Ladeinfrastruktur

Bei E-Mobilität hält die Wohnungs­wirtschaft einen Schlüssel in der Hand

Die Zulassungszahlen für E-Autos boomen, doch der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland kommt nur schleppend voran. Für das Gelingen der Mobilitätswende kann auch die Wohnungswirtschaft eine entscheidende Rolle spielen.

Bei E-Mobilität hält die Wohnungs­wirtschaft einen Schlüssel in der Hand

Während die Zulassungszahlen für E-Autos boomen, kommt der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland nur schleppend voran. Damit die Mobilitätswende gelingen kann, ist der Schulterschluss zahlreicher Akteure erforderlich. Der Wohnungswirtschaft wird dabei eine entscheidende Rolle zuteil. Um die sich eröffnenden Chancen zu nutzen, ist die Digitalisierung von Prozessen wichtige Voraussetzung.

Flaschenhals Infrastruktur

Bis 2030 sollen 15 Millionen elektrische Autos auf deutschen Straßen unterwegs sein. Dazu sollen in den nächsten Jahren eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte entstehen. Doch während der Anteil der E-Fahrzeuge absolut und im Verhältnis zu den gesamten Neuzulassungen aktuell weiter stark zunimmt, kommt der Ausbau der Infrastruktur eher schleppend voran. Auch die im Januar in Kraft getretene zweite Ladesäulenverordnung konnte hier noch keine spürbare Besserung erzielen. Diese hatte vor allem den Komfort des Ladevorgangs im Blick, ein wichtiges Argument für die breite Akzeptanz von E-Autos in der Bevölkerung.

Die auf die Interessen der Nachfrageseite ausgerichtete Verordnung vernachlässigt jedoch, dass die Schwachstelle aktuell eher auf der Angebotsseite liegt. Die ab Juli 2023 verpflichtende Ausstattung neuer Ladesäulen mit Lesegeräten für Debit- oder Kreditkarten macht das Aufstellen und den Betrieb von öffentlichen Ladepunkten für Betreiber deutlich teurer. Wenn Bundesfinanzminister Christian Lindner bis zum Jahr 2026 rund 200 Mrd. Euro für den klimafreundlichen Umbau des Landes bereitstellen will, erscheint es folgerichtig, dass er – wie Anfang März verkündet – dabei die Infrastruktur stärker in den Fokus der Förderung rückt.

Die öffentlichen Ladesäulen sind dabei allerdings nur der sichtbarste Teil einer komplexen Herausforderung. Damit die Mobilitätswende gelingen kann, ist die Mitwirkung vieler Akteure erforderlich. Und Mobilität beginnt an der Haustür. Gerade Neubau-Quartiere bieten die Gelegenheit, Infrastruktur zu schaffen, Mobilitätskonzepte zu steuern und E-Mobilität zu stärken, etwa mit quartiersbezogenen Mobilitätshubs. Aber für den flächendeckenden Umstieg auf E-Antrieb reicht das genauso wenig aus wie die Ausstattung von Einfamilienhäusern mit Wallboxen.

Mehr private Ladepunkte

Es ist davon auszugehen, dass künftig rund 70 bis 80% aller Ladevorgänge an privaten Ladepunkten stattfinden werden. Rund 70% der deutschen Haushalte leben in Mehrfamilienhäusern. Deshalb spielt die Wohnungswirtschaft eine wesentliche Rolle für den Erfolg der E-Mobilität. Im Bestand sind Hausanschlüsse in der Regel nicht für den Mehrverbrauch durch Elektrofahrzeuge ausgelegt. Die Leitungen müssen im Zweifel ertüchtigt und zusätzlich mit einem Lastmanagementsystem abgesichert werden. Außerdem wird zusätzlicher Platz für Zähler und Unterverteiler benötigt.

Bei Neubau oder einer größeren Renovierung von Wohngebäuden mit mehr als fünf (bei Neubau) beziehungsweise zehn Stellplätzen (bei Renovierungen) ist gemäß Gebäude-Elektromobilitäts-Infrastruktur-Gesetz (GEIG) seit März 2021 die nötige Leitungsinfrastruktur für Ladeeinrichtungen mit vorzubereiten. Vertreter der Wohnungswirtschaft fordern ein eigenes Förderprogramm, das deutlich über die Anschaffungskosten einer Ladeeinrichtung hinausgeht, um Immobilieneigentümer und Mieter zu entlasten. Beispielsweise kostet allein die Installation eines Ladepunkts an einem Mehrfamilienhaus laut VDA, BDEW und GdW rund 5000 Euro – Kosten für die Ertüchtigung der Anschlüsse nicht eingerechnet.

Zahlungsmanagement nötig

Egal ob in Neubau oder im Bestand, die Herausforderungen reichen aber noch weiter – vom Stecker bis zur Einzelabrechnung: Für flächendeckende E-Mobilitäts-Konzepte braucht es Abstimmung zwischen allen Akteuren und Standardisierung, gerade auch bei den Details. Mittlerweile erlaubt die Ladesäulenverordnung den Wohnungsgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen auch den Betrieb von Ladesäulen. Ein wichtiger Schritt, der die Wohnungswirtschaft aber auch vor neue Probleme stellt: Damit sich die Nutzer über einfache Handhabung von Ladepunkten und Anbieter über ein unkompliziertes Handling freuen dürfen, muss im Hintergrund ein komplexes Zahlungsmanagement ablaufen. Der Bedarf an einem möglichst automatisierten elektronischen Zahlungsverkehr ist daher groß.

Die Aareal Bank hat im Rahmen einer Partnerschaft mit der smartlab Innovationsgesellschaft mbH ein automatisiertes Abrechnungsverfahren entwickelt, das zuerst auf der Plattform ladenetz.de eingesetzt wurde. Hier vernetzt smartlab mehr als 245 Stadtwerke als Anbieter von Ladestationen miteinander. Das ermöglicht einerseits den Kunden das bundesweite Zahlen mit nur einer Kundenkarte, erfordert aber andererseits das Management eines kleinteiligen Massenzahlungsverkehrs zwischen den verschiedenen Partnern, sogenannte Multi-Party-Payments. Zentrale Elemente der Abrechnungslösung mit der Bezeichnung Aareal Connected Payments sind das automatisierte Pooling und Netting von Zahlungsströmen zwischen den Stadtwerken. Die Digitalisierung wird damit zum Wegbereiter für die E-Mobilität.

Digitalisierung als Enabler

Auch für die Wohnungswirtschaft ist der Einsatz digitaler Lösungen ein Schlüssel für eine aktive Rolle in der Mobilitätswende. Für die Wohnungsunternehmen bieten sich gute Chancen zur Erschließung neuer Einkommensquellen. Dabei spricht viel für den Schulterschluss mit anderen Anbietern – vom Energieversorger bis zum Carsharing-Anbieter. Die stärkere Vernetzung mit anderen Branchen bietet für die Wohnungswirtschaft großes Optimierungspotenzial. Der Wohnungswirtschaft eröffnet sich hier nicht nur mit der Energiewirtschaft, sondern auch mit der Mobilitätsbranche ein riesiges, gemeinschaftliches Gestaltungsfeld – und die Möglichkeit, gemeinsame Visionen und Konzepte für die Mobilität zu entwickeln und voranzutreiben und damit ihrer Rolle als zentraler Gestalter der (smarten) Stadt der Zukunft gerecht zu werden.

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