Finanzmarktkalender20. Juni

Bank of England wartet Wahlen ab

Die Geldpolitiker der britischen Zentralbank wollen sich auf keinen Fall nachsagen lassen, den Konservativen Wahlkampfhilfe geleistet zu haben. Deshalb werden sie den Leitzins am 20. Juni unverändert lassen.

Bank of England wartet Wahlen ab

20. Juni

Bank of England wartet ab

Die Geldpolitiker der britischen Zentralbank wollen sich auf keinen Fall nachsagen lassen, den Konservativen Wahlkampfhilfe geleistet zu haben. Deshalb werden sie den Leitzins am 20. Juni unverändert lassen. Eine Zinssenkung ist angesichts der jüngsten Konjunkturdaten auch nicht unmittelbar erforderlich.

Von Andreas Hippin, London

Hätte Premierminister Rishi Sunak für den 4. Juli keine Unterhauswahlen angesetzt, würde die Diskussion im geldpolitischen Komitee der Bank of England sicher härter geführt. So ist klar: Bei der Sitzung am 20. Juni wird der Leitzins bei 5,25% belassen. Denn alles andere würde von der Opposition als Wahlkampfhilfe für die regierenden Konservativen interpretiert.

Tories hoffen auf Zinssenkung

Den Tories käme eine erste Zinssenkung gelegen. Schatzkanzler Jeremy Hunt ließ das wiederholt durchblicken, doch wurde die Zentralbank 1998 von seinem Vorgänger Gordon Brown in die Unabhängigkeit entlassen.

Die Geschäftsbanken würden bei einem Zinsschritt nach unten ihre Hypothekenzinsen anpassen. Viele Eigenheimbesitzer könnten ihre Immobilienkredite günstiger finanzieren. Die Wähler hätten das Gefühl, dass die britische Wirtschaft die Wende vollzogen hat. Die Teuerungsrate nähert sich schrittweise dem Inflationsziel der Notenbank, das bei 2,0% liegt. Die britischen Arbeitnehmer verzeichnen Reallohnzuwächse. Und der Geschäftsklimaindex der Lloyds Banking Group stieg zuletzt auf den höchsten Stand seit 2015.

Arbeitsmarkt kühlt ab

„Der überhitzte Arbeitsmarkt kühlt sich ab, aber nicht so schnell, dass sich die Geldpolitiker mit ihren Zehen ins kalte Wasser wagen würden“, sagt Susannah Streeter, Head of Money & Markets bei Hargreaves Lansdown. Die Zahl der ausgeschriebenen Stellen sei zwar zurückgegangen. Sie bewege sich mit 904.000 aber immer noch über dem vor der Pandemie üblichen Niveau. Firmen versuchten, irgendwie ihre Schichtpläne zu füllen. Das führe zu Lohndruck. In den drei Monaten per Ende April stiegen die regulären Löhne im Schnitt um 6%.

Bei vielen Geldpolitikern löst das Ängste vor einer Lohn-Preis-Spirale aus. Dabei sind die britischen Lohneinkommen über viele Jahre real gesunken. Es ist also bestenfalls ein Aufholeffekt zu beobachten. Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns um ein Zehntel hat nicht zu einem deutlicheren Anstieg des Lohnwachstums geführt. Bis auf das öffentliche Gesundheitswesen NHS, wo die Assistenzärzte in den Krankenhäusern erneut streiken wollen, finden weniger Arbeitskämpfe statt. Das deutet auf geringere Entgelterhöhungen in Zukunft hin.

Verzögerte Wirkung

Die Arbeitslosenquote nähert sich derweil dem Wert, den die Bank of England für neutral hält. Angesichts dessen dürften die geldpolitischen Tauben im Monetary Policy Committee erneut darauf hinweisen, dass bislang erst ein Teil der Auswirkungen der rasanten Zinserhöhungen zu spüren ist, mit denen die Bank of England nach der Pandemie auf den starken Preisauftrieb reagierte.

Im Mai hatte sich mit Dave Ramsden ein stellvertretender Gouverneur der Notenbank der bislang einzigen Taube, Swati Dhingra, angeschlossen und für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte votiert. Vielleicht gibt es dieses Mal mehr Dissidenten in dem neunköpfigen Gremium.

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