind, ist wissenschaftlich erwiesen (Stichwort: Gender Bias).
Vor dem Hintergrund ist es fast schon erstaunlich, dass sich Gründungsteams, die nicht rein männlich besetzt sind, sowohl in Europa als auch in den USA zuletzt immerhin ein größeres Stück vom VC-Kuchen sichern konnten. So flossen auf dem Alten Kontinent im vergangenen Jahr 20,5% aller Wagniskapitalinvestitionen in Start-ups mit mindestens einer weiblichen Mitgründerin. 2022 belief sich der Anteil noch auf 15,1%. In den USA stieg der Anteil von 18,7% im Vorjahr auf nun 22,8% – der 10 Mrd. Dollar schwere Deal von OpenAI ist dabei aus statistischen Gründen nicht mit einberechnet.
Kann es also vielleicht sogar sein, dass die vielen Herren in der VC-Welt alte Muster bei Investment-Entscheidungen langsam, aber sicher durchbrechen? Womöglich. Immerhin ist in den vergangenen Jahren doch das ein oder andere Mal auf die Problematik und ihre wirtschaftlichen Folgen – auch für die Fonds – aufmerksam gemacht worden. Auf der anderen Seite lassen Medienberichte darauf schließen, dass es den Wagniskapitalfirmen oft nicht gelingt, ihre wenigen weiblichen Talente zu halten und sich vom Image des sogenannten „Boy‘s Clubs“ zu befreien. An dem Punkt sollte die Branche dringend ansetzen, wenn ihr wirklich etwas an einer nachhaltigen Umgestaltung der Wirtschaft gelegen ist.