Fed wird sich bei der Zinswende in Geduld üben
1./2. Mai
Fed wird Geduld walten lassen
Der Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank wird kommende Woche den Zielkorridor für den Leitzins das fünfte Mal in Folge unverändert lassen. Wann die Fed das erste Mal seit 2020 den Geldhahn wieder aufdreht, wird entscheidend davon abhängen, wie schnell und wie deutlich der Inflationsdruck nachlässt.
Von Peter De Thier, Washington
Noch vor einem Monat, als der Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank das zweite Mal im laufenden Jahr zusammentrat, prognostizierten die Währungshüter, dass sie bis Ende 2024 den Leitzins um insgesamt 75 Basispunkte senken würden. Binnen weniger Wochen ist aber der Optimismus darüber verflogen, dass nachlassende Teuerung den Weg pflastern würde für die ersten Lockerungen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Mehrere Daten deuten darauf hin, dass auf dem Weg zum Inflationsziel „die letzte Meile“, wie einige Ökonomen sie nennen, die schwierigste sein wird. Plötzlich rechnen Experten mit maximal zwei Zinssenkungen bis Dezember. Einige, unter anderem Neel Kashkari, Präsident der Federal Reserve Bank von Minneapolis, halten sogar für möglich, dass das FOMC nicht vor 2025 die Zinswende einläuten wird.
Hohe Verbraucherpreise
Für die größte Enttäuschung sorgte vor zwei Wochen der Verbraucherpreisindex (CPI). Auf Jahressicht lagen sowohl die Kernrate, die im März 3,8% betrug, als auch die Gesamtrate, die gegenüber Februar von 3,2% auf 3,5% kletterte, über den Markterwartungen. Im Vormonatsvergleich zog die Kernrate dreimal in Folge um 0,4% an. Getrieben werden die Preise von hohen Mieten sowie der deutlichen Verteuerung bei Dienstleistungen, unter anderem Versicherungsprämien.
Zwar melden viele Unternehmen, dass Verbraucher mittlerweile eine höhere Resistenz gegen Preissteigerungen demonstriert haben. Das wiederum könnte Hoffnungen wecken, dass sich demnächst der disinflationäre Trend langsam fortsetzen wird. Einen Hinweis auf die weitere Entwicklung wird das Handelsministerium am Freitag mit der Veröffentlichung des PCE-Preisindex für März liefern. Die Kernrate des PCE-Deflators, der seit längerer Zeit auf Jahressicht kontinuierlich zurückgegangen ist, betrug im Februar 2,8%. Sollte der Wert weiter nachgeben, dann würde die Fed ein Argument haben, um vielleicht schon im Sommer eine Zinssenkung in Erwägung zu ziehen.
Zinswende nicht vor Juli
Einstweilen haben mehrere Fed-Gouverneure klar durchblicken lassen, dass sie nach jetzigem Stand noch weit davon entfernt sind, an eine Herabsetzung des Tagesgeldsatzes zu denken. So sagte Notenbankchef Jerome Powell kürzlich, dass „die jüngsten Daten unser Vertrauen darin, dass die Inflation auf Kurs ist, die Zielgröße von 2% zu erreichen, nicht gestärkt haben“. Ähnlich schätzt Vorstandsmitglied Christopher Waller die Lage ein. „Wir haben es nicht eilig, den Leitzins herunterzusetzen“, sagte Waller.
Stark verändert haben sich auch die in der Regel sehr akkuraten Prognosen, die das Fed Watch Tool der CME Group abgibt. Demnach ist eine Zinssenkung am kommenden Mittwoch ohnehin vom Tisch. Nach jetzigem Stand liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed auch im Juni auf einen Zinsschritt verzichtet, bei über 80%. Frühestens Ende Juli oder im September erwartet die CME Group eine Lockerung.
US-Notenbankchef Jerome Powell bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) Mitte April.